Fast bemerkenswert früh - rund eine dreiviertel Woche vor Heiligabend -
kann für 2012 eine der wichtigsten Fragen an Meteorologen im gesamten
Jahr beantwortet werden, die Frage nach der "Weißen Weihnacht". Waren
die Prognosen diesbezüglich in der jüngeren Vergangenheit ob der
vorherrschenden Wettersituationen häufig unsicher und oft erst kurz vor
knapp wirklich belastbar, kann für das bevorstehende Fest im wahrsten
Sinne des Wortes "grünes Licht" gegeben werden. Demnach wird nur im
Nordosten Deutschlands an Heiligabend vielleicht noch etwas nasser,
tauender Schnee liegen - im Rest des Landes muss der weihnachtlichen
Idealvorstellung einmal mehr mit weißen Wattebüscheln oder Schneespray
auf den Tannenzweigen nachgeholfen werden.
Dabei sieht die Ausgangssituation für winterliches Wetter in
Mitteleuropa auf den ersten Blick gar nicht so schlecht aus. Noch immer
liegt quasi ganz Osteuropa und der europäische Teil Russlands im
Bereich eines umfangreichen kontinentalen Kältehochs, dessen Einfluss
im Westen bis nach Südskandinavien und in den äußersten Norden und
Nordosten Deutschlands reicht. Flankiert wird dieses Hoch von mehreren
Tiefdruckgebieten über dem mittleren Nordatlantik sowie im Umfeld des
Schwarzen Meeres. Für West- und Mitteleuropa von Bedeutung ist zunächst
eine Zyklone vor der Südspitze Grönlands, die dort gewissermaßen als
steuerndes Zentrum fungiert. Von ihr ausgehend erstreckt sich -
eingebettet in eine lang gezogene Tiefdruckrinne - ein okkludierendes
Frontensystem nach Südosten. Es hat, zusammen mit einem ausgedehnten
Niederschlagsgebiet, im Tagesverlauf den Südwesten Deutschlands
erreicht, kommt in der Nacht zum Freitag etwa bis zur Landesmitte
nordostwärts voran und nimmt dort die Gestalt einer quasistationären,
diagonal von Nordwest nach Südost exponierten Luftmassengrenze an.
Aufgebaut und verschärft werden die Temperaturgegensätze zum einen
durch eine südöstliche Strömung am Rande des osteuropäischen Hochs, mit
der unvermindert kalte polare Luft in den Nordosten Deutschlands
geführt wird. Zum anderen gelangt auf der Rückseite der Tiefdruckrinne
von Südwesten her milde Meeresluft in den Westen der Bundesrepublik.
Auf der kalten Seite der Luftmassengrenze fällt Schnee, auf der warmen
Seite entsprechend Regen und in einem mehr oder weniger breiten
Übergangsbereich dazwischen besteht die Gefahr gefrierenden Regens. Was
dem ersten Frontensystem nicht zu gelingen vermag, nämlich die kalte
und träge Luft nachhaltig auszuräumen, schafft rund 24 Stunden später
ein Zweites. Innerhalb des atlantischen Systems formiert sich ein
neues, kräftiges Tief, dessen äußerst markant ausgeprägte Warmfront
Deutschland am letzten Adventswochenende ostwärts passiert. Infolge
massiver Warmluftadvektion sind dabei kräftige und länger anhaltende
Regenfälle zu erwarten, welche die Tauwetter- und Hochwassersituation
in den Mittelgebirgen und an manchen Flüssen wieder verschärfen dürften.
Zu Beginn der neuen Woche positioniert sich das Tief bei Schottland. An
der Südflanke des gesamten Komplexes bilden sich mehrere flache Wellen
und Randtiefs aus, die den genauen Wetterablauf noch mit einigen
Unwägbarkeiten versehen. Allerdings deutet sich für Montag die Zufuhr
extrem milder Luft subtropischen Ursprungs in den Süden Deutschlands
an, womit die Aussicht auf neue Temperaturrekorde für die letzte
Dezemberdekade an Heiligabend besteht.
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