Nur eine Woche nach der späten Oktoberwärme verkehrten sich die
atmosphärischen Bedingungen über Mitteleuropa am vergangenen Wochenende
gewissermaßen ins Gegenteil. Passend zum Dreh an der Uhr brachte ein
zwar nicht überraschender, so aber doch ungewöhnlich früher
Wintereinbruch Schnee zum Teil bis ins Flachland und am Montagmorgen
einige Kälterekorde. Flocken außerhalb der Berge gab es in den
Oktobermonaten der zurückliegenden Jahrzehnte zwar schon einige Male,
jedoch nicht in solchen Mengen. Chemnitz beispielsweise meldete am
Sonntagmorgen 15 cm, der Stuttgarter Flughafen 10 cm. In der
Vergangenheit hatte es dort nur in den Jahren 1969 - allerdings am
Monatsanfang - und 1956 Schnee im Oktober gegeben. In München (Station
Stadt) lagen 8 cm, so viel wie noch nie im Oktober seit 1954. Überhaupt
konnte eine geschlossene Schneedecke im Oktober an dieser Station zuvor
nur in 3 Jahren (2003, 1981 und 1956) beobachtet werden. Für
Freudenstadt stellten die dort gemessenen 12 cm dagegen kein
außergewöhnliches Ereignis dar - am 30. Oktober 1974 türmte sich der
Schnee 35 cm hoch.
Eine geschlossene Schneedecke, polare Luft und Hochdruckeinfluss sind
wesentliche Voraussetzungen für kalte Nächte. Am Montagmorgen konnten
an 11 von 119 Stationen deutschlandweit - vorzugsweise im Osten und
Südwesten - neue Rekorde der Tiefsttemperatur für Oktober verzeichnet
werden. Unter anderem unterboten der Flughafen Saarbrücken mit -6,1
Grad und Mannheim mit -5,5 Grad ihre bisherigen Rekorde aus den Jahren
1955 und 1950.
Das kleinräumige Zwischenhoch findet sich am Montagabend noch immer mit
seinem Schwerpunkt über dem Westen Österreichs auf den Wetterkarten; es
erfährt Unterstützung durch einen von Frankreich über den Süden
Deutschland nordostwärts weisenden Hochdruckrücken. Dieser verlagert
sich bis Dienstagfrüh weiter nach Südosten, das Bodenhoch wandert
Richtung nördlicher Balkan. Somit richten sich die Blicke auf das
nächste Tief, das als Randzyklone eines Systems über dem Nordmeer via
Südnorwegen zum Bottnischen Meerbusen zieht. Seine Warmfront ist am
Montagabend im Begriff, Deutschland südostwärts zu überqueren;
großräumige Hebungsvorgänge durch Warmluftadvektion konzentrieren sich
jedoch auf den Bereich des Warmsektors, wo gebietsweise Niederschläge
fallen. Richtung Süden und Osten handelt es sich dabei zunächst noch um
Schnee, mit der herangeführten milderen Luft geht dieser aber bald bis
über die Gipfellagen der Mittelgebirge hinaus in Regen über. Derweil
greift die nachfolgende Kaltfront, unmittelbar einem kurzwelligen
Höhentrog vorgelagert, von Nordwesten her auf das Bundesgebiet über. Im
Zusammenspiel mit dem noch warmen Nordseewasser sind in ihrem Umfeld
kräftige schauerartige Regenfälle und einzelne Blitze zu beobachten.
Der Trog schwenkt bis Dienstagabend über den Norden und die Mitte
Deutschland ostwärts, die Kaltfront legt sich quer über die Landesmitte
und verharrt in dieser Lage für einige Stunden. Dabei fällt besonders
im westlichen Mittelgebirgsraum Regen, zumal dort eine Welle
zusätzliche Hebungsimpulse liefert. Zum Mittwoch verschiebt sich das
nordeuropäische Tiefdrucksystem Richtung Britische Inseln. Auf seiner
Vorderseite kommt über West- und Mitteleuropa eine südwestliche
Strömung in Gang, mit der deutlich mildere Luft nordostwärts
verfrachtet wird. Ein kleines, aber voraussichtlich erneut sehr
wetteraktives Tief, das sich über dem nordwestlichen Mittelmeer bildet,
begünstigt diesen Warmlufttransport noch. Ohne ausreichend Wind und
damit Durchmischung allerdings - nichts Neues im Herbst und Winter -
schöpfen die Temperaturen in den Niederungen nach einer gebietsweise
frostigen Nacht das Potenzial der Luftmasse nicht vollständig aus.
Für die nötige Durchmischung sorgt schließlich eine Kaltfront, die
Deutschland am Donnerstag von Westen her passiert. Zum Ende der Woche
und auch am Wochenende bleibt das umfangreiche nordatlantische
Tiefdrucksystem für Mitteleuropa wetterbestimmend. Kleinräumige, aber
kräftige Randtiefs, die an seiner Süd- und Ostflanke nordostwärts
ziehen, bergen dabei eine latente Sturmgefahr.
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