Eine außergewöhnliche, extreme Wetterlage bescherte West- und
Mitteleuropa in den vergangenen Tagen mehr als nur das sprichwörtliche
"goldene" Oktoberwetter. Viel Sonnenschein, vor allem aber die zum Teil
spätsommerlich anmutende Wärme ließen einen eher an Mitte September
denken und blendeten die tatsächliche Jahreszeit vorübergehend aus. So
wurden denn auch eine ganze Reihe neuer Dekaden- und - für Mitte
Oktober äußerst bemerkenswert - an 5 von 118 Stationen sogar
Monatsrekorde der Höchsttemperatur aufgestellt. Gerade mitten im
Frühling und im Herbst, wenn Sonnenstand und Temperaturen von Tag zu
Tag recht schnell steigen beziehungsweise sinken, sind Rekorde für
einen gesamten Monat entgegen dem jahresgangbedingten Trend an dessen
Ende normalerweise besonders schwer zu realisieren. In den vergangenen
Tagen stellten der Große Arber, der Feldberg im Schwarzwald,
Oberstdorf, der Hohenpeißenberg und Zinnwald neue Oktoberrekorde auf.
Der Feldberg übertraf seinen bisherigen Rekord vom 10. Oktober 1979
dabei gleich um 1 Kelvin. Die insgesamt höchsten Werte im Messnetz des
Deutschen Wetterdienstes meldeten am Freitag Quedlinburg in
Sachsen-Anhalt und das oberbayerische Bad Kohlgrub mit jeweils +28,1
Grad.
Am Freitag und Samstag wurden die Rekorde vor allem im Osten
Deutschlands verzeichnet, am Sonntag lag der Schwerpunkt der Wärme im
Westen. Dabei handelte es sich streng genommen um einen zweiten Vorstoß
subtropischer Luft auf der Vorderseite eines von Südfrankreich zur
Bretagne ziehenden Tiefdruckgebietes. Dieses hatte sich im Bereich
eines Höhentiefs gebildet, das am Wochenende im Norden Spaniens und im
Süden Frankreichs für gebietsweise heftige Regenfälle und
Überschwemmungen verantwortlich zeichnete. Am Flughafen von Saragossa
fielen allein zwischen Samstag- und Sonntagfrüh 98 mm - das ist etwa
ein Drittel der Menge, die dort normalerweise während eines gesamten
Jahres erwartet werden kann. Während sich das Bodentief allmählich
auflöst, verlagert sich sein Pendant in der Höhe etwas nach Osten zu
den Balearen und schließt sich mit einem umfangreichen Höhentrog über
Südosteuropa zu einer zonal über den Mittelmeerraum ausgerichteten
Rinne tiefen Geopotenzials zusammen. Für Mitteleuropa bleibt dagegen
ein ausgeprägter Hochdruckrücken und ein zu diesem korrespondierendes
Bodenhoch mit Schwerpunkt über Südskandinavien wetterbestimmend. An
dessen Südflanke gelangte am Sonntag und Montag in den unteren
Schichten bereits etwas kühlere Luft nach Ostdeutschland, so dass Nebel
und Hochnebel häufiger wurden. In vielen dieser Regionen löste er sich
am Montag tagsüber gar nicht mehr auf. Infolge des Zusammenschlusses
des tiefen Geopotenzials über dem Mittelmeer geht aus dem
Hochdruckrücken über Mitteleuropa ein abgeschlossenes Höhenhoch hervor,
das seine Position am Dienstag zunächst nur wenig ändert. Dagegen setzt
in Bodennähe in Skandinavien von Norden her Druckfall ein und das Hoch
zieht sich gen Island/Grönland zurück. Der Druckfall geht auf ein
kleinräumiges, über den Norden Norwegens und Schwedens ziehendes
Sturmtief zurück, das sich im Bereich der dort verlaufenden Frontalzone
entwickelt. Auf seiner Rückseite dringt aus dem arktischen Raum sehr
kalte Luft auf direktem Wege nach Süden vor. Sie erreicht bis
Mittwochabend den Süden Norwegens und 24 Stunden später den Norden
Deutschlands. Infolge einer günstigen Strömungskonfiguration
verschärfen sich die Temperaturgegensätze an der Front im weiteren
Verlauf zusehends. Die Vordergrenze der arktischen Kaltluft holt dabei
am Donnerstagabend eine vorlaufende, über der Mitte der Bundesrepublik
liegende Kaltfront ein. Bis Freitagmittag stößt die arktische Kaltluft
dann bis zu den Alpen vor. Fehlende dynamische Hebungsantriebe sowie
die massive Kaltluftadvektion beschränken die Wetteraktivität der Front
- abgesehen von einem markanten Temperaturrückgang - zunächst auf ein
Minimum. Erst im Laufe des Freitags wird die an der natürlichen
Barriere der Alpen verweilende Luftmassengrenze durch einen sich von
Nordwesten nähernden Höhentrog aktiviert, so dass inneralpin bis in die
Tallagen und auch im Alpenvorland der erste Schnee in Aussicht steht.
Rascher Druckanstieg im Bereich der Kaltluft führt zum Samstag in
weiten Teilen Deutschlands zu einer Beruhigung der Lage. In der Nacht
ist verbreitet leichter bis mäßiger, über frischem Schnee im Süden
örtlich vielleicht sogar schon strenger Frost zu erwarten. Im Norden
gehen bei sehr kalter Luft in der Höhe Graupel- und Schneeschauer
nieder.
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