Wenn auch nicht unmittelbar spürbar, so stellt sich zum Ende dieser
Woche über dem europäischen Raum eine für die Jahreszeit
außergewöhnliche Wetterlage ein. Dabei wird Warmluft subtropischen
Ursprungs aus dem Norden Afrikas über Südwesteuropa und das westliche
Mittelmeer weit nach Norden transportiert und lässt zumindest dort, wo
Nebel und Hochnebel sich einigermaßen zeitig auflösen, das vielzitierte
Gold des Oktobers glänzen. Besonders deutlich tritt die Wärme oberhalb
der durch die Erdoberfläche beeinflussten Grundschicht zu Tage; in etwa
1.500 Metern Höhe werden am Freitag in einem Gebiet über dem Osten
Deutschlands, Tschechien und dem Südwesten Polens Temperaturen von
knapp +20 Grad und damit etwa 15 Kelvin höhere Werte erwartet als im
Mittel zu dieser Zeit.
Erste warme Eindrücke konnten am Donnerstag bereits vor allem die
südlichen Regionen Deutschlands sowie - dem Föhn sei Dank - die
prädestinierten Lagen im nördlichen Alpenraum gewinnen. Mit einer
Höchsttemperatur von +24,6 Grad setzte sich das oberbayerische Bad
Kohlgrub an die Spitze der Rangliste im Messnetz des Deutschen
Wetterdienstes, einen Sommertag erlebten Vaduz in Liechtenstein mit
+25,4 Grad und Feldkirch in Vorarlberg mit +25,2 Grad. Um einen
Warmluftvorstoß dieses Ausmaßes Mitte Oktober zu ermöglichen, braucht
es eine weit im Süden ansetzende südliche Strömung, wie sie nur auf der
Vorderseite sehr langer Wellen in der mittleren und oberen Troposphäre
gegeben ist. Ein solcher Langwellentrog reicht am Donnerstagabend quasi
von Spitzbergen über den kompletten östlichen Nordatlantik bis zu den
Kanaren; ihm gegenüber steht ein von Algerien und Tunesien über das
zentrale Mittelmeer nach Osteuropa weisender Hochdruckrücken. Zwischen
den beiden Gebilden hat sich eine kräftige, vom Norden Afrikas über
West- und Mitteleuropa sowie den Süden Skandinaviens hinweg bis weit in
den Norden Russlands reichende südwestliche Höhenströmung etabliert.
Die wärmste Luft wird in den Rücken hinein advehiert und wölbt diesen
am Freitag und Samstag noch etwas weiter auf. Im Bodendruckfeld
korrespondieren zu Rücken und Trog - wenig verwunderlich bei Gebilden
dieser Größenordnung - ein umfangreiches Hoch, das weite Teile Südost-
und Osteuropas überdeckt und keinen eindeutigen Schwerpunkt besitzt,
sowie eine von der Mitte Skandinaviens über die Britischen Inseln bis
nach Marokko reichende Tiefdruckzone. Den Übergangsbereich zur kühleren
Atlantikluft markiert eine Luftmassengrenze, die sich etwa entlang der
Trogvorderseite diagonal über West- und Südwesteuropa auf den
Nordatlantik hinaus erstreckt. Sie dringt allenfalls am Samstag im
Nordwesten in deutsches Gebiet ein und sorgt vereinzelt für etwas
Regen. Sonst dominieren hierzulande der Einfluss des osteuropäischen
Hochs und die damit verbundenen, für Mitte Oktober charakteristischen
Wettererscheinungen. In den Alpen bleibt zunächst der Föhn wirksam; am
Alpennordrand sowie an den Nordrändern der Mittelgebirge, teilweise
aber auch am Rhein sind am Freitag Höchsttemperaturen von örtlich +25
Grad möglich. Gänzlich anders stellt sich die Situation auf der
Iberischen Halbinsel dar, wo unmittelbar auf der Vorderseite des
Höhentroges dessen großräumigen Hebungsprozesse zum Tragen kommen und
bereits am Freitag kräftige Niederschläge hervorrufen. Im Laufe des
Samstags schnürt sich der südliche Teil des Langwellentroges ab und
wandert am Sonntag als Höhentief über Spanien hinweg nordwärts. Auch
dabei sind noch einmal intensive Regenfälle zu erwarten, so dass sich
insbesondere in den nördlichen Landesteilen bis Sonntagabend zwischen
100 und 150 mm summieren können. Auf der Vorderseite des Troges
beziehungsweise des späteren Höhentiefs wird am Boden eine
Tiefdruckentwicklung in Gang gesetzt, die entsprechende Zyklone zieht
bis Sonntagabend zur Bretagne. Sie induziert zwar einen neuerlichen,
nach Mitteleuropa gerichteten Warmluftvorstoß; in Bodennähe jedoch
dreht die Strömung zwischen ihr und einem sich über Südskandinavien
positionierenden Hoch auf nordöstliche bis östliche Richtungen. Somit
werden am Sonntag insgesamt nicht mehr ganz so hohe Temperaturen
erreicht wie an den Tagen zuvor.
Dem insgesamt ruhigen Witterungscharakter tut dies aber auch zu Beginn
der neuen Woche keinen Abbruch. Allerdings nimmt bei einer in allen
Höhenschichten zunehmend schwächer werdenden Strömung die
Wahrscheinlichkeit für Nebel und Hochnebel allgemein zu.
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