Bei der Winteraustreibung handelt es sich um einen alten Volksbrauch,
bei dem im Februar oder März - häufig mit Feuern, Tanz und viel
Geschrei - die kalte und dunkle Jahreszeit symbolisch "verjagt" wird.
Im späten Sommer fehlt ein solches Fest; zumindest in diesem Jahr
allerdings scheint das Wetter höchstselbst für eine solche Zeremonie zu
sorgen, denn die sonnige und sehr warme Witterungsphase neigt sich
einem abrupten Ende entgegen. Die Differenz der Höchsttemperaturen am
Dienstag und Mittwoch wird mancherorts mehr als 15 Kelvin betragen.
Maxima von mehr als +30 Grad wurden am Sonntag vor allem entlang des
Rheins, am Montag insbesondere an der Elbe gemessen. Die warme Luft
subtropischen Ursprungs gelangte zwischen einem kräftigen
Tiefdruckgebiet mit Zentrum unwesentlich östlich von Island und einem
Hoch über Südosteuropa unter anderem nach Spanien, Frankreich und
Deutschland. In der mittleren und oberen Troposphäre findet sich am
Montagabend eine schwache westliche Strömung, in der eingelagert ein
wenig markanter Kurzwellentrog den Osten Deutschlands in diesen Stunden
überquert. Die durch ihn ausgelösten Hebungsvorgänge dürften in
gewisser Weise zur Entstehung einzelner kräftiger Schauer und Gewitter
am Nachmittag im östlichen Baden-Württemberg und in Teilen Bayerns
beigetragen haben. Insgesamt ist die großräumige Konfiguration in
Umstellung begriffen. Der zu dem Tief bei Island gehörende, recht
imposante Langwellentrog greift über West- und Mitteleuropa nach Süden
aus; der noch am Wochenende bestimmende Hochdruckrücken wird Stück für
Stück weiter nach Osten abgedrängt. Auf der Vorderseite des Troges
liegt die lang gestreckte Kaltfront des Tiefs, die am frühen
Dienstagnachmittag den Nordwesten Deutschlands erreicht und das
Bundesgebiet binnen etwa 24 Stunden nach Südosten passiert. In ihrem
Vorfeld bildet sich voraussichtlich eine Konvergenzlinie aus, an der
von Nordwest nach Südost voranschreitend örtlich kräftige Gewitter zu
erwarten sind. Im Umfeld der Front selbst fällt dann schauerartig
verstärkter Regen. Sie zeichnet sich darüber hinaus durch einen
markanten Temperaturkontrast aus; die subtropische Warmluft wird
unmittelbar durch polare Meereskaltluft ersetzt. Entsprechend deutlich
gehen die Temperaturen zum Mittwoch hin zurück. Am Mittwoch überdeckt
der Trog ganz Nord- und Mitteleuropa und reicht im Süden bis nach
Algerien und Tunesien. Die massive Kaltluftadvektion sorgt postfrontal
für ein vorübergehendes Auflockern der Bewölkung, im Bereich der
Höhenkaltluft des Troges entwickeln sich aber bald neue Schauer und
örtlich auch Gewitter. Im Lee der Alpen bildet sich am Golf von Genua
ein für solche Lagen typisches Randtief aus.
Am Donnerstag tropft der Höhentrog in seinem Südteil über dem
westlichen Mittelmeer ab, der kurzwellige Rest im Norden wird rasch
nach Osten abgeführt. Er macht einem Rücken Platz, der zwar
vorübergehend das durch die Kaltluftadvektion entstandene Bodenhoch
stützt, jedoch von Warmluftadvektion stromab einer über die Britischen
Inseln hinwegziehenden Frontalwelle überlaufen wird. Dabei handelt es
sich um eine Welle an der Warmfront eines neuen kräftigen, sich vor die
schottische Küste verlagernden Tiefs. Sie gestaltet das Geschehen vor
allem im Nordwesten Deutschlands weiterhin unbeständig. Einer weiteren
Frontpassage am Freitag folgend setzt sich zum Wochenende dann wieder
vermehrt Hochdruckeinfluss durch.
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