Trotz eines verschärften und zeitlich ausgedehnten Auftretens der
"Eisheiligen" um die Monatsmitte verlief der Mai 2012 in Deutschland
insgesamt sonnig, trocken und warm. Unter dem Strich der endgültigen
Auswertung wird ein Temperaturplus von etwa 2 Kelvin stehen, verglichen
mit dem klimatologischen Mittel der Jahre 1961 bis 1990. Einen großen
Teil dazu bei trug das letzte Monatsdrittel, in dem häufig
frühsommerliche Höchstwerte gemessen werden konnten. Zum Monatswechsel
- und damit zum Sommeranfang nach meteorologischer Definition - stellt
sich nun für ein paar Tage jedoch unbeständiges und vor allem kühleres
Wetter ein, in den Nächten kann hier und da Bodenfrost auftreten. Dabei
fällt die Abkühlung im Nordosten deutlich prägnanter aus als im
Südwesten.
Dort, im Nordosten Deutschlands, ist die kühlere Luft bereits am
Dienstag angekommen; in ihr wurden nur noch Höchsttemperaturen um +15
Grad erreicht. Im Süden, vor allem im Südwesten, hält sich dagegen zäh
eine warme und inzwischen recht feuchte Luftmasse, in der mit Hilfe der
solaren Einstrahlung und Unterstützung von dynamischen Hebungsantrieben
vor allem am Mittwoch zum Teil kräftige Gewitter ausgelöst wurden. Die
Trennlinie zwischen den beiden unterschiedlichen Luftmassen markiert
eine Luftmassengrenze, die sich quasistationär von Nordwest nach Südost
ziemlich genau über die Mitte Deutschlands hinweg erstreckt. In der
oberen Troposphäre steht einem mächtigen Höhentrog über Nordeuropa
hohes Geopotenzial gegenüber, das von der Iberischen Halbinsel in Form
eines schmalen Hochdruckrückens bis nach Grönland reicht. Dazwischen
hat sich von Island bis nach Osteuropa eine recht lebhafte
nordwestliche Strömung etabliert, in der kurzwellige Strukturen
ablaufen und abwechselnd Antriebe für Hebung und Absinken liefern. Am
Donnerstagabend zieht dabei ein recht markanter Kurzwellentrog über den
Norden und die Mitte Deutschlands hinweg; bereits in seinem Vorfeld
wurde Warmluftadvektion wirksam und stand bei der Entwicklung eines
ausgeprägten Regengebietes im Umfeld der Luftmassengrenze Pate. An
dieser hatte sich am Morgen eine Welle gebildet, die am Mittag nach
Polen abgewandert ist. Ihr folgt, unmittelbar vorderseitig des
Kurzwellentroges gelegen, eine zweite, ungleich kräftigere Welle nach,
die sich über dem Nordosten zu einem kleinen Tief intensiviert. Es
handelt sich um ein Randtief einer ganz Skandinavien überdeckenden
Tiefdruckzone mit mehren eingelagerten Zentren, eines davon über
Südschweden. Auf der Rückseite des nach Osten abziehenden Systems stößt
am Freitag ein neuer Schwall polarer Kaltluft bis zur Mitte des Landes
vor; der Südwesten bleibt erneut ausgespart, da entsprechend der
allgemein nordwestlichen Höhenströmung der Kaltluftvorstoß nach
Südosten - und eben nicht nach Südwesten - gerichtet ist. Im Laufe des
Wochenendes spaltet sich der nordische Höhentrog in zwei Anteile auf,
ein Zentrum legt sich über die Ostsee. Unter seiner Regie entwickelt
sich das ursprüngliche Randtief zu einer kräftigen Zyklone mit einem
Kerndruck von unter 990 hPa, die eine Drehbewegung um den Schwerpunkt
des Systems über das Baltikum, die nördliche Ostsee und Finnland zurück
nach Schweden vollführt. Auf der Rückseite des Tiefs bleibt die
Kaltluftzufuhr in den Norden Deutschlands bestehen, gleichzeitig dreht
die Höhenströmung vor einem neuen, sich Westeuropa nähernden Trog auf
Südwest zurück. Damit verschärfen sich die Temperaturgegensätze im
Bereich der Luftmassengrenze noch, an der am Sonntag eine Welle nach
Osten abläuft. Sie weist Merkmale einer Warmfrontwelle auf und besitzt
aufgrund ihrer Lage auf der Vorderseite des dem Höhentrog vorgelagerten
Rückens kaum Entwicklungspotenzial. Dennoch gehen mit ihr,
hauptsächlich der frontogenetischen Situation und Warmluftadvektion
geschuldet, in der Südhälfte der Bundesrepublik teilweise ergiebige
Regenfälle nieder. Diese können in der dort für kurze Zeit
einfließenden feuchtwarmen Luft auch mit Gewittern durchsetzt sein.
Auf der Rückseite der Welle und mit Passage des Troges dringt die kalte
Luft zu Beginn der neuen Woche voraussichtlich für ein oder zwei Tage
dann doch bis zu den Alpen vor. Sie gerät im weiteren Verlauf unter den
Einfluss eines von Westen nachrückenden Hochs. Richtung Wochenmitte und
Feiertag deutet sich eine neuerliche Erwärmung an.
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