Schneebedeckte Hänge, weiße Bäume, orangefarbene Streufahrzeuge -
Dezember 2011? Nein, Mai 2012! Die Jahreszeit und die in Teilen bereits
heiße Vorwitterung im Hinterkopf, muteten die Bilder aus den höheren
Lagen der Mittelgebirge am Mittwoch doch etwas skurril an. In
Baiersbronn im Schwarzwald wurde am Morgen eine Schneehöhe von 17 cm
gemessen, gebietsweise präsentierte sich die Landschaft bis in Lagen um
500 Meter herab weiß verschneit. Und auch am Donnerstag lag in vielen
höheren Regionen noch eine geschlossene Schneedecke. Deutlich milder
als erwartet verlief jedoch, trotz meist klaren Himmels, die
dazwischenliegende Nacht; die tiefste Temperatur im Messnetz des
Deutschen Wetterdienstes verzeichnete - von Berggipfeln abgesehen -
Merklingen auf der Schwäbischen Alb mit nur -2,7 Grad. Im belgischen
Elsenborn unweit der deutschen Grenze wurden -4,4 Grad gemessen.
Die sehr kühlen Stunden hatte ein polarer Kaltluftvorstoß zu
verantworten, wobei die Kaltluft auf der Rückseite zweier
Tiefdruckgebiete vor der Westküste Norwegens und über Dänemark auf
direktem und schnellstmöglichem Wege aus dem Polargebiet nach
Mitteleuropa gelangen konnte. Einher ging der Vorstoß der hoch reichend
kalten Luft mit der Ausweitung eines mächtigen Höhentroges, dessen
Relikte in Form eines abgeschlossenen Höhentiefs am Donnerstagabend
über dem griechischen Raum zu finden sind. Mitteleuropa dagegen liegt
unter dem Einfluss eines mäßig ausgeprägten Hochdruckrückens, der sich
im Laufe des Freitags unter Abschwächung ostwärts verlagert und einer
südwestlichen Höhenströmung Platz macht. Diese kommt auf der
Vorderseite eines ostatlantischen Troges in Gang, der zwar peu à peu
nach Süden an Raum gewinnt, jedoch kaum nach Osten vorankommt. Zu ihm
korrespondiert am Boden ein Tief mit Zentrum über der Bretagne, das
unter allmählicher Abschwächung Richtung Cornwall zieht. Auf der
Vorderseite von Tief und Trog greift massive Warmluftadvektion von
Westen her auf große Teile Deutschlands über, die dadurch initiierten
Hebungsprozesse haben bereits ausgedehnte Wolken- und auch
Niederschlagsfelder entstehen lassen. Mit der Warmfront des Tiefs
gelangt ursprünglich subtropische Warmluft nach Mitteleuropa, welche
die gealterte Polarluft ersetzt. Sie ist vertikal schwach bis moderat
labil geschichtet, so dass im Tagesverlauf mit Hilfe der Einstrahlung
zum einen und mit der Annäherung der nachfolgenden Kaltfront von Westen
her zum anderen einige Schauer und Gewitter ausgelöst werden können.
Zum Samstag weitet sich der Höhentrog im Westen noch weiter nach Süden
aus; schließlich schnürt sich über den Britischen Inseln ein
eigenständiges Höhentief ab und wandert Richtung Iberische Halbinsel.
Auf seiner Vorderseite etabliert sich die südwestliche, im Verlauf
zunehmend südliche Höhenströmung über Mitteleuropa, und entsprechend
wird auch erwähnte Kaltfront an einer raschen Querung der
Bundesrepublik nach Osten hin gehindert. Vielmehr verkomplizieren sich
die Dinge dadurch, dass unter der stark diffluenten Vorderseite des
Höhentiefs der Luftdruck am Boden über dem westlichen Mittelmeer und
Südfrankreich weiter fällt und sich aus dieser flachen Tiefdruckzone
weitere Teiltiefs entwickeln. Östlich davon wird im Laufe des
Wochenendes über das zentrale Mittelmeer und die Alpen hinweg noch
wärmere und feuchtere Luft herantransportiert, die besonders in der
Nähe des tiefen Luftdrucks am Boden über dem Westen Deutschlands die
Bildung von teilweise kräftigen Schauern und Gewittern begünstigt.
Zu Beginn der neuen Woche zieht das Höhentief relativ zügig über den
Löwengolf und Norditalien hinweg zur nördlichen Adria. Aus der
bodennahen Tiefdruckzone geht ein sich im Verlauf intensivierendes Tief
hervor, das einen nördlichen Kurs einschlägt und sich bis zur
Wochenmitte von Süd nach Nord über Deutschland hinweg bewegt. In seinem
Umfeld muss - vor allem Richtung Norden und Osten - wiederholt mit
kräftigen Schauern und Gewittern gerechnet werden, nach Süden und
Westen hin fällt auch länger anhaltend Regen.
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