Nahezu vollständig ausgereizt wurde in den vergangenen Tagen in den
zentralen Teilen Europas jener Bereich der Temperaturskala, in dem sich
das Quecksilber zu dieser Jahreszeit für gewöhnlich aufzuhalten vermag.
Höchstwerte bis +32,8 Grad im unterfränkischen Kitzingen und neun
Rekorde für die zweite Maidekade am vergangenen Freitag standen -
Berggipfel ausgeklammert - Tiefstwerte bis -2,9 Grad in Merklingen auf
der Schwäbischen Alb am Montagmorgen gegenüber. An 7 von 119 Stationen
genügten die am Sonn- und Montag gemessenen Minima dekadischen
Rekordansprüchen. Mit "Sophie" endet am Dienstag die Zeit der
"Eisheiligen"; doch dieses Jahr mögen es auch "Honorius" und
"Johannes", derer am Mittwoch gedacht wird, noch ziemlich frisch. Und
auch im weiteren Wochenverlauf bis einschließlich Freitag tritt immer
wieder Nachtfrost auf.
Der am Freitag und Samstag mit hoch reichend kalter Luft nach
Mitteleuropa vorgedrungene Höhentrog liegt am Montagabend als
abgeschlossenes Höhentief über der mittleren Adria; ihm folgt in der
nordwestlichen Grundströmung ein vormals breiter, nun aber nur mehr
schmal ausgeprägter Hochdruckrücken nach. Er reicht vom westlichen
Mittelmeerraum über den Süden Deutschlands bis zum Baltikum, wird aber
zum Dienstag weiter nach Südosten abgedrängt und abgebaut. Entsprechend
verliert auch das korrespondierende Bodenhoch, das seinen Schwerpunkt
in den Nordwesten Russlands verlagert, den Einfluss auf das
Wettergeschehen in West- und Mitteleuropa. Für den Geopotenzialabbau in
höheren Schichten zeichnet ein ausgeprägter Höhentrog verantwortlich,
dessen markante Südspitze nach Südosten vordringt. Am Boden findet sich
zugehörig ein Sturmtief vor der norwegischen Küste, an dessen südlicher
Flanke auf der Vorderseite des sich annähernden Troges über der Nordsee
ein Teiltief entsteht. Es zieht bis Mittwoch nur wenig weiter in den
Süden Norwegens und verharrt dort bis auf Weiteres. Seine Kaltfront
überquert Deutschland im Laufe des Dienstags von Nordwest nach Südost,
dahinter stößt für die Jahreszeit äußerst kalte Luft nach Mitteleuropa
vor. In etwa 5,5 Kilometern Höhe werden über dem Südwesten Deutschlands
um -35 Grad erwartet, in circa 1.500 Metern Höhe etwas weiter nördlich
immerhin noch um -5 Grad. Solche Werte findet man in diesen Breiten
typischerweise im Herbst oder im Spätwinter vor, und entsprechend gehen
die am Mittwoch verbreitet auftretenden Schauern in den Hochlagen der
Mittelgebirge als Schnee nieder. Besonders kalt verläuft die
anschließende Nacht zum Donnerstag in den Gebieten, wo die
Schauertätigkeit rasch zum Erliegen kommt und der Himmel aufklart. Dies
dürfte unter raschem Druckanstieg in einem Streifen von den Britischen
Inseln über Ostfrankreich bis nach Süddeutschland der Fall sein, wo
dann gebietsweise sogar mäßiger Frost möglich ist.
In der zweiten Wochenhälfte wird der Trog und mit ihm die hoch reichend
kalte Luft nach Osten abgedrängt. Ihn ersetzt zunächst ein von Westen
nahender Rücken, der sich am Freitag - zusammen mit einem
vergleichsweise schwach ausgeprägten Bodenhoch - über Deutschland
positioniert. Derweil dreht die Strömung vor einem neuen, mächtigen
Trog über dem Ostatlantik über den westlichen Teilen Europas auf
Südwest. Mit ihr wird deutlich wärmere, zugleich aber auch feuchte Luft
herangeführt. Im Bereich einer sich ausbildenden flachen Tiefdruckzone
muss dann wieder häufiger mit Schauern und Gewittern gerechnet werden.
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