Ein nahezu perfektes Timing erwischen in diesem Jahr die "Eisheiligen",
jene Lostage also, die in Mitteleuropa Mitte Mai für einen letzten
schärferen Kälterückfall stehen und nochmals mit meist zwar nur
leichtem, dafür aber verbreitetem Nachtfrost aufwarten. Den Anfang
macht der Regel nach "Mamertus" am 11., den Abschluss bildet die "kalte
Sophie" vier Tage später. Aus dem Quintett jedoch wird über das
Wochenende ein Trio, und eine Abkühlung bis in Gefrierpunktnähe oder
etwas darunter steht für viele Gebiete nur in den Nächten zum Sonntag
und Montag in Aussicht.
Der Temperaturrückgang an sich allerdings fällt spürbar markant aus,
nachdem am Donnerstag verbreitet sommerliche Höchstwerte erreicht
wurden und am Freitag in der Südosthälfte Deutschlands auch nochmals
werden. So befinden sich West- und Mitteleuropa zunächst noch im
Bereich einer sowohl am Boden als auch in den höheren Schichten der
Troposphäre vorherrschenden Südwestströmung, mit der sehr warme Luft
subtropischen Ursprungs herangeführt wird. In der Höhe hat sich dabei
ein vom Nordmeer über den nördlichen bis zum mittleren Nordatlantik
reichendes Trogsystem etabliert, dem ein von Nordafrika über das
südliche Mitteleuropa bis zum Baltikum weisender Hochdruckrücken
gegenübersteht. Im Bodendruckfeld findet sich, im großräumigen Sinne
betrachtet, eine von Spitzbergen über Skandinavien und die Britischen
Inseln bis zu den Azoren verlaufende Tiefdruckrinne. Diese beinhaltet
mehrere Tiefzentren, das ausgeprägteste zieht in der Nacht zum Freitag
über die Nordsee hinweg nach Südnorwegen. Ihm zu eigen ist eine mehrere
hundert Kilometer lange, auf der Vorderseite des Höhentrogsystems
angesiedelte Luftmassengrenze, die auf der Rückseite des sich
nordostwärts verlagernden Tiefs über West- und Mitteleuropa am Freitag
als Kaltfront beschleunigt nach Südosten vorankommt. Geringfügig
verzögert könnte die Passage durch eine an ihr über den Norden
Deutschlands ablaufende flache Welle werden. Präfrontal können in der
Warmluft im Süden zum Teil kräftige Gewitter mit Hagel, Starkregen und
Sturmböen entstehen. Diese sind auch im Umfeld der voranschreitenden
Kaltfront möglich, die jedoch hinsichtlich überlagerter dynamischer
Hebungsprozesse nur wenig Unterstützung von einem auf der Vorderseite
des Trogsystems über die Nordsee hinweg schwenkenden Randtrog erfährt.
Zudem wird sie im weiteren Verlauf von Kaltluftadvektion überlaufen,
was ebenfalls gegen eine überregionale Unwettersituation spricht.
Einzig der sich nicht zuletzt durch die tagesgangbedingte Erwärmung
verschärfende Temperaturkontrast im Umfeld der Front und die sich
daraus ergebenden Hebungsvorgänge lassen kräftige schauerartige und
auch gewittrige Regenfälle erwarten. Erst zum Abend weitet sich der
mittlere Trogteil allmählich nach Südosten aus, während der
südwestliche Part als eigenständiges Höhentief im Bereich der Azoren
zurückbleibt. Durch die deutliche vertikale Scherung mit einer nach wie
vor südwestlichen Höhenströmung auf der Vorderseite des sich nähernden
Troges und einer kräftigen nordwestlichen Strömung in den unteren
Niveaus nimmt die Front über dem Süden Deutschlands Anacharakter an,
gleichbedeutend mit der Entwicklung eines Regengebietes auf ihrer
Rückseite.
Im Laufe des Samstags schwenkt der Höhentrog über Mitteleuropa hinweg
ostwärts, die einfließende polare Kaltluft gelangt unter den Einfluss
eines sich bei den Britischen Inseln positionierenden Hochs. Ein dem
Höhentrog nachfolgender Rücken sorgt für großräumiges Absinken und
weiteren Druckanstieg zum Sonntag. Dadurch stellen sich ruhige
Bedingungen ein, die in den Nächten ein rasches Auskühlen der Luft und
die niedrigen Tiefsttemperaturen in den Nächten zum Sonntag und Montag
ermöglichen. Zu Beginn der neuen Woche macht sich ein neues
nordeuropäisches Tief bemerkbar.
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