Die ersten schweren Gewitter - Marke "Unwetter" - der warmen Jahreszeit
gingen am Mittwoch über der nördlichen Mitte Deutschlands nieder. In
einem von West nach Ost breiter werdenden Streifen vom Norden
Nordrhein-Westfalens über den Süden Niedersachsens bis nach
Sachsen-Anhalt und Thüringen kamen örtlich Niederschlagsmengen bis 45
mm innerhalb von zwölf Stunden, wie bei konvektiven Niederschlägen
üblich effektiv meist aber in einem wesentlich kleineren Zeitintervall
zusammen. Im hessischen Marburg fiel golfballgroßer Hagel. Für das
Wochenende stehen weitere, teilweise von Gewittern begleitete
Regenfälle in Aussicht, unwetterartigen Charakter nehmen diese dann
jedoch kaum mehr an.
In gewisser Weise waren die Gewitter eine "Spätfolge" der
vorangegangenen heißen Tage; sie entwickelten sich in der zwar
gealterten, aber noch immer energiereichen Warmluftmasse, die Mittel-
und Osteuropa das vergangene hitzige Aprilwochenende beschert hatte.
Auch am Donnerstagabend finden sich noch Reste dieser Luftmasse als
warme, sich über Osteuropa nach Norden und dann über den norddeutschen
Raum nach Nordwesten erstreckende "Zunge", die im Bodendruckfeld durch
eine flache Tiefdruckrinne markiert wird. In deren Bereich entstanden
am Nachmittag nochmals einige Schauer und Gewitter, deren Intensitäten
jedoch an die ihrer Vorgänger vom Mittwoch nicht mehr heranreichten. In
der Nacht zum Freitag wird die Tiefdruckrinne, und mit ihr die warme
Luft, nach Nordosten Richtung Ostsee abgedrängt. In die dahinter,
bereits über dem Westen und Südwesten lagernde kühlere Meeresluft stößt
von Süden her ein schwacher Zwischenhochkeil vor und sorgt insgesamt
für ruhige Bedingungen. Derweil dringt aus dem Nordmeer hoch reichende
Kaltluft nach Süden vor, was sich der Ausweitung eines Höhentroges vor
der westnorwegischen Küste als zuträglich erweist. Die auf seiner
Vorderseite wirksam werdenden Hebungsvorgänge greifen dabei auf die
Tiefdruckrinne am Boden über, aus der in der Folge ein neues und sich
im weiteren Verlauf kräftig entwickelndes Tief über dem Süden Schwedens
hervorgeht. Die Kaltfront dieses Tiefs erreicht am Nachmittag die
Nordseeküste. Für den Süden hingegen kommt ein alter Bekannter ins
Spiel, nämlich das ostatlantische Höhentief, das vor ziemlich genau
einer Woche den massiven Warmluftvorstoß nach Zentral- und Osteuropa
initiiert hatte. Auf seiner Vorderseite bewirkt schwache
Warmluftadvektion zunächst die Aufwölbung eines flachen
Hochdruckrückens, zum Tagesende jedoch setzt in Bodennähe Druckfall
ein. Dabei etabliert sich erneut - diesmal über dem Süden Deutschlands
- eine flache Tiefdruckrinne, in deren Umfeld zum Abend und in der
Nacht zum Samstag mit einigen Schauern und Gewittern gerechnet werden
muss. Am Samstag wird das Höhentief allmählich in den nordeuropäischen
Höhentrog integriert, bleibt aufgrund seiner recht großen Wellenlänge
vorerst aber noch über Frankreich liegen. Auf seiner Vorderseite wird
mit einer südwestlichen Strömung weiterhin Warmluft herangeführt,
während in den Norden der Bundesrepublik auf der Rückseite des
schwedischen Tiefs unvermindert polare Kaltluft einfließt. Dies hat den
Aufbau einer ansehnlichen Luftmassengrenze zur Folge, die sich quer
über den Norden Deutschlands legt. Nördlich davon werden tagsüber nur
einstellige Höchstwerte und nachts leichter Frost gemessen, in ihrem
unmittelbaren Umfeld können in den Hochlagen von Sauerland und Harz
sogar ein paar Schneeflocken tanzen. Der Temperaturkontrast entzerrt
sich erst im Laufe des Sonntags, wenn der Trog als zunehmend
kurzwellige Struktur endgültig über Mitteleuropa hinweg nach Nordosten
gesteuert wird; nicht jedoch ohne im Zuge weiter wirksamer
Hebungsprozesse nochmals verbreitet schauerartige Regenfälle, zu den
Alpen hin auch das ein oder andere Gewitter zu hinterlassen.
Zu Beginn der neuen Woche setzt sich voraussichtlich schwacher
Hochdruckeinfluss durch, was bei der dabei zu erwartenden Anzahl an
Sonnenscheinstunden zu einer allmählichen Erwärmung der Luft führt.
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