Während das meteorologische Geschehen hierzulande in dieser Woche wenig
Berichtenswertes zu bieten hatte, wurden die Ägäis und der Westen der
Türkei am Mittwoch von einem schweren Sturm heimgesucht. Istanbul
meldete eine Spitzenböe von 106 km/h, das entspricht Windstärke 11 und
damit orkanartigem Sturm. Mindestens vier Menschen kamen durch direkte
und mittelbare Folgen des Sturms ums Leben, Dutzende wurden verletzt.
Allein in Istanbul wurden Agenturmeldungen zufolge 350 Dächer abgedeckt
und mehr als 100 Bäume entwurzelt.
Das verantwortliche Tiefdruckgebiet entwickelte sich am Dienstag im
Bereich der Großen Syrte und zog unter kräftiger Verstärkung über die
Ägäis nordostwärts. Es entstand auf der Vorderseite jenes langwelligen
Höhentroges, der am vergangenen Wochenende und am Wochenanfang das
Wetter in West- und Mitteleuropa nachhaltig bestimmt hat. Inzwischen
wurde dieser durch einen neuen, ebenfalls mächtigen Höhentrog abgelöst,
der jedoch nicht so extrem weit nach Süden ausgreift wie sein
Vorgänger. Unter dem tiefsten Geopotenzial liegt, quasi
achsensenkrecht, ein mittlerweile gealtertes Bodentief über dem Osten
Englands, das den Höhenpunkt seines Daseins überschritten hat und sich
allmählich auffüllt. Mit einer südwestlichen Strömung konnte dabei über
Umwege ursprünglich polare Kaltluft nach Mitteleuropa vordringen, die
ihre kalten Eigenschaften jedoch nur in größeren Höhen beibehalten hat.
Durch Einbeziehung deutlich wärmerer Luft aus niederen Breiten kommt
sie in den unteren Schichten dagegen relativ mild im zentralen Europa
an. Aus den vertikalen Temperaturgegensätzen resultierten am Mittwoch
und Donnerstag im Bereich der einfließenden Höhenkaltluft zahlreiche
Schauer und einzelne Gewitter in der Westhälfte Deutschlands. Im Laufe
des Freitags schwenkt die schwerlich identifizierbare Hauptachse des
breiten Troges, der vom isländisch-grönländischen Raum über die
Britischen Inseln südostwärts zum zentralen Mittelmeer weist, etwas
nach Osten und kommt in etwa diagonal über Deutschland zum Liegen. Die
Höhenkaltluft macht somit noch einige Kilometer nach Osten gut; mit
einer mehr auf West drehenden Strömung wird aber auch in den unteren
Schichten etwas kältere Luft herangeführt, was sich nach Westen hin
dämpfend auf die konvektive Aktivität auswirkt. Im Laufe des
Wochenendes verlagert sich der Südteil des Troges über Südost- und
Osteuropa nordwärts. Der Langwellentrog selbst verliert seine
nordwest-südöstliche Exposition, der Bereich des tiefsten Geopotenzials
über den Britischen Inseln wandelt sich in Ansätzen zu einem
abgeschlossenen Höhentief um. An dessen Südflanke können dann
kurzwellige Trogstrukturen über West- und Mitteleuropa ostwärts
schwenken, an die infolge der durch sie ausgelösten dynamischen
Hebungsprozesse jeweils etwas großflächigere Niederschlagsgebiete
gekoppelt sind.
Zu Beginn der neuen Woche scheint sich das Muster zu wiederholen: Das
hoch reichende Tief über den Britischen Inseln löst sich auf, wird aber
unmittelbar durch eine von Nordwesten heranziehende Zyklone ersetzt.
Dabei setzt sich das wechselhafte Wetter mit Schauern, teilweise auch
mal länger anhaltendem Regen und etwas Sonne zwischendurch zunächst
fort. Die sich im weiteren Verlauf stellende Frage wird sein, ob auf
der Vorderseite des neuen oder sogar eines dritten Tiefs von Südwesten
her zumindest vorübergehend sehr warme Luft angezapft wird.
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