In einer Zeit, in der große Jahresrückblicke vor allem in Funk und
Fernsehen wieder zusehends in Mode kommen und dort nach subjektivem
Empfinden bereits kurz nach Sommerende ausgestrahlt werden, sei an
dieser Stelle ein kleiner Rückblick auf das vor wenigen Tagen zu Ende
gegangene Jahr 2011 aus meteorologischer Sicht gestattet. Mit einer
über die Fläche Deutschlands interpolierten Jahresmitteltemperatur von
+9,6 Grad schloss das Jahr 1,4 Kelvin wärmer ab als im Mittel der Jahre
1961 bis 1990; gegenüber dem Mittel der Jahre 1981 bis 2010 blieb
immerhin noch ein Temperaturüberschuss von 0,7 Kelvin übrig. 2011 geht
in Deutschland somit als das fünftwärmste Jahr seit Beginn der
Messaufzeichnungen 1881 in die Annalen ein. Elf von zwölf Monaten
verliefen zu warm - dass ausgerechnet der Hochsommermonat Juli unter
dem Mittel bilanzierte, trug mit Sicherheit einen entscheidenden Teil
dazu bei, dass der Sommer insgesamt bei Vielen fälschlicherweise als
kühl in Erinnerung bleibt. Der Jahresniederschlag erreichte etwa sein
Soll, obgleich einzelne Monate in manchen Regionen teilweise deutlich
zu nass, andere wiederum - beispielsweise der November - flächendeckend
extrem trocken ausfielen. Die Sonne schien deutlich länger als üblich,
im Flächenmittel rangiert 2011 hinter 2003 und 1959 auf dem dritten
Platz in der Tabelle der sonnenscheinreichsten Jahre seit 1951.
So mild wie 2011 geendet hatte - zum Beispiel in Rheinstetten mit einer
positiven Temperaturabweichung von 3,8 Kelvin gegenüber dem
langjährigen Dezembermittel -, so extrem mild begann das neue Jahr
2012. Zwar wurden keine neuen Dekadenrekorde registriert, einigerorts
blieb man davon aber nur wenige Zehntel Kelvin entfernt. In der Nacht
zum Montag sanken die Temperaturen teilweise nicht unter +10 Grad; an
der Station einer privaten Wetterfirma in Krefeld konnten am
Neujahrstag um 23 Uhr gar knapp +15 Grad gemessen werden. Die sehr
milde Luft mit subtropischem Ursprung hatte es auf der Vorderseite
eines umfangreichen Tiefdrucksystems mit Zentrum über dem isländischen
Raum nach Mitteleuropa geschafft und wurde erst im Verlauf des Montags
wieder nach Südosten abgedrängt. Dies geschah durch die Kaltfront des
Systems, die Deutschland im Tagesverlauf von Nordwest nach Südost
überquerte. Hinter ihr fließt nun vorübergehend kalte Meeresluft ein,
die allerdings vom mittleren Nordatlantik stammt und daher lediglich im
höchsten Bergland für leichten Frost und ein paar Schneeflocken gut
ist. Der Kaltfront selbst folgt ein Höhentrog nach, der bis
Dienstagfrüh über Mitteleuropa ostwärts schwenkt und noch einige
Schauer und örtliche Gewitter im Schlepptau hat. An der Ostflanke eines
auf den Norden der Britischen Inseln zusteuernden neuen Tiefs jedoch
wird vor allem in höheren Luftschichten bald wieder deutlich mildere
Luft advehiert, und die vertikale Schichtung stabilisiert sich. Das
sich zu einer Orkanzyklone entwickelnde Tief zieht am Dienstag über
Schottland und die Nordsee hinweg Richtung Skagerrak und am Mittwoch
weiter nach Mittelschweden. Südlich des Kerns führt es ein
Starkwindfeld mit sich, das dem nördlichen Teil Großbritanniens sowie
den Nordseeanrainern Orkanböen bringt. Im Norden und in der Mitte
Deutschlands treten verbreitet schwere Sturmböen auf, im Süden
"einfache" Sturmböen. Die kräftigsten Böen sind im Umfeld der Kaltfront
zu erwarten, die am Spätnachmittag den Nordwesten erreicht und bis
Mittwochvormittag zu den Alpen vorstößt. Postfrontal strömt erneut ein
Schwall Meereskaltluft ein, sodass etwaige Schauer am Mittwoch bis in
mittlere Höhenlagen als Schnee fallen. Der Wind lässt kaum richtig
nach, da nähert sich zum Donnerstag schon das nächste Sturm- respektive
Orkantief West- und Mitteleuropa an. Es wählt eine ähnliche Zugbahn wie
sein Vorgänger und bildet - obgleich voraussichtlich mit höherem
Kerndruck nach Osten wandernd - auf seiner Südseite ein noch stärkeres
Wind- und Sturmfeld aus. Dies ist den größeren Luftdruckgegensätzen zu
einem sich über Südwesteuropa aufbauendem Hoch geschuldet. Somit sind
am Donnerstag in der gesamten Bundesrepublik schwere Sturm-, an den
Küsten und in den Mittelgebirgen orkanartige Böen und Orkanböen
wahrscheinlich.
Auf der Rückseite des Tiefs dreht die Strömung auf Nordwest, womit
abermals kalte Meeresluft nach Mitteleuropa gelangt. Doch die
Luftmassenwechsel gehen auch in der zweiten Wochenhälfte mit hohem
Tempo vonstatten, bereits zum Samstag erreicht wieder mildere Luft die
westlichen und zentralen Teile des Kontinents. Alles in allem bleibt es
unbeständig und für Anfang Januar deutlich zu mild.
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