Die kurze ruhige Witterungsphase, die sich ausgerechnet - jedoch dem
feierlichen Anlass entsprechend - an und nach Weihnachten in
Mitteleuropa etabliert hatte, fand am Donnerstag ihr Ende. Bereits am
Mittwoch suchte, nicht zum ersten Mal im heurigen Winter, ein schwerer
Sturm den Norden Großbritanniens heim; in Schottland und im nördlichen
England traten verbreitet schwere Sturm- und orkanartige Böen auf.
Einige Kilometer vom Glasgower Stadtzentrum entfernt, in Bishopton,
wurde sogar eine Orkanböe registriert. Wie erwartet stellte der Cairn
Gorm, ein 1.245 Meter hoher Gipfel in den schottischen Highlands,
wieder einmal die absolute Spitzenböe. An der äußerst exponiert
gelegenen Station konnten diesmal 183 km/h gemessen werden.
Das zum Orkan gehörende Tief hat mittlerweile eine ordentliche
Wegstrecke nach Nordosten gemacht und liegt am späten Donnerstagabend
mit seinem Zentrum über der Mitte Finnlands. Auf seiner Rückseite hat
sich im Übergangsbereich zu einem kräftigen Hoch mit Schwerpunkt vor
der Iberischen Halbinsel eine lebhafte nordwestliche Strömung
ausgebildet, innerhalb derer in der Nacht zum Freitag ein Randtief über
die Nordsee und den Norden Deutschlands nach Polen gesteuert wird.
Überlagert von einem markanten Kurzwellentrog tritt es als sehr
wetterwirksames Gebilde in Erscheinung und führt neben einem
ausgeprägten Niederschlagsgebiet auch ein beachtenswertes Starkwindfeld
an seiner Südwestflanke mit sich. Die Niederschläge sind zunächst
skaliger Natur, gehen mit Passage der zugehörigen Kaltfront und mit dem
raschen Vordringen höhenkalter Luft später jedoch mehr und mehr in
Schauer über. Auch einzelne Gewitter sind mit von der Partie, wie am
Donnerstagabend bereits in den Niederlanden und im Nordwesten
Deutschlands beobachtet. Besonders kräftig fallen die Niederschläge an
den West- und Nordwesthängen der Mittelgebirge aus, wo sie in höheren
Lagen zudem als Schnee niedergehen. In Kombination mit dem kräftigen
Wind, der in freien Hochlagen orkanartige Stärke erreicht, sind dort
Schneeverwehungen zu erwarten. Zusammen mit dem Randtief schwenkt bis
Freitagmittag auch der Kurzwellentrog über Deutschland hinweg ostwärts,
und in der mittleren Troposphäre setzt von Westen her bereits wieder
eine markante Erwärmung ein. Dies geht mit einer Stabilisierung der
vertikalen Schichtung einher, die Schauertätigkeit kommt rasch zum
Erliegen. Dem in die Kaltluft vorstoßenden Zwischenhochkeil bleibt
allerdings nur wenig Zeit, noch am Abend beginnt im Westen Deutschlands
der Luftdruck wieder zu sinken und zunehmend dichter werdende
Wolkenfelder kündigen das nächste atlantische Frontensystem an. Es
handelt sich um die Warmfront eines Tiefdrucksystems über dem
isländisch-grönländischen Raum, die im Laufe des Samstags die
Bundesrepublik von West nach Ost passiert. Die massive
Warmluftadvektion, die auch an Neujahr im Warmsektor des
Tiefdrucksystems über Mitteleuropa teilweise noch andauert, hat
großräumige Hebungsprozesse und daraus resultierend die Bildung
ausgedehnter Wolken- und Niederschlagsgebiete zur Folge. Mit Zufuhr
sehr milder, ihrem Ursprung nach subtropischer Luft steigt die
Schneefallgrenze weit über 1.000 Meter hinaus, sodass auch in den
höchsten Mittelgebirgslagen Regen fällt. In Verbindung mit dem tags
zuvor gefallenen und dann rasch abtauenden Neuschnee droht an Bächen
und einigen kleineren Flüssen Überschwemmungsgefahr.
Mit der am Montag von Nordwest nach Südost über Deutschland
hinwegziehenden Kaltfront des Tiefdrucksystems wird die sehr milde Luft
nach Südosten abgedrängt, hinter ihr fließt ein Schwall kälterer
Meeresluft ein. Zur Wochenmitte könnte zumindest dem Norden des Landes
die erste schwere Sturmlage des noch jungen neuen Jahres bevorstehen.
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