Eine äußerst nasse Woche erlebten bis zum Donnerstag insbesondere die
nördlichen und mittleren Regionen Deutschlands, wo ein sich nur langsam
verlagernder Frontenzug verbreitet Niederschlagsmengen im zweistelligen
Bereich hinterließ. Über 72 Stunden aufsummiert, zwischen Montag- und
Donnerstagmorgen, kamen beispielsweise in Braunlage im Harz 67, in
Zwiesel im Bayerischen Wald 60 und in Soltau im Heidekreis 42 mm
zusammen. Noch mehr Regen fiel auf den Bergen; der Große Arber konnte
in diesem Zeitraum satte 90 mm verbuchen, das entspricht nahezu dem
kompletten Oktobersoll.
Der angesprochene Frontenzug - es handelt sich um die lang gestreckte
Kaltfront eines Tiefdruckgebietes mit Zentrum über dem Nordwesten
Russlands - hat am Donnerstagabend die Alpen erreicht. Hinter ihr
fließt mit einer nördlichen Strömung polare, aber nur Richtung Osten
auch hochreichende Kaltluft ein. Von Westen her macht sich dagegen nach
Abzug eines in die Strömung eingelagerten Kurzwellentroges in der Nacht
zum Freitag bereits wieder steigendes Geopotential und damit verbunden
eine Erwärmung der mittleren und oberen Troposphäre bemerkbar. Dieser
Vorgang spiegelt die Annäherung eines imposanten, von Südwesteuropa
über die Britischen Inseln und die Nordsee bis über Spitzbergen hinaus
reichenden Hochdruckrückens wider, der sich bis Sonntag - unter einer
leichten Kippbewegung nach Südosten - quer über den halben europäischen
Kontinent legt. Auf seiner Ostseite wirkt großräumiges Absinken, das
bereits ein umfangreiches Bodenhoch mit Schwerpunkt über Dänemark hat
entstehen lassen. Es trägt den klangvollen Namen "Tessina" und
verlagert sich bis Sonntag über die Nordosthälfte Deutschlands und
Polen hinweg Richtung Ukraine. Seiner Bewegung folgend gelangt
Deutschland allmählich an die Westflanke des Bodenhochs, sodass zum
einen der Nachschub an kalter Luft aus Norden abgeschnitten und zum
anderen darüber hinaus noch von Südwesten her deutlich mildere Luft
herangeführt wird. Doch Mitte Oktober sind solche Druckkonstellationen
und Advektionsprozesse kein Garant mehr für sonniges und mildes Wetter
auch in den Niederungen. Ohne die durchmischende Kraft des Windes
können sich in den bereits recht langen Nächten vermehrt Nebel und
Hochnebel ausbilden, deren Auflösung der Sonne tagsüber immer größere
Mühe bereitet. Zumindest in der frisch eingeflossenen Kaltluft am
Freitag, mit Abstrichen auch noch am Samstag dürfte sich "Tessina"
zunächst aber als "Golden Girl" präsentieren. Mit zunehmender Alterung
von Hoch und Luftmasse jedoch nimmt die Nebelwahrscheinlichkeit dann
zu, und aus dem goldenen Oktobermädel wird zum Sonntag und Montag in
immer mehr Regionen eine "graue Dame".
Eine substanzielle Änderung der großräumigen Lage erfolgt erst
Anfang/Mitte der kommenden Woche, wenn der einst so mächtige Rücken
Stück für Stück abgebaut und weiter nach Südosten gedrängt wird.
"Tessina" verabschiedet sich zum westlichen Russland, und so können
sich von Nordwesten her ein Höhentrog samt eingelagertem
Tiefdrucksystem und dessen Fronten annähern. Wie rasch dieser Prozess
vonstatten geht, ist noch unsicher. Mit einiger Wahrscheinlichkeit
fällt zunächst nur im Nordwesten und Norden Deutschlands Regen, während
in der Südhälfte bis zum Ende des Vorhersagezeitraums am Dienstagabend
noch leichter Hochdruckeinfluss bestehen bleibt.
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