Umgestürzte Bäume, abgedeckte Dächer, überflutete Autobahnen und Keller
- nur eine Woche nach den letzten kräftigen Gewittern kam es am
gestrigen Sonntag in weiten Teilen Deutschlands erneut zu
unwetterartigen Entwicklungen. Solche Schwergewitterlagen ordnen sich
in der Regel in die Früh- und Hochsommermonate ein, Anfang
beziehungsweise Mitte September darf man sie dagegen zumindest in
dieser Häufigkeit schon als ungewöhnlich bezeichnen. In Eschwege im
Nordosten Hessens und in Würzburg wurden mit 114 km/h und 104 km/h jeweils
orkanartige Böen registriert. In Sachsen-Anhalt durchschlugen bis zu 8 cm
große Hagelkörner - das ist doppelte Tischtennisballgröße - Autoscheiben,
Dächer und Rollläden.
Die Kaltfront von Tief "Frank", in deren Umfeld die Unwetter auftraten,
ist mittlerweile nach Osteuropa abgezogen. Die ruhige Phase dahinter
war oder ist allerdings nur von kurzer Dauer, denn bereits im Laufe des
Montags hat die Warmfront eines neuen, kräftigen Tiefs über den
Britischen Inseln den Norden Deutschlands passiert. Bei diesem handelt
es sich um "ex-Katia", dem ehemaligen Hurrikan, der einen überaus
weiten Weg hinter sich gebracht hat. Bereits Ende August aus einer
tropischen Depression über dem mittleren Atlantik entstanden,
überschritt "Katia" am 1. September mit mittleren Windgeschwindigkeiten
von 65 kt (120 km/h) zum ersten Mal die Schwelle zu einem Hurrikan. Auf
dem Höhepunkt ihrer Entwicklung konnten am 6. September mittlere
Windgeschwindigkeiten von 115 kt (213 km/h) beobachtet werden, was die
Klassifizierung als ein Hurrikan der zweithöchsten Stufe 4 bedeutete.
Auf der Route nach Nordwesten, mit einem Schwenk später in gebührendem
Abstand der US-Ostküste nach Nordosten folgend, lagen jedoch nur wenige
kleinere Inseln, sodass unmittelbare Schäden von dem Hurrikan nicht
ausgingen. Den Nordatlantik erreichend wandelte sich "Katia" in ein
außertropisches Tief um - ein häufig zu beobachtender Vorgang.
Sinnvollerweise behalten die Tiefs nach der Transformation ihren
ursprünglichen Namen bei, ergänzt lediglich um das "ex". Am Montagabend
kann das Zentrum von "ex-Katia" bereits dicht vor der
südwestnorwegischen Küste analysiert werden, auf ihrer Südseite hat
sich ein breites Starkwindfeld ausgebildet. Dies bekamen vor allem die
Britischen Inseln zu spüren, in Irland wurden örtlich Orkanböen
verzeichnet. In der Nordwesthälfte Deutschlands bliesen verbreitet
stürmische Böen, an der Nordseeküste auch Sturmböen. Währenddessen hat
die Kaltfront des Tiefs von Nordwesten her auf das Bundesgebiet
übergegriffen, aufgrund fehlender dynamischer Hebungsantriebe - in der
oberen Troposphäre ist ein Hochdruckrücken überlagert - macht sie sich
allerdings lediglich durch dichte Wolkenfelder und nur wenige
Regentropfen bemerkbar. Im Laufe des Dienstags kommt die Front etwa bis
zum Main nach Süden voran, gerät aufgrund ihrer zunehmend
strömungsparallelen Lage auf der Vorderseite eines sich von Westen
nähernden Höhentroges jedoch mehr und mehr ins Schleifen. Erst auf der
Rückseite einer flachen, an ihr entlang ostwärts ablaufenden Welle kann
sie in der Nacht zum Mittwoch bis zu den Alpen vordringen. Derweil
zieht "ex-Katia" zum Bottnischen Meerbusen und nimmt dort die Rolle
eines steuernden Zentraltiefs ein. Der breit angelegte Höhentrog
schwenkt am Mittwoch über den Norden der Bundesrepublik hinweg,
eingelagerte kurzwellige Strukturen sorgen dabei für wechselhaftes
Wetter mit wiederholten Schauern und - in der höhenkalten Luft des
Troges - auch kurzen Gewittern. Dabei bleibt es stark windig mit
stürmischen Böen, wobei die höchsten Windgeschwindigkeiten am
Nachmittag und Abend an der Ostsee gemessen werden. In den Süden
Deutschlands schiebt sich dagegen ein Keil des Azorenhochs vor und
gestaltet das Geschehen nicht unfreundlich. Nur am Alpenrand können
sich im Bereich der dort verweilenden Kaltfront vor allem anfangs
dichtere Wolken behaupten.
Mit steigendem Geopotential von Westen her kann zum Donnerstag und
Freitag aus dem Keil ein eigenständiges Hoch hervorgehen, das später
Unterstützung von einem sich voraussichtlich über Benelux formierenden
Pendant erfährt. Während sich das gesamte Konstrukt ostwärts verlagert,
strömt von Südwesten her am Freitag kurzzeitig wieder subtropische
Warmluft ein. Die Kaltfront eines neuen nordwesteuropäischen Tiefs
bereitet den spätsommerlichen Ansätzen zum Samstag jedoch ein rasches
Ende.
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