Wie eigentlich immer, wenn im Sommer schwülwarme von kühlerer Luft
verdrängt wird, gab es auch am vergangenen Freitag und am Wochenende in
Mitteleuropa teilweise unwetterartige Wettererscheinungen. An mehreren
Orten, darunter fast schon obligatorisch das Alpenvorland südlich von
München, wurde Hagel mit Korngrößen von zum Teil mehr als 3 cm im
Durchmesser beobachtet. Eine der größten 24-stündigen
Niederschlagsmengen bis Sonntagfrüh kam mit 53 mm ausgerechnet wieder
in Rostock zustande, wo doch erst im Juli ein neuer
Monatsniederschlagsrekord aufgestellt wurde. Entsprechend standen in
der dortigen Region einmal mehr Keller, Straßen, Campingplätze und
sonstige Freiflächen unter Wasser.
Mit einigen Verzögerungen hat sich die kühle Meeresluft inzwischen in
ganz Deutschland durchgesetzt. Dies geschah auf der Rückseite eines
umfangreichen Tiefdruckkomplexes, der am Montagabend den kompletten
nordeuropäischen Raum einnimmt. Das überlagerte Höhentrogsystem
überdeckt, gespickt mit kurzwelligen Rand- und Teiltrögen, ebenfalls
große Teile des Nordmeers, Skandinavien und Nordwesteuropa. Einer
dieser Randtröge schwenkte am Montag vom Ärmelkanal ostwärts und
spaltete sich dabei in zwei Anteile, einem vorauseilenden nordöstlichen
und einem etwas zurückhängenden südwestlichen Part, auf. An seiner
Südflanke formierte sich ein Jetstreak, ein Gebiet mit maximalen
Windgeschwindigkeiten in großen Höhen innerhalb des Jetstreams, dem
hemisphärenumspannenden Starkwindband. Dieser lag am Mittag über dem
Süden Deutschlands; in etwa neun Kilometern Höhe blies der Wind dabei
mit Geschwindigkeiten von etwa 240 km/h. Im Bodendruckfeld
korrespondierte zu dem Randtrog ein ebenfalls als solches zu
bezeichnendes Tief, das über die Nordhälfte Deutschlands
hinweggesteuert wurde. In der labil geschichteten Meereskaltluft
konnten die auch in tieferen Schichten noch immer kräftigen Höhenwinde
insbesondere in der Nähe der zahlreich aufgetretenen Schauer und
Gewitter bis zum Boden durchgreifen. Dies erklärt die verbreitet
gemessenen stürmischen Böen, vor allem im Osten verzeichneten mehrere
Stationen auch Sturmböen. In Rheinstetten konnte mit 72 km/h ebenfalls
eine stürmische Böe und gleichzeitig die bis dato stärkste Böe des
gesamten Jahres registriert werden. Am Dienstag wird der Haupttrog
durch weitere, von Nordwesten einlaufende Randtröge regeneriert. Dabei
fließt sowohl in der unteren als auch in der mittleren und oberen
Troposphäre noch etwas kühlere Luft ein. Eine nennenswerte
Stabilisierung der vertikalen Schichtung ist somit nicht zu erwarten;
weitere Schauer und Gewitter sind die Folge. Die großen
Luftdruckgegensätze am Südrand des Bodentiefdruckkomplexes bleiben
erhalten, die kräftigsten Böen konzentrieren sich dann jedoch auf den
Norden und Nordosten Deutschlands. Erst zum Mittwoch schwächt sich der
Tiefdruckkomplex allmählich ab, der klar konturierte Südteil des Troges
verlagert sich nach Osten. Im Süden des Landes gerät die Meereskaltluft
so unter den beruhigenden Einfluss einer zonal ausgerichteten
Hochdruckzone, die sich um die Mittagszeit von den Azoren über
Frankreich und Süddeutschland hinweg bis zum südöstlichen Mitteleuropa
erstreckt. Im Norden dagegen kann sich das Hoch kaum durchsetzen; dort
bestimmt erst noch das abziehende Tief, später bereits ein neuer
Frontenzug das Geschehen. Dieser gehört, zunächst als Warmfront in
Erscheinung tretend, zu einem nordatlantischen Tiefdrucksystem, das
zusammen mit dem alten, nach Osten abziehenden Tief eine rinnenförmige
Verbindung eingeht. Die Rinne nimmt den am Donnerstag längs über
Norddeutschland hinweg verlaufenden Frontenzug in sich auf. An ihm
entwickelt sich voraussichtlich eine - dann als Warmfrontwelle zu
klassifizierende - Störung, in deren Umgebung es zu einer zeit- und
gebietsweisen Intensivierung der zu erwartenden länger andauernden
Regenfälle kommt. Innerhalb von 24 Stunden muss in einem Streifen von
der Deutschen Bucht bis nach Brandenburg mit Niederschlagsmengen zwischen
20 und 40 mm gerechnet werden.
Auf der Rückseite der Welle verschiebt sich der Frontenzug zum Freitag,
quasi als Kaltfront, etwas nach Süden. Gleichzeitig nehmen die
Niederschläge schauerartigen Charakter an. Insgesamt fließt mit einer
westlichen Strömung zwischen der Hochdruckzone im Süden und der
Tiefdruckrinne im Norden allerdings wärmere Luft ein, in der die
Temperaturen außerhalb der Dauerregengebiete - zunächst also vor allem
im Süden - wieder verbreitet über +20 Grad steigen können. Ob zum
kommenden Wochenende noch wärmere Luft den Weg nach Mitteleuropa
findet, bleibt abzuwarten.
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