Etwas verwunderlich, angesichts des bisherigen Sommerverlaufs geradezu
unverschämt provokativ mutet eine solche Überschrift an einem 4. August
an. Dabei stellte der Deutsche Wetterdienst in seinem "Thema des Tages"
bereits am 22. Januar dieses Jahres - in der Analogie also am 22. Juli
- genau diese Frage nach dem Frühling, was nach dem abrupten Winterende
am Dreikönigstag bei sicherlich so manchem Freund von Schnee und Kälte
auf nicht eben mehr Begeisterung stieß. Es folgte eine quer durch ganz
Europa und über sechs Absätze führende virtuelle Reise, um auch jede
noch so kleine Wärmeinsel ausfindig zu machen. Eine solche Tour würde
zum einen natürlich den Rahmen dieses Berichtes sprengen; andererseits
präsentieren sich zur Zeit doch weite Teile des Kontinents recht warm
bis sommerlich. Wirklich frisch beziehungsweise frühherbstlich geht es
lediglich auf Island und im Norden Skandinaviens zu, wo am Donnerstag
Höchsttemperaturen zwischen +5 und +10 Grad gemessen wurden. Über
Nordwesteuropa bahnt sich ein Teil dieser Kaltluft in der kommenden
Woche - wenn auch in abgemilderter Form und nur vorübergehend - den Weg
nach Mitteleuropa.
Zunächst aber bestimmt hierzulande bis Sonntag noch feuchtwarme Luft
das Geschehen. Am Mittwoch zog dabei ein erster Ausläufer eines
umfangreichen nordwesteuropäischen Tiefdruckkomplexes von Südwest nach
Nordost über Deutschland hinweg. Er gehörte zu einem - über den
Bodenluftdruck definiert - schwach ausgeprägten Randtief des Komplexes
und wurde, da sich der Vorgang in einer einheitlichen Luftmasse
abspielte, als Konvergenzlinie analysiert. Vor allem an den Alpen und
im Nordwesten des Landes traten örtlich kräftige Gewitter auf, in
Bremen liefen einige Unterführungen voll Wasser. Am Donnerstag
erstreckte sich die bodennahe Tiefdruckrinne von Dänemark über den
Nordosten Deutschlands nach Polen und Tschechien und regte dort
konvektive Aktivitäten an. In der Mitte und im Westen setzte sich
dagegen schwacher Zwischenhocheinfluss durch, in der mittleren und
oberen Troposphäre ließ sich ein schmaler Hochdruckrücken erkennen.
Dieser verlagert sich am Freitag ostwärts; an seiner Westflanke gerät
Mitteleuropa unter die Vorderseite eines umfangreichen nordatlantischen
Höhentroges, als dessen steuerndes Zentrum ein kräftiges Höhentief
südlich von Island agiert. Gekoppelt an einen nordostwärts schwenkenden
Kurzwellentrog überquert das okkludierende Frontensystem eines sich von
den Britischen Inseln zur Südwestküste Norwegens bewegenden Teiltiefs
des Tiefdruckkomplexes Deutschland von West nach Ost. So kommt es in
der Nacht im Westen zu leichten bis mäßigen, teilweise aber
schauerartig verstärkten Regenfällen und tagsüber Richtung Osten und
Nordosten vermehrt auch zu Gewittern. Nach Süden hin, wo der
Okklusionsprozess noch nicht abgeschlossen ist, gerät die Kaltfront
zunehmend ins Schleifen und wird vor einem neuen Randtief, das sich mit
Annäherung eines weiteren Kurzwellentroges am Nachmittag über der Mitte
Frankreichs formiert, allmählich nach Norden rückläufig. Auf der
Vorderseite des Randtiefs gelangt mit einer südwestlichen Strömung noch
etwas wärmere und feuchtere Luft vor allem nach Baden-Württemberg und
Bayern, dort muss im Tagesverlauf mit teilweise kräftigen Gewittern
gerechnet werden. Am Samstag zieht das Randtief mit seinem Kern über
Benelux nach Norddeutschland, weitere Gewitter sind dann vor allem im
Nordosten und Osten zu erwarten. In den Westen und Nordwesten fließt
rückseitig des Tiefs bereits frischere Luft ein, doch bevor diese auch
den Südosten erreichen kann, läuft an der diagonal über die
Bundesrepublik ausgerichteten Kaltfront des Randtiefs in der Nacht zum
Sonntag noch eine letzte Welle ab. Damit einher gehen verbreitete,
schauerartig verstärkte und örtlich auch gewittrig durchsetzte
Niederschläge.
Bis Sonntagabend verlagert sich derweil des Höhentief zu den Britischen
Inseln, an seiner Süd- und Südostflanke stellt sich eine lebhafte
Westströmung ein. Damit wird zwar kühlere, in den unteren Schichten
zunächst aber noch mäßig warme Meeresluft herangeführt. Wesentlich
rascher geht die Abkühlung in mittleren und großen Höhen vonstatten,
was sich besonders im Nordwesten und Norden Deutschlands in der Nähe
des Höhentiefzentrums in einer zunehmend stark labilen vertikalen
Schichtung widerspiegelt. Speziell dort kommt es auch am Montag zu
teilweise kräftigen Schauern und Gewittern. Zur Wochenmitte hin setzt
sich dann - wie schon im einleitenden Absatz erwähnt - für zwei bis
drei Tage sehr kühle Luft durch. An dieser Stelle sei jedoch nochmals
das "Thema des Tages" vom 22. Januar zitiert, in dem der Autor in
seinem Fazit immerwährende Wärme als "schnöden Karibikkram" bezeichnete
und die Vorzüge der abwechslungsreichen mitteleuropäischen Witterung
hervorhob. Vielleicht kann man mit diesem Gedanken dem nächsten
Gewitterregen oder Temperaturrückgang auch etwas Positives abgewinnen.
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