Dass kräftige, teilweise sogar unwetterartige Gewitter nicht
zwangsläufig immer mit hochsommerlichen Temperaturen einhergehen
müssen, zeigten der Mittwoch und der Donnerstag in Mitteleuropa. So
kamen an beiden Tagen in der Südwesthälfte Deutschlands örtlich recht
ordentliche Niederschlagsmengen innerhalb kurzer Zeit zusammen, die
ausreichten, um die ein oder andere Straße und manchen Keller unter
Wasser zu setzen. Allein in Essen wurde die Feuerwehr am Mittwoch zu
mehr als 200 Einsätzen gerufen, und das obwohl an der offiziellen
Messstation im Stadtteil Bredeney lediglich 5 mm Regen in den Topf
fielen. Dieses Beispiel zeigt wieder einmal, wie groß auf engem Raum
die Unterschiede in der Niederschlagsverteilung bei sommerlichen
Gewitterlagen sein können.
Verantwortlich für die Unbeständigkeit zeichnet noch immer der
umfangreiche Höhentrog, der nun inzwischen seit rund anderthalb Wochen
- in jeweils modifizierter Form - das Wetter in großen Teilen
Kontinentaleuropas bestimmt. Am Donnerstagabend tritt er eher als
großräumiges Höhentief in Erscheinung, dessen Zentrum etwa an der
Grenze zwischen Ostfrankreich und der Westschweiz ausgemacht werden
kann. Es hatte sich im Laufe der Woche, mit äußerst überschaubarem
Tempo, von der Nordsee über den Westen Deutschlands zu seinem aktuellen
Aufenthaltsort verlagert; schwenkt am Freitag als kurzwelliger Randtrog
an der Südflanke des gesamten Höhentiefkomplexes jedoch beschleunigt
über Norditalien und die Adria zum Balkan. In seinem Umfeld war in
höheren Luftschichten zwar nicht sonderlich, aber ausreichend kalte
Luft vorhanden, um eine labile Schichtung zu generieren und mit Hilfe
der Julisonne vor allem nachmittags und abends Schauer und Gewitter zu
ermöglichen. Wegen geringer Luftdruckgegensätze in der unteren und
mittleren Troposphäre bewegten sich die Gewitterzellen nur sehr langsam
und konnten ihre nasse Fracht in großen Mengen auf relativ kleinem
Gebiet abladen. Neben dem beschriebenem Höhentiefzentrum fällt ein
weiteres Geopotentialminimum über dem Nordosten Deutschlands ins Auge,
das im Laufe des Freitags mehr und mehr in den Mittelpunkt rückt und
als neuer Kern des gesamten Komplexes fungiert. Anders als sein Pendant
im Südwesten korrespondiert zu ihm auch am Boden ein Tiefdruckgebiet,
das sich von der Ostsee her nach Südwesten bewegt und sich am Samstag
und Sonntag über dem Norden Polens einnistet. Eine strukturell ähnliche
Lage mit Tief "Otto" als Hauptakteur führte am vergangenen Wochenende
zu den Starkregenfällen im Osten und Nordosten der Bundesrepublik, und
auch diesmal sind bis Sonntagabend im äußersten Osten sowie im Norden
Polens gebietsweise Regenmengen über 50 mm wahrscheinlich. Ganz so
intensiv wie vor knapp einer Woche fallen die Niederschläge, die ihre
Entstehung erneut anhaltender Warmluftadvektion an der Westflanke des
Tiefs verdanken, aber wohl nicht aus. Die Warmluftadvektion darf
hingegen nicht überinterpretiert werden; im Dauerregen im Nordosten
kommen die Temperaturen trotzdem kaum über +15 Grad hinaus, lediglich
auf der Rückseite des Regengebietes in Richtung Ostseeküste setzt sich
die wärmere Luft mit Höchstwerten über +20 Grad auch wirklich durch. In
die Südwesthälfte fließt mit einer am Rande des Tiefs auflebenden
nordwestlichen Strömung ein frischer Schwall kühler Meeresluft ein, der
hier die - vergleichsweise - warme und feuchte Gewitterluft nach Süden
abdrängt.
Auf die großräumige Wettersituation bezogen erweist sich der Juli 2011
also auch an seinem Ende als nicht sonderlich innovativ. Hier hilft
dann wohl tatsächlich der Monatswechsel, denn prompt zu Beginn der
neuen Woche verschiebt sich der Höhentiefkomplex nach Osten und macht
einem von Westen nachfolgenden Hochdruckrücken Platz. Dieser scheint
sich zunächst einmal zentral über Mitteleuropa etablieren zu wollen,
was zum einen ein deutliches Mehr an Sonnenschein und zum anderen
steigende Temperaturen bedeutet. Mit einer auf Südwest drehenden
Strömung sind Richtung Wochenmitte sogar Werte um +30 Grad möglich.
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