Als sehr kühl dürften viele Mitteleuropäer den gestrigen Sonntag in
Erinnerung behalten; und außer im Osten, wo die Temperaturen knapp über
die +20-Grad-Marke stiegen, traf dies nach der offiziellen
Sprachregelung des Deutschen Wetterdienstes auch in weiten Teilen
Deutschlands zu. Als "sehr kühl" ist im Sommer ein Tag mit einer
Höchsttemperatur unter +17 Grad definiert. In der Karlsruher
Hertzstraße galt der Sonntag demnach nur noch als "kühl", wurde dort
doch ein Maximum von +17,3 Grad registriert. In der Messreihe seit 1876
ordnet sich dieser Tag an 140. Stelle der kühlsten Julitage ein - von
4.138 Julitagen mit vorliegenden Daten der Höchsttemperatur seit
Messbeginn. Der kühlste Julitag in Karlsruhe überhaupt - die Älteren
mögen sich vielleicht erinnern - war der 8. Juli 1903 mit einem
Höchstwert von nur +12,5 Grad.
Der neue Schwall kühler Meeresluft polaren Ursprungs gelangte am
Wochenende am Rande von Tiefdruckgebiet "Otto" über das Nordmeer und
die westliche Nordsee nach Mitteleuropa. Rund eine Woche nach seiner
Entstehung geht "Otto" nun aber allmählich die Kraft aus; am
Montagabend bleibt von ihm lediglich noch eine lang gestreckte, von den
Lofoten über Südskandinavien bis nach Westdeutschland reichende
Tiefdruckzone übrig. Wesentlich imposanter präsentiert sich hingegen
das überlagerte Höhentrogsystem, das einen langwelligen Charakter
aufweist und - im Gesamten von Nordwest nach Südost ausgerichtet -
sich praktisch vom Nordmeer bis zum zentralen Mittelmeer und zur
nordafrikanischen Küste erstreckt. Wie immer bei einem solch großräumigen
Gebilde lassen sich eingelagerte kleine Strukturen in Form von
Höhentiefs und kurzwelligen Randtrögen ausmachen, die entweder nahe der
Trogmitte verweilen oder den Haupttrog an dessen Rand umlaufen. Eines
dieser kleinen Höhentiefs erreicht in der Nacht zum Dienstag von der
Nordsee her kommend den Nordwesten Deutschlands und verlagert sich bis
Donnerstagfrüh langsam über Benelux hinweg nach Nordostfrankreich. Die
damit in Verbindung stehenden dynamischen Hebungsantriebe sind
zumindest über Deutschland nur schwach ausgeprägt; allerdings geht die
Annäherung des Höhentiefs mit einer leichten Abkühlung in höheren
Luftschichten einher. Da gleichzeitig der Kaltlufttransport in
niedrigeren Höhen durch die Abschwächung von "Otto" zum Erliegen kommt
und sich die untere Troposphäre allmählich erwärmt, resultiert daraus
eine Labilisierung der vertikalen Schichtung. Für das Wettergeschehen
der nächsten Tage bedeutet dies konkret, dass - stark an den Tagesgang
angelehnt - jeweils in den Nachmittags- und frühen Abendstunden
vermehrt mit Schauern und Gewittern zu rechnen ist, die in der Nähe des
Höhentiefs in der West- und Südwesthälfte allgemein häufiger auftreten
als im Nordosten und Osten. Die schwache Strömung begünstigt dabei
lokal größere Niederschlagsmengen, da sich einmal entstandene
Gewitterzellen nur langsam verlagern.
Erst zum Wochenende, wenn der Langwellentrog von Nordwesten her ein
weiteres Mal regeneriert wird, fließt auch in tieferen Schichten wieder
kühlere Luft ein und das Schauer- und Gewitterrisiko nimmt ab.
Entsprechend wird es dann auch wieder etwas kühler - beständiges,
trockenes und sehr warmes oder gar heißes Hochsommerwetter ist nach wie
vor nicht in Sicht.
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