Das kräftige Tiefdruckgebiet, das in der vergangenen Woche mit
teilweise unwetterartigen Wettererscheinungen über Mitteleuropa
hinweggezogen ist - "Meikel" war sein Name - sorgte nicht nur für
regional hohe Sachschäden, es vollzog gleichzeitig auch den Übergang zu
einer länger andauernden feuchtkühlen Witterungsphase. Und sogleich
wird etwa Heinrich Heine zitiert, der schon im 19. Jahrhundert die
deutschen Sommer als "grün angestrichene Winter" erlebt hatte. Die
kommenden Tage jedenfalls scheinen seine Wahrnehmungen zu bestätigen,
bleibt es - von wenigen Ausnahmen abgesehen - insgesamt doch bis über
das kommende Wochenende hinaus und somit auch zu Beginn der eigentlich
hitzeträchtigen Hundstage insgesamt recht kühl und nass. Dem Osten
drohen in der zweiten Wochenhälfte gar Starkregen und Überschwemmungen.
Als besonders fleißiger Malertrupp agieren dabei gleich mehrere, für
die Jahreszeit ungewöhnlich intensiv ausgeprägte Tiefs. Ein
umfangreiches Exemplar, dessen Frontensystem großen Teilen Deutschlands
einen verregneten Sonntag beschert hatte, befindet sich am Montagabend
mit seinem Zentrum etwa auf halbem Wege zwischen der Ostküste
Schottlands und dem Südwestzipfel Norwegens über der Nordsee. Ihm
obliegt ein praktisch ganz Nordwesteuropa überdeckender Langwellentrog,
an dessen Rand diverse kurzwellige Strukturen entlanglaufen. Ein
solcher, auf der Vorderseite des Langwellentroges über Mitteleuropa
nordostwärts schwenkender kurzwelliger Anteil gab am Montag im
Tagesverlauf zur Ausbildung zahlreicher Schauer und einzelner Gewitter
Anlass. Derweil steuert ein wesentlich prägnanteres Gebilde auf die
französische Atlantikküste zu und verlagert sich bis Dienstagabend nach
Ostfrankreich. Großräumige dynamische Hebungsvorgänge vorderseitig
dieses Kurzwellentroges lassen am Boden ein kleines Tief entstehen, das
bereits gegen Mittag die Grenze zu Belgien erreicht. Auf seinem Weg
nach Osten weitet sich der Kurzwellentrog gleichzeitig nach Süden aus -
zeitweilig lässt sich ein eigenständiges kleines Höhentief erkennen -
und wird vorübergehend zum dominierenden Element innerhalb des gesamten
Trogkomplexes. Das Bodentief dehnt sich zunächst rinnenförmig nach
Südosten aus und entwickelt am Nachmittag über Südostbayern ein neues
Zentrum. Dafür, dass es sich tatsächlich um eine Neubildung und nicht
nur um eine reine Verlagerung handelt, sprechen zum einen das
diffluente Strömungsmuster in größeren Höhen und zum anderen der
Entstehungsort unmittelbar nördlich der Alpen, sodass bei einer
kurzzeitig südlichen Anströmung auch Lee-Effekte eine Rolle spielen
können. Mit der südlichen Anströmung wird warme, zugleich aber auch
sehr feuchte Luft in den Osten und Südosten Deutschlands geführt. Dabei
sind am Nachmittag im Süden Bayerns zum Teil kräftige Gewitter möglich,
die in Anbetracht der rasch nachrückenden Kaltfront und infolge großer
Luftdruckgegensätze auf engem Raum örtlich mit Sturm- oder noch
stärkeren Böen einhergehen können. Gegen Abend kommt - bereits
rückseitig der Bodenfront - von der Schweiz her kräftiger Regen auf. Am
Mittwoch und Donnerstag zieht das dann tatsächlich als solches in
Erscheinung tretende Höhentief an der Südostflanke des Trogkomplexes
über die Zentral- und Ostalpen zum südöstlichen Mitteleuropa und von
dort aus am Freitag nach Polen. Das Bodentief hat den kürzeren Weg und
gelangt bereits am Mittwochmorgen an der tschechisch-polnischen Grenze
an, wo es bis Donnerstagabend eine quasistationäre Lage einnehmen soll.
Von Südosteuropa her wird warme und sehr feuchte Luft im
Gegenuhrzeigersinn um den Tiefkern herum nach Westen und Süden geführt.
Bedingt durch einen starken Luftdruckgradienten an der Ostflanke des
Tiefs - im Osten Bayerns, in Sachsen und im Westen Tschechiens sind am
Donnerstag, in Brandenburg sowie in Teilen Polens nach derzeitigem
Stand vor allem Freitag mitunter Sturmböen zu erwarten - fallen die
daraus resultierende Warmluftadvektion und die damit verbundenen
großräumigen Hebungsantriebe entsprechend intensiv aus. Große
Regenmengen und Überschwemmungen wären die Folge; allerdings sei
betont, dass solche Entwicklungen - in ihrem Grundmuster der Lage des
Elbe-Hochwassers 2002 und weiterer Hochwasserereignisse in den neuen
Bundesländern durchaus ähnlich - einige Tage im Voraus von den
Wettermodellen nur mit einer relativ großen Unsicherheit simuliert
werden können und für eine konkrete Vorhersage noch ein oder zwei Tage
abgewartet werden müssen. Die Westhälfte der Bundesrepublik tangiert
dies alles nur am Rande, hier gehen in einer schwach labil
geschichteten Luftmasse jeweils an den Nachmittagen einige Schauer und
Gewitter nieder.
Die genaue Zugbahn und in erster Linie die Verlagerungsgeschwindigkeit
des Tiefs werden letztendlich entscheidende Faktoren in Bezug auf die
mögliche Starkregenlage im Osten Deutschlands und im östlichen
Mitteleuropa darstellen. Bis zum Wochenende scheint sich die Zyklone
über dem südskandinavischen Raum festsetzen zu wollen, unterdessen der
Höhentrogkomplex von Westen und Nordwesten her regeneriert wird und
erhalten bleibt. An der Südwestflanke des immer noch kräftigen Tiefs
stößt dann voraussichtlich ein neuer Schwall kalter Meeresluft polaren
Ursprungs nach Mitteleuropa vor.
|