Einem modernen Malkunstwerk gleichen dieser Tage die mitteleuropäischen
Niederschlagsradarbilder, die je nach zugrunde liegender Farbgebung vor
allem nachmittags und früh abends mehr oder weniger gleichmäßig
verteilt mit bunten Tupfern und Klecksen aufwarten. Sie illustrieren
schön das Resultat einer typischen schwülwarmen Sommerwetterlage mit
ausgiebiger konvektiver Aktivität in Form von einzelnen Gewitterzellen,
zusammenhängenden Gewitterclustern und Starkregengebieten. Gleichzeitig
zeigen sie jedoch auch das meteorologische Problem einer solchen
Situation auf, denn selbst am Vormittag desselben Tages lassen sich
allenfalls regionale Gewitterschwerpunkte, nicht aber genaue
Lokalitäten oder Orte vorhersagen, wo es wenige Stunden später zu
Starkregen und dergleichen kommen und wo es im Gegenzug trocken bleiben
wird. So bekamen viele Gebiete in Deutschland am Wochenende nur wenige
Tropfen, einige Stationen dagegen große Regenmengen ab. In Alsfeld-Eifa
in Hessen fielen am Sonntag 55 mm binnen einer Stunde, das
nordrhein-westfälische Lennestadt-Theten verzeichnete zwischen Sonntag-
und Montagfrüh 83 mm. Solche Mengen ziehen beinahe schon zwangsläufig
überschwemmte Straßen und Keller nach sich, entsprechend gehäuft wurde
darüber in den Medien berichtet. Neben Starkregen traten einigerorts
auch Hagel mit Korngrößen bis etwa 3 cm im Durchmesser und Sturmböen
auf.
Um verbreitet solch kräftige Gewitter auszulösen, braucht es eine
feuchtwarme Luftmasse zum einen und schwache Luftdruckgegensätze -
möglichst im Bereich einer flachen Tiefdruckrinne - zum anderen. Beide
Voraussetzungen sind seit Freitag vergangener Woche im Süden, seit
Sonntag auch im Norden Deutschlands gegeben. Die Tiefdruckrinne,
zunächst west-ost-orientiert, hat sich am Sonntag vom Süden in den
Norden verlagert und nimmt am Montagabend eine mehr meridionale - also
nord-süd-ausgerichtete - Lage ein. Das ganze spielt sich auf der
Vorderseite eines mächtigen ostatlantischen beziehungsweise
westeuropäischen Höhentroges ab, dessen Achse etwa von Spitzbergen über
Jan Mayen und Island sowie über Irland und Portugal nach Süden
verläuft. War über dem östlichen Mitteleuropa bislang hohes
Geopotential bestimmend, so hat sich der schwache Rücken am Montag
etwas nach Osten verschoben. Entsprechend können auf der Vorderseite
des Troges einzelne kurzwellige Anteile nordostwärts schwenken und die
Gewittertätigkeit zeit- und gebietsweise verstärken. Am Montagvormittag
war es ein Randtrog über Nordostitalien, der großen Teilen
Baden-Württembergs schauerartigen und gebietsweise gewittrigen Regen
gebracht hat. Es handelte sich im Übrigen um das ehemalige Höhentief,
das im Zuge der letzten Kaltfrontpassage am vergangenen Dienstag über
Frankreich südwärts gewandert ist und seither über dem westlichen
Mittelmeerraum verweilte - manch einer mag sich vielleicht erinnern. Im
Raum Karlsruhe kamen dabei immerhin bis zu 11 mm nichtgewittriger Regen
zusammen. In der Nacht zum Dienstag zieht der Randtrog über Süd- und
Ostdeutschland hinweg und später Richtung Polen. In seiner Spur drohen
vor allem Ostbayern, Thüringen, Sachsen und Brandenburg unwetterartige
Starkregenfälle. Dahinter beruhigt sich das Geschehen vorübergehend,
ehe am Nachmittag von Südwesten her neue Schauer und Gewitter auf weite
Landesteile übergreifen. Sie lassen sich einem ebenfalls flachen
Bodentief zuordnen, das als "Anhängsel" des dem Höhentrog unterlegenen
Zentraltiefs über den Britischen Inseln betrachtet werden kann.
Zusätzliche dynamische Hebungsantriebe liefert zum Abend hin ein
weiterer, von Südwesten nahender Randtrog. Dieser schwenkt am Mittwoch
über Deutschland hinweg nach Norden und trägt entscheidend zur
Entwicklung einer aus dem Randtief hervorgehenden Zyklone bei, die
parallel über die östlichen Bundesländer nordwärts zieht. Wie kräftig
sich diese letztendlich intensivieren wird, muss abgewartet werden;
allerdings lässt sich für die Mitte und die Nordosthälfte in der
zweiten Tageshälfte und in der Nacht zum Donnerstag ein erhöhtes
Unwetterrisiko konstatieren.
Das eventuell auftretende, gewittrige Starkniederschlagsgebiet bildet
den Abschluss der unwetterträchtigen Wetterlage, die mit der Passage
der Kaltfront des britischen Tiefs ein Ende findet. Dahinter wird am
Mittwochfrüh bereits im Westen, bis spätestens Donnerstagnacht auch im
Osten die feuchtwarme durch kühlere und insgesamt trockenere Luft
ersetzt. Allerdings verbleiben West- und Mitteleuropa auf der
Vorderseite des sich zu einem ausgeprägten Höhentief mit Zentrum
nördlich von Schottland umwandelnden Höhentroges unter zyklonalem
Einfluss, sodass sich auch die folgenden Tage unbeständig gestalten.
Dabei deuten sich für das Pfingstwochenende wieder gebietsweise
kräftige Regenfälle an.
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