Ergiebige Regenfälle bis in die Gipfellagen der Mittelgebirge und das
weitere Abtauen der dort örtlich noch vorhandenen Schneedecke haben
seit Mittwochabend vor allem in Teilen Süddeutschlands die
Hochwassersituation erneut verschärft. Besonders intensiv regnete es an
den Westhängen des Nordschwarzwaldes (z. B. Baiersbronn-Ruhestein 70
mm), im Nordstau der Alpen (z. B. Reit im Winkl 52 mm) und in einem
Streifen vom Neckar-Odenwald- bis zum Rems-Murr-Kreis (z. B. Welzheim
77 mm). Die Werte stellen 24-stündige Niederschlagsmengen bis
Donnerstag, 17 bzw. 18 Uhr MEZ dar. So verwundert es wenig, dass
speziell im nordöstlichen Baden-Württemberg und im nördlichen Bayern
starke Pegelanstiege zu beobachten waren. An einzelnen Pegeln von Rems
und Murr wurden 50-jährliche Hochwasserstände erreicht.
Mit Nachlassen der Regenfälle beruhigt sich die Lage ab Freitag
zumindest aus meteorologischer Sicht. Die Niederschläge waren
beziehungsweise sind gekoppelt an das verflochtene Frontensystem eines
kräftigen nordatlantischen Tiefdruckgebietes mit Zentrum südwestlich
von Island und einem zugehörigen Teiltief mit Kern über der Nordsee. In
erster Linie massive und anhaltende Warmluftadvektion führte - und
führt am Donnerstagabend noch immer - zu großräumigen Hebungsvorgängen
und daraus resultierend zu den verbreitet auftretenden Regenfällen. Die
wenig ausgeprägte Kaltfront des Teiltiefs dringt in der Nacht zum
Freitag lediglich in den äußersten Norden Deutschlands vor und wird
dann bereits wieder als Warmfront einer Wellenentwicklung über dem
Süden Englands nach Nordosten rückläufig. Während sich das
angesprochene Teiltief am Freitag auflöst, intensiviert sich die Welle
zu einem neuen Teiltief und nimmt vorübergehend den Platz seines
Vorgängers ein. Anders als dieser zieht das neu entstandene Teiltief
jedoch in der Nacht zum Samstag und am Samstag über Skagerrak und
Kattegat hinweg zur Ostsee und schließlich weiter nach Nordpolen und in
den osteuropäischen Raum. Entsprechend der recht großen
Verlagerungsgeschwindigkeit überquert seine Kaltfront die komplette
Nordhälfte Deutschlands zwischen Freitagabend und Samstagfrüh. Nach
Süden hin geht die Passage etwas langsamer vonstatten, ist bis
Samstagnachmittag aber auch dort abgeschlossen. Im Bereich der
Kaltfront fällt verbreitet etwas Regen, die Mengen können allerdings
bei Weitem nicht mit denen der vergangenen 24 Stunden mithalten und
tragen nur noch unwesentlich zur Hochwasserproblematik bei. Hinter der
Kaltfront strömt vorübergehend zwar etwas kältere Meeresluft ein, das
Attribut "kalt" wäre an dieser Stelle jedoch deplatziert. Sie gerät im
Süden Deutschlands unter den Einfluss eines sich dort schon am Freitag
kurzzeitig bemerkbar machenden Hochs über Südeuropa.
Im Norden dagegen ist die Wetterberuhigung von kurzer Dauer, dort
bringt die Warmfront eines neuen, kräftigen Tiefs über dem
Nordatlantik, das mit dem aktuell sich bei Island befindlichen Tief ein
umfangreiches Tiefdrucksystem mit mehreren Zentren ausbildet, schon am
Samstagnachmittag wieder Regen - und nachfolgend sehr milde Luft. Die
in eine kräftige südwestliche Strömung eingebettete Kaltfront greift am
Sonntag langsam von Nordwesten her auf Deutschland über, erreicht den
Süden voraussichtlich aber erst am Dienstag. Dahinter setzt sich
zögerlich kältere Luft durch.
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