Starke Schneefälle, Regen bis in die Hochlagen, Überschwemmungen und
Hochwasser sowie frühlingshaft anmutende Temperaturen - das Wetter der
vergangenen Tage bot Teilen West- und Mitteleuropas zum einen erneut
spannende Unterhaltung, sorgte andererseits aber auch einmal mehr für
große Probleme auf den Verkehrswegen zu Lande und in der Luft. In
Punkto Niederschlag fand sich der Südwesten Deutschlands auf den
Hitlisten ganz vorne - nirgendwo fiel in Deutschland am Mittwoch mehr
Regen als in Baden-Baden-Geroldsau (34 mm) und in Rheinstetten bei
Karlsruhe (33 mm). An letzterem Standort konnten seit Sonntagmorgen
insgesamt 70 mm registriert werden. Ein Blick auf die Schneehöhen von
Donnerstagmorgen verrät jedoch, dass der Niederschlag hier fast
ausschließlich in flüssiger Form niederging; gerade einmal 1 cm
frisches Weiß überdeckte die Landschaft. Zum Vergleich: Das
südhessische Darmstadt, sonst auch nicht unbedingt mit dem Begriff
"Winterhochburg" assoziiert, meldete satte 20 cm. Richtiggehend mild
wurde es am Mittwoch ganz im Süden, am mildesten in München/Stadt mit
+15,4 und in Müllheim bei Freiburg mit +14,9 Grad.
Inzwischen wurde die milde Luft bis über die Alpen nach Süden
abgedrängt und in ganz Mitteleuropa durch kalte Luft polaren Ursprungs
ersetzt. Diese konnte sich auf ihrem Weg über die Nordsee in den
unteren Schichten jedoch stark erwärmen, sodass der Donnerstag der
Westhälfte Deutschlands meist leichte Plusgrade bescherte. Die massive
Kaltluftadvektion hatte die Intensivierung eines bereits vorhandenen
Höhentroges zur Folge, der mit seiner Achse im Tagesverlauf rasch über
das Bundesgebiet hinweg ostwärts schwenkte. Über Nordostdeutschland
wurden in etwa 5,5 Kilometern Höhe Temperaturen von -42 Grad
analysiert; ein äußerst niedriger Wert, der im Winterhalbjahr selbst in
hohen Breiten ziemlich weit unten anzusiedeln ist. Entsprechend der
daraus resultierenden labilen Schichtung traten verbreitet
Schneeschauer, nicht unerwartet vereinzelt auch kurze Wintergewitter
auf. Auf der Trogrückseite hat sich im Übergangsbereich zu einem
Höhenhoch westlich der Britischen Inseln eine lebhafte Nordwestströmung
eingestellt, und auch im Bodendruckniveau lässt sich zwischen einem
kräftigen Tief über dem Baltikum und einer zu dem Höhenhoch
korrespondierenden Antizyklone eine solche diagnostizieren. Das Hoch
vor Westeuropa wirkt jedoch nicht als klassische Blockade, sondern im
übertragenen Sinne eher als "Umleitungsschild" für die von Labrador und
Südgrönland nahenden Tiefs. Diese müssen nach Norden über Island
ausweichen, rutschen mit der nordwestlichen Strömung dann aber Richtung
Südskandinavien und zur Ostsee und beeinflussen somit schließlich doch
auch das Wetter in Mitteleuropa mit feuchter und milder Luft. Bereits
in der Nacht zum Freitag greift auf diese Weise die Warmfront eines
Tiefs mit Zentrum bei Jan Mayen auf den Westen Deutschlands über, wobei
sich an der Front selbst eine Wellenentwicklung abzeichnet. Ausgeprägte
Warmluftadvektion mündet in großräumigen Hebungsvorgängen und der
Ausbildung eines diagonal nach Südosten ausgerichteten
Niederschlagsstreifens, der sich zunächst kaum in die ein oder andere
Richtung bewegt. Dabei schneit es gebietsweise kräftig. Tagsüber
verlagert sich dieser Streifen unter Abschwächung nach
Baden-Württemberg und Bayern, während den Nordwesten eine weitere
Warmfront erreicht. Sie gehört zu einem Randtief des erwähnten Tiefs
bei Jan Mayen und leitet eine deutliche Milderung ein. Mit einem
auffrischenden Westwind gehen die verbreitet aufkommenden Niederschläge
im Norden ziemlich zügig in Regen über, nach Südosten hin fällt
zunächst ein wenig Schnee. Zum Abend und in der Nacht zum Samstag
bildet sich - und da spielen neben einem kurzwelligen Höhentrog
wahrscheinlich auch wieder Lee-Effekte am südskandinavischen Gebirge
eine entscheidende Rolle - über dem Kattegat ein kräftiges Teiltief
aus, das bis Samstagabend über die südliche Ostsee nach Nordpolen
zieht. Damit einher geht eine deutliche Gradientverschärfung, was in
der Nordhälfte Deutschlands mit verbreitet stürmischen Böen und
Sturmböen, auf den Gipfeln von Harz, Erzgebirge und Thüringer Wald mit
schweren Sturm- und Orkanböen inklusive Schneeverwehungen verbunden ist.
Zum Sonntag verschiebt das westeuropäische Hoch seinen Schwerpunkt
etwas nach Norden und weitet sich bis nach Südnorwegen aus. An seiner
Südostflanke kommt im Zusammenwirken mit dem sich abschwächenden Tief
über Osteuropa über Mitteleuropa eine nordöstliche Strömung in Gang,
mit der wieder zunehmend kältere, ab Montag kontinentale Polarluft nach
Deutschland gelangt. Dies leitet eine neue bundesweite
Dauerfrostperiode und eine hochwinterliche neue Woche ein.
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