Kräftige Regenfälle beschäftigen seit Samstag - nicht zum ersten Mal in
diesem Jahr - die Osthälfte Deutschlands. Wenngleich keine allzu
dramatischen Niederschlagsmengen zu verzeichnen sind und bislang
lediglich kleinere Überschwemmungen auftraten, muss das noch bis
Dienstag anhaltende Ereignis dennoch mit entsprechender Aufmerksamkeit
verfolgt werden. Immerhin fielen von Samstag- bis Montagfrüh, also in
einem Zeitraum von 48 Stunden, in Teilen Sachsens, Sachsen-Anhalts und
Brandenburgs verbreitet um 50 mm Regen, speziell im Erzgebirge auch
deutlich mehr (z. B. Zinnwald 81 mm).
Die dafür verantwortliche großräumige Wettersituation stellt sich
gleichsam interessant wie komplex dar. Dem ganzen vor stand ein ehemals
zusammenhängender Höhentrog, der im Laufe des Wochenendes zwei
Abtropfungsprozessen unterworfen war. Die daraus resultierenden
Höhentiefs positionierten sich zunächst über Norditalien und
Benelux/Nordostfrankreich. Aus einer bereits vorhandenen Rinne am Boden
kristallisierte sich unter dem Einfluss von Ersterem ein
Tiefdruckgebiet heraus, das eine Zugbahn über das südöstliche und
östliche Mitteleuropa nach Norden verfolgte und am Montagabend mit
seinem Zentrum über dem Norden Polens liegt. Es bewegte sich entlang
einer Luftmassengrenze - jener Kaltfront, die Deutschland am
vergangenen Freitag mit mancherorts kräftigen Gewittern nach Osten hin
überquerte - und schob diese teilweise wieder nach Westen. Dort wurde
sie in ihrem Nordteil in die Zirkulation eines dem nordwestlichen
Höhentief unterlegenen Bodentiefs einbezogen und quasi als Okklusion
rückwärtig um dessen Kern gewunden. In erster Linie das Aufgleiten von
Warmluft in höheren Schichten der Troposphäre auf bodennah kühlere Luft
ließ ein entlang der Front ausgerichtetes, von Nordwest nach Südost
über die Nordhälfte Deutschlands orientiertes Regenband entstehen. Es
erstreckt sich am Montagabend quer über die Mitte des Landes und
verlagert sich - zum einen auf der Rückseite des nordpolnischen Tiefs,
andererseits durch das sich auflösende Tief über Frankreich und an der
Ostflanke eines an dessen Stelle tretenden Hochdruckkeils - nach Süden.
Dabei schwächt es sich vor allem nach Westen hin zusehends ab, womit
der meiste Regen am Dienstag Richtung Thüringer, Oberpfälzer und
Bayerischer Wald zu erwarten ist und im Süden Baden-Württembergs und
Bayerns nur noch wenig davon ankommt. Doch auch in den westlichen
Teilen Deutschlands bleibt die Höhenströmung im weiteren Umfeld des zu
den Westalpen ziehenden, ex-französischen Höhentiefs zyklonal geprägt,
sodass trotz steigenden Luftdruckes am Boden zunächst viele Wolken die
Oberhand behalten.
Dies ändert sich am Mittwoch, wenn das polnische Tief samt
Höhentiefkomplex nach Nordosten beziehungsweise Osten abziehen und Raum
für einen von Südwesteuropa bis nach Spitzbergen reichenden Rücken
schaffen. Großräumiges Absinken auf dessen Vorderseite lässt den
Luftdruck am Boden über Mitteleuropa weiter steigen, wodurch eine
brückenartige Verbindung zwischen einem atlantischen und einem
südskandinavischen Hoch entsteht. Diese weist jedoch nur eine geringe
Haltbarkeitsdauer auf, denn schon am späten Mittwochabend greift ein
Ausläufer eines kräftigen Tiefdrucksystems über dem Nordatlantik auf
den Westen Deutschlands über. Dieses gestaltet den weiteren Verlauf
Richtung Wochenende unbeständig, mit einer vorderseitig auf Südwest
drehenden Strömung aber recht mild.
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