Hitze und Gewitter werden dieser Tage nicht nur in den Wetterberichten
am Rande diskutiert, sondern finden ob ihrer Andauer und teilweise
extremen Ausprägung auch Eingang in die Schlagzeilen großer
Nachrichtenmagazine. In Anbetracht der Probleme mit den Klimaanlagen
bei der Deutschen Bahn mag die eigentlich treffende Überschrift
"Sommerwetter in vollen Zügen" vielleicht ein wenig zynisch klingen,
doch in der Tat erlebt Deutschland den heißesten Witterungsabschnitt
seit einigen Jahren. Momentan befindet sich der diesjährige Juli gar
auf Rekordkurs und könnte am Ende - eine Fortdauer der Hitze
vorausgesetzt - den "Sommermärchen-Juli" 2006 toppen.
Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, und abgesehen von den neuen
Bundesländern sind zumindest in den kommenden Tagen extreme
Temperaturen von +35 Grad plus x nicht mehr zu erwarten. Diese traten
am gestrigen Mittwoch vor allem am Oberrhein auf, wo Waghäusel-Kirrlach
und die ehemalige Station des Deutschen Wetterdienstes in der
Karlsruher Hertzstraße mit jeweils +37,1 Grad die Spitzenplatzierungen
in der Hitliste der Höchsttemperaturen einnehmen konnten. Am Abend
überquerte dann eine in dieser Ausdehnung selten zu beobachtende, ohne
Unterbrechung von den Niederlanden bis zur Schweiz reichende
Gewitterlinie die Westhälfte Deutschlands. Aufgrund ihrer recht hohen
Verlagerungsgeschwindigkeit standen dabei eher heftige Böen und weniger
große Regenmengen im Fokus der Unwettertätigkeit, wie auch verbreitet
gemessene Sturm- und örtlich registrierte Orkanböen zeigen.
Rheinstetten kam mit einer Spitzenböe von 72 km/h noch recht glimpflich
davon, während beispielsweise am Flughafen Niederrhein bei Weeze mit
120 km/h volle Orkanstärke erreicht wurde. Entsprechende Schäden,
leider auch mehrere Verletzte und mindestens drei Tote in Frankreich,
Benelux und im Westen Deutschlands waren die Folge.
Die Gewitterlinie formierte sich im Vorfeld der Kaltfront eines
kräftigen Tiefdruckgebietes mit Zentrum über den Britischen Inseln, die
große Teile Deutschlands in der Nacht in kaum noch wetteraktiver Art
und Weise passierte. Dahinter strömt nun deutlich kühlere, aber noch
immer mäßig warme Luft heran, die die extrem heiße Subtropikluft nach
Ost- und Südosteuropa abdrängt. Am deutlichsten geschieht dies in der
Nordwesthälfte, im Süden Baden-Württembergs und Bayerns dagegen
vollzieht sich der Luftmassenwechsel nur zögerlich oder zum Teil
überhaupt nicht. Dort sowie im Umfeld der Front, die sich am
Donnerstagnachmittag diagonal von Sachsen bis zum Bodensee erstreckt,
entwickeln sich weitere Schauer und Gewitter. Sonst hat sich das
Wettergeschehen unter schwachem Zwischenhocheinfluss in der postfrontal
deutlich stabiler geschichteten Luftmasse beruhigt. Doch auf der
Vorderseite des quasistationär positionierten Tiefs, dem ein
umfangreiches, den kompletten Nordatlantik überspannendes Höhentief
überlagert ist, bleibt eine südwestliche Grundströmung erhalten.
Vorderseitig eines auf dessen Südseite ostwärts schwenkenden Randtroges
bekommt diese zum Freitag und Samstag eine zusätzliche südliche
Komponente, sodass die Luftmassengrenze zum Teil wieder nach Norden
rückläufig wird und erneut sehr warme bis heiße - aber nur nach Osten
hin auch recht feuchte - Luft weite Gebiete Deutschlands erfassen kann.
Zu dem Randtrog korrespondiert am Boden ein Randtief, das über Irland
und die Mitte Englands zur Nordsee zieht. Seine Kaltfront greift
bereits am Freitagabend auf den Nordwesten Deutschlands über und kommt
bis Samstagabend nach Ostdeutschland voran. In ihrem Vorfeld sind
besonders dort wiederum heftige Gewitter möglich, während in der
Westhälfte massive Kaltluftadvektion in den unteren Schichten der
Troposphäre für eine Stabilisierung sorgt und in der zudem trockeneren
Luft kaum unwetterartige Entwicklungen zulässt.
Hinter Kaltfront und Randtrog setzt sich zum Sonntag im ganzen Land -
einmal mehr muss in diesem Zusammenhang aber von dem Adverb
"vorübergehend" Gebrauch gemacht werden - deutlich kühlere Luft durch.
Unter dem Einfluss eines weit nach Osten vorstoßenden Azorenhochkeils
erwärmt sich diese dennoch meist auf sommerliche Werte. Zu Beginn der
neuen Woche etabliert sich über dem Nordatlantik ein neuer
Langwellentrog, an dessen Ostflanke sich abermals äußerst warme bis
heiße Luft aus niederen Breiten auf den Weg nach Mitteleuropa macht.
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