Reichlich Spektakuläres bietet die frühsommerliche Atmosphäre in diesen
Tagen Teilen Mitteleuropas an. Höchsttemperaturen jenseits der
+30-Grad-Marke, Föhnsturm in den Alpen und schwere Gewitter vor allem
im Osten Frankreichs und im Westen Deutschlands waren beispielsweise am
gestrigen Mittwoch zu beobachten. Allein in Mannheim entstand am Abend
infolge zweier heftiger, im Abstand von etwa zwei Stunden über das
Stadtgebiet hinwegziehender Gewitter durch Sturm und Überflutungen
Schaden in Millionenhöhe. Innerhalb von zwölf Stunden fielen 45 mm
Regen, davon rund die Hälfte binnen einer Stunde. In Landau in der
Vorderpfalz wurden Hagelkörner mit Größen bis 3 cm im Durchmesser
beobachtet, in Wörth schwere Sturmböen bis 100 km/h gemessen. Im
Karlsruher Stadtgebiet konnten immerhin noch Böen bis 85 km/h und um 15
mm Niederschlag verzeichnet werden. Bereits am Nachmittag richteten in
Nordrhein-Westfalen zwei Tornados erhebliche Schäden an.
Seit Dienstag hat sich über Westeuropa ein langwelliger Höhentrog
etabliert, der am Donnerstagnachmittag ein hochreichendes Tief mit
Zentrum über der spanischen Biskayaküste beherbergt. Bei genauerer
Betrachtung handelt es sich um zwei separate Höhentiefkerne über
Nordspanien und dem portugiesischen Seegebiet, die um einen gemeinsamen
Schwerpunkt kreisen. Das Bodentief trägt den Namen "Doris", wobei
dieses eigentlich bereits am Dienstag bei den Britischen Inseln
analysiert wurde und sich am Mittwoch auflöste. Das aktuell vorhandene
Tief dagegen entwickelte sich am Dienstag aus einer Frontalwelle über
dem östlichen Nordatlantik. Nichtsdestotrotz bestimmt dieses
umfangreiche Gebilde das Wettergeschehen in weiten Teilen West- und
Mitteleuropas. Auf seiner Vorderseite wird mit einer südlichen Strömung
sehr warme bis heiße Luft subtropischen Ursprungs auf direktem Wege aus
Nordafrika über das westliche Mittelmeer nach Mitteleuropa geführt,
wobei der Höhepunkt der Hitzewelle in den östlichen und südöstlichen
Regionen - sprich Österreich, östlicher Alpenraum, Tschechien - am
Freitag erreicht wird. Dann sind in Niederösterreich rund um Wien
Höchsttemperaturen über +35 Grad und damit örtlich neue Rekordwerte für
Anfang Juni zu erwarten. Im Alpenvorland hat sich kräftiger Föhn
eingestellt; in den dafür bekannten Ortschaften in der Schweiz (Glarus)
und Liechtenstein (Vaduz) wurde es in der Nacht zum Donnerstag nicht
kälter als +24 Grad, sofern man dies als "kalt" bezeichnen will. Von
der kräftigen Warmluftadvektion profitiert derweil hauptsächlich die
Osthälfte Deutschlands, wo infolgedessen ein sich über den zentralen
Mittelmeerraum nach Osteuropa erstreckender Rücken eine sekundäre Achse
ausgebildet hat und somit großräumiges Absinken herrscht. Dadurch
werden trotz der potentiell stark labil geschichteten Heißluft größere
konvektive Umlagerungen häufig unterdrückt. In Alpennähe fehlt aufgrund
des trockenen Föhns zudem die zur Bildung von Schauern und Gewittern
notwendige Feuchtigkeit. Anders die Situation in den westlichen
Landesteilen, wo an der Ostflanke des Trog-/Tiefdruckkomplexes über
Westeuropa nach Norden ablaufende Randtröge das nötige Salz in die
schwülwarme Suppe streuen. Ein solcher war bereits am Mittwochabend
Auslöser für die unwetterartigen Entwicklungen im Südwesten und Westen,
am Donnerstagabend und in der Nacht zum Freitag folgt diesem ein
weiterer kurzwelliger Anteil nach. Zusammen mit einem sich im Südwesten
formierenden, flachen Tief sind bei ganz ähnlichen Verhältnissen wie am
Vortag die Voraussetzungen für kräftige und örtlich erneut
unwetterartige Ausmaße annehmende Gewitter einmal mehr gegeben. Einzig
die unteren Schichten der Troposphäre weisen einen nicht ganz so hohen
Feuchtegehalt wie noch am Mittwoch auf.
In der Nacht zum Freitag und am Freitag selbst ändert das hochreichende
Tief im Westen seine Position kaum. Mit dem durchschwenkenden Randtrog
allerdings kommt die zugehörige Kaltfront beschleunigt nach Osten voran
und überquert bis zum Tagesende die meisten Regionen Deutschlands.
Damit wird die sehr warme bis heiße subtropische Luftmasse nach Osten
und Südosten abgedrängt; Reste davon halten sich zunächst noch in
Teilen Brandenburgs, Sachsens und Bayerns. Unterdessen weitet sich ein
neuer Höhentrog vom Nordmeer in Richtung Skandinavien aus mit einem
unter seiner Vorderseite im Bereich Schweden/Finnland entstehenden,
kräftigen Tief. Dessen Kaltfront dringt am Samstag in den Nordwesten
Deutschlands vor und erreicht bis zum Abend etwa die Mitte. Dahinter
strömt deutlich kühlere Meeresluft, zum Sonntag in den gesamten Norden
sogar ein Schwall Kaltluft polaren Ursprungs ein. Nach Süden hin macht
die Front dagegen kaum noch an Boden gut und verharrt voraussichtlich
quer ausgerichtet über der Mitte. Die Gebiete südlich davon -
hauptsächlich also Baden-Württemberg und Bayern - verbleiben in zwar
ebenfalls deutlich kühlerer, aber noch immer mäßig warmer und vor allem
feuchter Luft mit Neigung zu teilweise kräftigen Schauern und Gewittern.
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