... ist in Mitteleuropa kein Ding der Unmöglichkeit, aber ein doch
außergewöhnliches Wetterereignis, sofern man die alpinen Hochlagen
außer Acht lässt. Eine kalte Luftmasse reicht hierfür kaum aus;
kräftige Niederschläge müssen der Luft durch Schmelz- und
Verdunstungsprozesse zusätzlich Energie in Form von Wärme entziehen,
damit statt Tropfen Flocken fallen können. Dies passierte am Dienstag
und Mittwoch in Teilen Süd- und Mittelfrankreichs, sodass selbst in
Carcassonne - etwa 100 Kilometer südöstlich von Toulouse auf nur 130
Meter Höhe gelegen - vorübergehend mäßiger Schneefall beobachtet wurde.
Es waren dort die spätesten Schneefälle seit Beginn der Aufzeichnungen.
Hierzulande sank die Schneefallgrenze nicht ganz so tief, immerhin aber
präsentierten sich am heutigen Donnerstag höhere Mittelgebirgslagen wie
der Brocken im Harz und der Schwarzwald in kaltem Frühlingsweiß -
Freudenstadt meldete am Abend 2 cm.
Die intensiven Niederschläge - an der Alpensüdseite fielen bis
Donnerstagfrüh innerhalb von 48 Stunden örtlich knapp 100 mm - steuerte
ein kräftiges Tiefdruckgebiet bei, das sich am Montag über dem
westlichen Mittelmeerraum gebildet hatte. Das korrespondierende
Höhentief lenkte in höheren Schichten in großem Bogen mit reichlich
Feuchtigkeit vollgesogene Mittelmeerluft nach Südwesteuropa und über
die Alpen, während an der Nordflanke von "Ulrike" - so der Name des
Bodentiefs - von Nordosten her kühle Luft einströmte. Das Aufgleiten
der feuchtwarmen Luft auf die Kaltluftschicht hatte großräumige
Hebungsprozesse und daraus resultierend verbreitete Regen- und eben
Schneefälle zur Folge. Während "Ulrike" damit hauptsächlich
Südfrankreich und Norditalien versorgte, entstand am Mittwoch noch
südlich der Alpen ein neues Tief, "Valeska". Dieses zeichnet für die
Niederschläge am Donnerstag verantwortlich und liegt am Abend mit
seinem Zentrum an der Grenze zwischen Tschechien und Polen. Anhaltende
Warmluftadvektion an der Nordwestflanke des Tiefs lässt es insbesondere
im Norden Deutschlands noch kräftig regnen, während die Niederschläge
im Südwesten allmählich weniger werden. Von der Mitte Tschechiens bis
in den Süden Sachsens, wo sich die Warmluft auch am Boden bemerkbar
macht, entwickelten sich zum Teil kräftige Schauer und Gewitter. Bis
Freitagmittag schlägt "Valeska" einen nordwestlichen Kurs ein und
steuert auf den Norden Deutschlands zu, schwächt sich dabei aber ab.
Das Höhentief spaltet sich in zwei separate Anteile auf, wobei ein Part
unmittelbar über Deutschland zur Nordsee und der andere Teil über
Osteuropa Richtung Ostsee zieht. Dies alles geschieht innerhalb eines
umfangreichen Langwellentroges, der von der Barentssee bis zur
nordafrikanischen Küste reicht. Ein weiteres, von der Südspitze
Norwegens südwestwärts zu den Britischen Inseln wanderndes Höhentief
regeneriert diesen Trog und weitet ihn nach Westen aus. Zusammen mit
dem Höhentief über der Nordsee, das es in seine Zirkulation einbezieht,
wird es am Samstag vorübergehend zum prägenden Gebilde auf den
europäischen Wetterkarten. Deutschland gerät unter seine Vorderseite,
womit zumindest in den Süden allmählich wieder wärmere, aber nach wie
vor feuchte Luft gelangt. Diese ist leicht labil geschichtet, sodass
hier im Tagesverlauf einzelne Schauer und Gewitter zu erwarten sind.
Dagegen verbleibt der Norden am Rande einer nordeuropäischen
Hochdruckzone in der kalten Luft; schwache Warmluftadvektion respektive
die um den dann kaum noch auszumachenden Kern von "Valeska" gewundene
und quasistationär in diesem Bereich verweilende Okklusion bringen dort
noch viele Wolken und letzten Regen.
Zum Sonntag übernimmt ein neues, kräftiges Höhentief, das sich vom
Eismeer südwärts verlagert, die bestimmende Rolle innerhalb des neu
formierten Langwellentroges ein. Es integriert das westeuropäische
Höhentief, das um seine Südflanke zunächst noch ein Bodentief über den
Norden Spaniens und Frankreich hinweg führt. Dieses überquert im
weiteren Verlauf voraussichtlich auch Deutschland entlang der Grenze
zwischen der kühlen Luft im Nordwesten und der warmen Luft im Südosten.
Damit stehen für den Beginn der kommenden Woche neue und teilweise
kräftige Regenfälle in Aussicht.
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