Auch wenn es vielleicht der eine oder die andere nicht mehr lesen mag -
so kann, muss oder darf - je nachdem - an dieser Stelle über weitere
Höchstleistungen des Winters 2009/10 berichtet werden. Diese fanden in
den vergangenen Tagen im Süden Europas statt, wo die Gebiete rund um
das nördliche Mittelmeer von Nordostspanien bis zur Balkanhalbinsel
eingeschneit wurden. Verantwortlich war Tief "Andrea", das zu
Wochenbeginn vor der ostspanischen Küste entstand und bis
Donnerstagfrüh zur nördlichen Adria zog. Es bezog feuchte
Mittelmeerluft zum einen und die bereits am vergangenen Wochenende
hinter Schneetief "Yve" nach Mittel- und Westeuropa geflossene
Polarluft andererseits in seine Zirkulation ein; eine Mischung, die in
den gebirgigen Regionen Italiens und Südosteuropas für über einen
halben Meter Neuschnee gut war. Den spektakulärsten Wert bot bereits am
Montag das südfranzösische Perpignan am Mittelmeer - ein Ort, der im
gesamten Winter im Mittel nur 2,5 Schneetage zu erwarten hat. An diesem
Montag jedoch fielen dort innerhalb von neun Stunden sensationelle 25
cm Neuschnee.
Ein Teil der feuchten Luft von "Andrea", die am Mittwochvormittag sogar
am Flughafen in Palma auf Mallorca einige Flocken rieseln ließ,
schwappte in der Nacht zum Donnerstag über die Alpen nordwärts und
brachte auch Süddeutschland einige Zentimeter Neuschnee. In besonderem
Maße profitierte davon Mittel- und Südbaden; Lahr und Freiburg
verzeichneten bis zum Mittag 8 bzw. 7 cm Neuschnee. In der Nacht zum
Freitag löst sich "Andrea" endgültig auf, die Großwetterlage stellt
sich um. Die bislang wirksame Brücke zwischen zwei Hochdruckgebieten
bei den Britischen Inseln und über Osteuropa existiert nicht mehr;
stattdessen fließt zwischen dem noch immer recht stabilen und durch
hohes Geopotential in der oberen Troposphäre gestützten westlichen Teil
dieser ehemaligen Brücke sowie einem umfangreichen Tiefdrucksystem über
Nordskandinavien von Nordwesten her allmählich zwar noch immer kalte,
in mehreren Schritten aber doch mildere Meeresluft nach Mitteleuropa.
Lediglich der äußerste Nordosten verbleibt auch am Samstag und Sonntag
nahe der arktischen Kaltluft. Warmluftadvektion vor einem Randtief
dieses Systems über der südlichen Ostsee löst dabei in der Nacht zum
Freitag und am Freitagvormittag besonders in der Nordosthälfte
Deutschlands schwache Hebungsprozesse und daraus resultierend etwas
Regen oder Schnee aus. Im Süden wird die eingeflossene feuchte Luft mit
der auf Nordwest drehenden Strömung wieder südwärts über die Alpen
abgedrängt, sodass die Schneefälle allmählich abklingen. Anschließend
wird dort kurzzeitig ein Keil des westeuropäischen Hochs wetterwirksam.
Bereits am Abend und in der Nacht zum Samstag passiert ein
Kurzwellentrog Deutschland von Nordwest nach Südost, der ein über die
westliche Nordsee und Benelux zur Mitte Frankreichs wanderndes kleines
Höhentief einholt und sich mit diesem vorübergehend zu einer Rinne
tiefen Geopotentials verbindet. Die an ihn gekoppelten Niederschläge
fallen aber nur leicht bis moderat aus. Am Samstag entsteht über
Südnorwegen innerhalb der diagonal von Nordwest nach Südost
ausgerichteten Frontalzone an ganz ähnlicher Stelle wie etwa 36 Stunden
zuvor ein weiteres, dann aber etwas kräftigeres Randtief. Es zieht bis
Sonntagfrüh über Südschweden und die südliche Ostsee hinweg nach
Nordpolen. An seiner Südwestflanke überquert ein Starkwindfeld die
Nordosthälfte Deutschlands, wo verbreitet starke bis stürmische und
einzelne Sturmböen zu erwarten sind. In der Umgebung des weit
aufgespannten Frontensystems fällt in erster Linie im Nordosten etwas
Regen oder Schnee; Warmluftadvektion im Bereich der Warmfront und des
Warmsektors führt aber auch nach Westen hin zu leichten Regen-, am
Sonntag nur im höheren Bergland noch zu Schneefällen.
Anfang nächster Woche formiert sich vor einem vom Nordmeer
heranschwenkenden Kurzwellentrog über der Nordsee ein drittes Randtief,
das im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern jedoch eine deutlich
südwestlichere Zugbahn via Dänemark und Mecklenburg-Vorpommern nach
Südosten zu bevorzugen scheint. Gemein mit dem Tief vom Samstag ist
diesem ein Starkwindfeld an dessen Südwestflanke, das voraussichtlich
erneut den Nordosten sowie die Mitte Deutschlands beeinflusst. In
seiner Spur entlang der Grenze zwischen milderer Luft im Südwesten und
der arktischen Kaltluft im Nordosten sind in Teilen Schleswig-Holsteins
und Mecklenburg-Vorpommerns kräftige Schneefälle bis ins Flachland zu
erwarten. Auf der Rückseite des Tiefs gelingt der arktischen Kaltluft
am späten Montag und Dienstag ein weiterer Vorstoß nach Mitteleuropa.
Dieser wird allerdings von kurzer Dauer sein, denn Richtung Wochenmitte
schiebt sich das westeuropäische Hoch Stück für Stück nach Südosten. Ob
dann im weiteren Verlauf deutlich mildere Luft von Südwesten nach
Mitteleuropa gelangen kann und einen nachhaltigen Umschwung zu
frühlingshaftem Wetter einleitet, muss abgewartet werden.
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