Mehr als 50 Tote, Schäden in Millionenhöhe, Chaos und Verwüstungen
vielerorten: Orkantief "Xynthia" reihte sich am vergangenen Wochenende
in West- und Mitteleuropa in die Liste der schwersten Stürme der
vergangenen Jahre ein und wird künftig in einem Atemzug mit Namen wie
"Emma" oder "Kyrill" genannt. "Xynthia" formierte sich bereits Mitte
der letzten Woche weit draußen auf dem Nordatlantik und wählte für ein
Orkantief eine nicht alltägliche Zugbahn über den Norden der Iberischen
Halbinsel, die Biskaya, Nordfrankreich, Benelux und Norddeutschland zur
Ostsee. Am Samstag spürte zuerst der Südwesten Europas die Gewalt
dieses Tiefs; in Santa Cruz de La Palma wurden Spitzenböen bis 128 km/h
gemessen. Samstagnachmittag und -abend griff das Starkwindfeld auf den
Norden Spaniens über, wo beispielsweise in Vitoria ebenfalls 128 km/h
in Böen registriert wurden. In der Nacht zum und am frühen Sonntag war
dann der Westen und Norden Frankreichs dran (z. B. Pointe de Chassiron
131 km/h, Paris-Orly 106 km/h); gegen Mittag erfasste der Sturm den
Westen und Südwesten Deutschlands, am Abend auch die Mitte und den
Nordosten. Auf dem Weinbiet im Pfälzer Wald, 557 Meter hoch gelegen,
wurde eine 166-km/h-Böe verzeichnet, standesgemäß überboten vom Brocken
im Harz mit 180 km/h. Die höchsten Berge im Süd- und Nordschwarzwald
meldeten ebenfalls Orkanböen mit 137 km/h auf dem Feldberg und 122 km/h
auf der Hornisgrinde. In Rheinstetten erfasste das Anemometer mit 115
km/h die größte Windgeschwindigkeit seit Eröffnung der Station im
November 2008.
Nachdem die Sonne bereits in den letzten Februartagen ausgiebig zum
Vorschein kam und die sonst gar zu trübe Monatsbilanz an vielen
Stationen in Deutschland wenigstens etwas korrigierte, steht weiten
Teilen des Landes auch Anfang März eine recht sonnige Woche bevor.
"Xynthia" hat sich inzwischen deutlich abgeschwächt und liegt am
Montagabend mit ihrem Zentrum über dem Baltikum. Vor Südwesteuropa hat
sich derweil ein neues, kräftiges Tief positioniert; es übt auf das
Wettergeschehen hierzulande aber keinen Einfluss aus. Zwischen den
beiden Tiefs erstreckt sich eine schmale Hochdruckzone vom Nordosten
Afrikas über das westliche Mittelmeer und Frankreich bis hinauf zur
Ostküste Grönlands, die sich keilförmig in die Südwesthälfte
Deutschlands ausgeweitet und dort für eine deutliche Wetterberuhigung
gesorgt hat. Vorderseitig eines über Westeuropa entstehenden
Hochdruckrückens kräftigt sich diese Hochdruckzone zur Wochenmitte in
ihrem mittleren Teil noch. Unmittelbar vor diesem Rücken läuft jedoch
am Dienstag ein Kurzwellentrog über den Süden der Bundesrepublik
ostwärts ab. Ein korrespondierendes Bodentief lässt sich dabei nur
schwerlich identifizieren. Nichtsdestotrotz sind mit diesem Trog
leichte bis mäßige Niederschläge verbunden, die in der rückseitig von
"Xynthia" eingeflossenen polaren Kaltluft bis in mittlere Höhenlagen
als Schnee fallen. Zum Mittwoch kommt die Hochdruckzone vorübergehend
diagonal - von Nordwest nach Südost ausgerichtet - über Deutschland zum
Liegen. Der immer flacher werdende Rücken verlagert sich im
Tagesverlauf über Südeuropa ostwärts; ihm folgt der momentan noch zu
dem Tief vor Südwesteuropa gehörende Trog nach. Dabei entwickelt sich
über dem westlichen Mittelmeer ein neues, nicht minder kräftiges Tief,
während sich das bisherige Tief über der Iberischen Halbinsel auflöst.
Der Norden Deutschlands indes verbleibt auf der Rückseite eine
umfangreichen Höhentroges über Nordeuropa, der durch von Nordwesten
einlaufende Randtröge regeneriert wird.
Am Donnerstag und Freitag schwenkt der Höhentrog mitsamt dem Tief quer
über den nördlichen Mittelmeerraum ostwärts. Die großräumigen
Hebungsprozesse an dessen Nordflanke greifen mit leichten
Niederschlägen voraussichtlich allenfalls bis in den äußersten Süden
Bayerns über die Alpen nordwärts aus. Allerdings initiiert dieses Tief
im Zusammenspiel mit einem Hoch bei den Britischen Inseln über
Mitteleuropa eine stramme nordöstliche bis östliche Strömung, mit der
nach und nach kalte und trockene Polar-, später sogar Arktikluft ganz
Mitteleuropa flutet. Inwieweit Richtung Wochenende ein kleines Tief aus
Norden mit ins spätwinterliche Spiel kommt, beurteilen die
verschiedenen Vorhersagemodelle momentan noch unterschiedlich.
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