Ein klimatologisch betrachtet denkwürdiger Januar ging am gestrigen
Sonntag in Mitteleuropa zu Ende. Mit einer flächengemittelten Temperatur
von -3,7 Grad stand in Deutschland eine negative Abweichung von 3,2 K zu
Buche; im Nordosten Deutschlands, wo örtlich den ganzen Monat über
Dauerfrost herrschte, kamen Abweichungen bis -4,6 K zustande. Den
letzten ähnlich kalten Januar gab es im Jahre 1996, dass es aber auch
noch viel kälter geht, zeigen die Januarmonate der Vergangenheit:
Innerhalb der gesamten, seit 1761 bestehenden Zeitreihe der
Flächenmitteltemperatur in Deutschland belegt der Januar 2010 in Sachen
Kälte lediglich den 50. Platz.
Zu der Kälte immerhin gesellte sich in der vergangenen Woche dann auch
wieder Schnee. In Greifswald wurde am Sonntagabend exakt ein halber
Meter gemessen, soviel wie zuletzt Ende Februar im legendären Winter
1978/79. Mit der ersten ausgeprägten Nordwestlage dieser Wintersaison
bekamen auch die bislang eher grünen statt weißen alpennahen Gebiete
ihren Schnee - im Allgäu fielen seit Mitte letzter Woche vielfach 30 bis
40 cm. Weiterer Nachschub ist am Dienstag zu erwarten, danach allerdings
zieht sich der Winter vorerst zurück.
Eine ganze Reihe von Tiefdruckgebieten beschäftigen in diesen Tagen
große Teile Mitteleuropas. Am heutigen Montag brachte Tief "Lali" mit
Zentrum über Dänemark verbreitet schauerartige Schneefälle, nachdem
zuvor "Keziban", und "Ina" die Flocken wirbeln ließen. Eingelagert in
ein umfangreiches und fast ganz Europa überdeckendes Trogsystem löst es
sich in der Nacht zum Dienstag über der Ostsee auf; in Verbindung mit
einem kurzwelligen Randtrog mit sehr kalter Luft in höheren Schichten
der Troposphäre - in etwa 5,5 Kilometer Höhe über Süddeutschland liegen
die Temperaturen unter -40 Grad - treten vor allem in der ersten
Nachthälfte aber noch verbreitet Schneeschauer auf. Eine Umstellung der
Großwetterlage leitet am Dienstag Tief "Miriam" ein. An der Westflanke
des Höhentrogsystems zieht es unter Verstärkung von der Südwestküste
Norwegens zum Skagerrak. Auf seiner südlichen Seite bezieht es mildere
Meeresluft in die Zirkulation mit ein, die hinter der am Dienstag
ostwärts über Deutschland ziehenden Warmfront in die mittleren und
südlichen Landesteile einströmen kann. Dort gehen die teilweise
kräftigen Niederschläge bis in mittlere Höhen in Regen über. Zwischen
dem Tiefzentrum und einem von der Iberischen Halbinsel nach Tunesien und
Libyen wandernden Hoch bauen sich zudem große Luftdruckgegensätze auf,
sodass parallel zu dem allmählich okkludierenden Frontensystem ein
Starkwindfeld über Deutschland hinwegzieht. Neben größeren
Neuschneemengen stellen - diesmal besonders in den west- und
süddeutschen Mittelgebirgen - also auch Sturm und Schneeverwehungen eine
Gefahr dar. Auf der Rückseite des sich bis Donnerstagfrüh unter
Abschwächung nach Nordpolen bewegenden Tiefs dringt noch einmal kältere,
aber nicht mehr ganz so kalte Polarluft wie bisher nach Süden vor. Dort
bleibt die Okklusion am Mittwoch für einige Stunden quasistationär
liegen und geht in die Warmfront eines atlantischen Tiefdrucksystems
über. Zum Donnerstag verschiebt sich der langwellige Höhentrog nach
Osten, ein nachfolgender Hochdruckrücken verlagert sich rasch über
Mittel- nach Osteuropa. Die Warmfront setzt sich nordostwärts in
Bewegung, großräumiges Absinken im Bereich des Rückens überkompensiert
jedoch die durch Warmluftadvektion resultierende Hebung. Hinter der
Warmfront dringt mit einer südwestlichen Strömung dann allerdings
deutlich mildere Luft bis in den Norden Deutschlands vor und führt
landesweit - den äußersten Nordosten vielleicht ausgenommen - zu Tauwetter.
Die weitere Entwicklung zum Wochenende und darüber hinaus beinhaltet
noch große Unsicherheiten. Die Frage hierbei ist, ob es der milden Luft
dieses Mal gelingt, gegen das noch immer über Nordosteuropa und Russland
liegende und sich tendenziell sogar wieder etwas südwestwärts
ausdehnende Kältehoch anzukommen. Eine Rückkehr zu winterlichem Wetter
in der nächsten Woche liegt ebenso im Bereich des Möglichen wie eine
fortschreitende Milderung.
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