Die bereits seit geraumer Zeit angekündigte frühwinterliche Witterung
hat seit Dienstag und Mittwoch in Mitteleuropa Einzug gehalten. Frost
und Schnee zum Teil bis in tiefe Lagen gaben der Natur mancherorts einen
weißen Anstrich und sorgten für einige beachtenswerte Rekorde. Auf
Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze, war es mit -18,3 Grad im
Oktober noch nie so kalt wie am gestrigen Mittwoch - die Messreihe
besteht seit immerhin 109 Jahren! Vor allem auf den Bergen wurden
Rekorde für die zweite Monatsdekade gebrochen; ein Beweis dafür, dass es
sich wirklich um eine außergewöhnlich kalte Luftmasse handelt und die
Kälte nicht zu einem Großteil - wie im Winter öfter zu beobachten - in
den Niederungen durch Ausstrahlung in klaren Nächten und über Schnee
"vor Ort" produziert wird. Einen seltsamen Beigeschmack hat allerdings
der neue Dekadenrekord von Freiburg, der den bisherigen Rekord gleich um
mehr als 4 Kelvin unterbot. Dazu muss man wissen, dass die Station Ende
2006 vom Stadtzentrum zum Flugplatz außerhalb davon verlegt wurde, die
Messreihe dort aber unter der gleichen Stationsnummer - zumindest formal
- unverändert fortgeführt wird.
Zu einem wirklichen Frühwintereinbruch gehört neben Frost aber natürlich
auch der Schnee. Dieser fiel besonders in den Nordalpen und in den
östlichen Mittelgebirge bereits üppig; in Seefeld im Innsbrucker Land
lagen am Mittwoch Morgen auf knapp 1200 Meter Höhe 30 cm. Soviel Schnee
hatte es dort im Oktober zuletzt 1972 gegeben. Auf deutscher Seite
sticht - abgesehen von der Zugspitze - das Erzgebirge hervor; auf dem
Fichtelberg wurden am Donnerstag Mittag 17 cm, im nur rund 800 Meter
hoch gelegenen Zinnwald sogar 24 cm gemessen. Selbst Dresden meldete um
14 Uhr 3 cm - so früh im Herbst hatte es dort seit Beginn der
Schneehöhenmessung im Jahre 1967 noch nie eine Schneedecke gegeben. Bis
Freitag sind in den höheren Lagen der ostdeutschen Mittelgebirge
nochmals 20 bis 30 cm Neuschnee zu erwarten. Die Niederschläge werden
durch ein kräftiges Tiefdruckgebiet mit Zentrum über Ostpolen und dessen
Okklusion ausgelöst, die sich - um den Tiefkern windend - langsam in den
Osten Deutschlands vorschiebt. Damit verbunden ist vor allem in höheren
Schichten die Zufuhr wärmerer Luft, die auf die relativ dazu gesehen
kältere Luft in tieferen Schichten aufgleitet und somit gehoben wird.
Das Bodentief über Ostpolen bildet sich auch in der mittleren und oberen
Troposphäre durch ein umfangreiches und abgeschlossenes Höhentief ab;
demgegenüber steht ein von Südwesteuropa über die Britischen Inseln bis
nach Skandinavien reichender Hochdruckrücken, unter dem sich ein
Bodenhoch mit Schwerpunkt etwas westlich von Schottland befindet.
Zwischen dem Hoch im Westen und dem Tief im Osten bleibt die bodennah
nördliche Strömung zunächst erhalten, womit die Niederschläge in den
nordseitigen Lagen von Erzgebirge und Alpen am intensivsten ausfallen.
Am Freitag zieht an der Nordostflanke von Rücken und Hoch die Kaltfront
eines Tiefdrucksystems über dem Nordpolarmeer südostwärts, wobei an der
Front auf der Vorderseite eines rasch nachfolgenden Kurzwellentroges und
mit Unterstützung des norwegischen Gebirges ein Randtief entsteht. Der
Randtrog schwenkt im Tagesverlauf über die Osthälfte Deutschlands nach
Österreich und wird in den osteuropäischen Höhentiefkomplex integriert;
das Randtief verlagert sich über Nordostdeutschland und Tschechien nach
Südpolen und wird ein Bestandteil des sich insgesamt allerdings
abschwächenden Tiefs über Polen. Das okkludierende Frontensystem des
Randtiefs überquert Deutschland rasch südwärts und führt kurzzeitig
etwas wärmere und sehr feuchte Luft heran. Mit ihm gehen großflächige
Niederschläge einher, die vorübergehend bis in die höchsten Lagen der
Mittelgebirge als Regen fallen.
Am Samstag schwenken auf der Rückseite des zum Baltikum wandernden
osteuropäischen Höhentiefs weitere Randtröge über Deutschland südwärts
und gestalten den Wetterablauf noch unbeständig. Hinter dem
Frontensystem des Randtiefs vom Freitag strömt erneut kältere Luft ein,
die Schneefallgrenze sinkt somit wieder deutlich ab. Vor allem in den
ostdeutschen Mittelgebirgen muss nochmals mit zum Teil kräftigen
Schneefällen gerechnet werden. Am Sonntag und zu Beginn der neuen Woche
spaltet sich der Höhentiefkomplex über Osteuropa in zwei Teile auf und
verliert allmählich den Einfluss auf das Wettergeschehen in Deutschland.
Stattdessen schiebt sich der westeuropäische Hochdruckrücken allmählich
nach Osten und wird, angetrieben von einer atlantischen
Sturmtiefentwicklung, regeneriert. Auf der Vorderseite dieser
Sturmzyklone gelangt mit einer auf Südwest drehenden Strömung zur
Wochenmitte dann voraussichtlich auch deutlich wärmere Luft nach
Mitteleuropa.
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