Aus einem Tiefdrucksystem vor der Südspitze Grönlands hervorgegangen,
machte sich am vergangenen Donnerstag ein vergleichsweise kleinräumiges,
aber kräftiges Höhentief auf eine lange Reise. Es passierte die
Dänemarkstraße, zog am Wochenende über das Nordmeer, die Mitte
Skandinaviens und die südliche Ostsee hinweg und liegt am Montag Abend
im Sinne eines klassischen "Kaltlufttropfens" über dem Südwesten
Deutschlands. Als "Kaltlufttropfen" werden - oftmals nicht sonderlich
große - Höhentiefs bezeichnet, die sich in der mittleren Troposphäre, in
etwa fünf Kilometern Höhe, durch sehr kalte Luft auszeichnen und ohne
korrespondierendes Bodentief in Erscheinung treten. Die Kennzeichen
solcher Kaltlufttropfen sind - umgekehrt wie bei gewöhnlichen
Tiefdruckgebieten - schauerartige Niederschläge auf ihrer Vorder- und
länger anhaltende Regen- oder Schneefälle auf der Rückseite.
Entsprechend traten am Montag in der Westhälfte Deutschlands verbreitet
Schauer und kurze Gewitter auf; Dauerregen mäßiger, teilweise auch mal
starker Intensität gab es vom Osten Bayerns über Thüringen bis nach Hessen.
Höhentiefs dieser Art erweisen sich nicht selten als äußerst langlebige
Zeitgenossen und können häufig über mehrere Tage auf den Wetterkarten
verfolgt werden. Auch in diesem Fall ist die Reise des Kaltlufttropfens
noch nicht beendet; bis Donnerstag verlagert er sich über
Zentralfrankreich und Nordspanien hinweg nach Portugal. Dort bildet sich
dann auch am Boden ein Tief aus. Nach dem Vorstoß recht kalter Luft wird
hinter dem Höhentief mit einer bodennah östlichen bis südöstlichen
Strömung wieder deutlich wärmere Luft herangeführt. Die massive
Warmluftadvektion spiegelt sich in großräumigen Hebungsvorgängen und den
daraus resultierenden Regenfällen über dem Osten und der Mitte
Deutschlands wider. Im Norden des Landes wirkt sich dagegen eine vom
mittleren Nordatlantik bis nach Westrussland reichende Hochdruckzone mit
ruhigem Wetter aus. Diese Hochdruckzone weist zwei Schwerpunkte mitten
über dem Nordatlantik und über Südnorwegen auf, in die Lücke dazwischen
stößt am Mittwoch und Donnerstag die Kaltfront eines über den äußersten
Norden Skandinaviens ziehenden Tiefs vor. Hinter ihr strömt in erster
Linie trockene Luft in die Nordhälfte Deutschlands, während auf der
Vorderseite des iberischen Tiefs warme und feuchte Luft in den Süden
gelangt. In dieser entwickeln sich - trotz der bereits so weit
fortgeschrittenen Jahreszeit - an den Nachmittagen einzelne Schauer und
Gewitter.
Am Freitag und Samstag wandert das atlantische Hoch über Norddeutschland
zum Baltikum. Der ehemalige Kaltlufttropfen bewegt sich, als
integrierter Bestandteil eines Höhentroges, wieder nach Nordosten oder
Osten. Die genaue Zugbahn lässt jedoch noch Raum für Spekulationen.
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