Starke Niederschläge sind die dominierende Erscheinung beim
mitteleuropäischen Wetter in dieser Woche. Den flächendeckend intensiven
Regen-, in hohen alpinen Lagen Schneefällen der ersten Wochenhälfte im
Südosten Bayerns und in Österreich folgen nun verbreitet heftige
Gewitter mit punktuell hohen Regenmengen innerhalb kurzer Zeit nach.
Dabei geben bereits die bis Mittwoch gefallenen Mengen ein imposantes
Bild ab; an zahlreichen Stationen kamen dreistellige Summen innerhalb
von 48 Stunden zusammen. Spitzenreiter auf deutscher Seite im Zeitraum
Montag, 8 Uhr bis Mittwoch, 8 Uhr war das oberbayerische Inzell im
Landkreis Traunstein mit 136 mm, das jedoch mit dieser Menge dem
Anführer der österreichischen Hitliste - Lunz am See in Niederösterreich
- im wahrsten Sinne des Wortes nicht das Wasser reichen konnte. Im
selben Zeitraum gingen dort sogar 213 mm nieder und - um die
niederschlagstechnische Vormachtstellung zu behaupten - weitere 30 mm
bis Mittwoch Abend. Auf der Zugspitze betrug der Neuschneehöhe zwischen
Montag früh und Dienstag früh 60 cm - soviel wie in einem Juni seit elf
Jahren nicht mehr.
Im Wesentlichen drei Systeme prägen die Großwetterlage in den kommenden
Tagen bis über das Wochenende hinaus. Zum einen befindet sich über
Südosteuropa noch immer jenes Höhentief, das am vergangenen Wochenende
aus einem weit nach Süden vorstoßenden Höhentrog hervorgegangen ist und
unter anderem für die starken Niederschläge im Alpenraum verantwortlich
zeichnete. Über Nordeuropa hat sich sowohl am Boden als auch in der
mittleren und oberen Troposphäre ein stabiles Hochdruckgebiet aufgebaut;
über dem östlichen Nordatlantik weist ein Höhentrog von Grönland aus
südwärts bis vor die portugiesische Küste, darunter lässt sich
südwestlich von Irland ein Bodentief analysieren. Um den
südosteuropäischen Tiefkomplex wird zunehmend wärmere und feuchte Luft
in einem großen Bogen über das östliche Mittelmeer und das Schwarze Meer
hinweg nach Ost- und Mitteleuropa gelenkt. Lediglich in den äußersten
Norden und Nordosten Deutschlands strömt am Rande des nordeuropäischen
Hochs von Nordosten her zeitweise trockenere Luft ein. Am Freitag und
Samstag schwenkt der Südteil des atlantischen Troges nach Frankreich,
wobei sowohl in der Höhe als auch am Boden - in Form einer rinnenartigen
Struktur - eine Verbindung mit dem Tief im Südosten zustande kommt.
Dabei wird ebenfalls warme und feuchte Luft aus dem westlichen
Mittelmeerraum zunächst nach Frankreich und schließlich auch in die
Südwesthälfte Deutschlands geführt. Zum Sonntag hin schwächen sich das
Hoch im Norden und das Tief im Südosten etwas ab, der Trog über dem
Atlantik wandelt sich in ein hochreichendes Tiefdruckgebiet um.
Dazwischen liegt Mitteleuropa in einem großen Gebiet mit ebenso geringen
Luftdruckgegensätzen am Boden wie Geopotentialunterschieden in der Höhe.
In meteorologischen Kreisen gerne auch als "barometrischer Sumpf"
bezeichnet, bestimmt in diesen Regionen vor allem der Tagesgang den
Wetterablauf.
Entsprechend entwickeln sich jeweils im Tagesverlauf in der feuchtwarmen
Luft verbreitet immer wieder teilweise heftige Gewitter. Unterstützend
wirkt dabei besonders anfangs die quer über Deutschland verlaufende
Tiefdruckrinne, die ein Zusammenströmen der Luft in Bodennähe und
anschließendes Aufsteigen zur Folge hat. Bei generell schwachen
Luftbewegungen verlagern sich einmal entstandene Gewitterzellen nur
langsam - die größte Gefahr geht demnach von lokal hohen Regenmengen
aus. Eine räumliche Zuordnung lässt sich schwerlich vornehmen; am
ehesten ausgespart bleibt der äußerste Nordosten Deutschlands und bis
zum Wochenende auch ein Streifen vom Emsland bis nach Nordbayern
zwischen der zum einen von Osten und zum anderen von Südwesten
einfließenden feuchten Luft.
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