Reichlich frische Luft hat im Laufe dieser Woche den Weg aus dem
höchsten Norden nach Mitteleuropa gefunden. Wurden am Dienstag noch
verbreitet sommerliche Temperaturen in Deutschland gemessen, sucht man
Werte von 20 Grad plus x auf der Karte der Höchsttemperaturen von
Donnerstag vergeblich - mit einer Ausnahme. Ganz im Süden, am Bodensee,
schafften Konstanz und Friedrichshafen jeweils +21 Grad. Sonst war meist
bei etwa +15 Grad Schluss, in den Mittelgebirgen blieb es teilweise
sogar bei einstelligen Werten.
Für einen derart massiven Kaltlufttransport aus Norden Richtung
Mitteleuropa bedarf es einem Hochdruckgebiet im Westen und tiefem
Luftdruck im Osten. Ein Hoch mit Schwerpunkt über dem
isländisch-grönländischen Raum sowie ein für die Jahreszeit durchaus
kräftiges Tief mit Zentrum über dem äußersten Nordwesten Russlands
erfüllen diese Voraussetzungen. In der Höhe überdeckt passend dazu ein
breiter Langwellentrog ganz Nord- und weite Teile Osteuropas, in seinem
Südteil reicht er bis ins östliche Mittelmeer. Nach Westen hin schließt
ein schmaler, aber meridional weit ausgedehnter und von Nordafrika über
Westfrankreich bis nach Südgrönland reichender Rücken an. Noch weiter
westlich weist ein umfangreiches Trogsystem von Neufundland über den
mittleren Nordatlantik hinweg zur Iberischen Halbinsel; aus seinem
Südteil tropft vor Portugal ein eigenständiges Höhentief ab. Während im
Südwesten Deutschlands ein weit nach Südosten vorgeschobener Keil des
isländischen Hochs am Mittwoch und Donnerstag mit sonnigem und trockenem
Wetter wirkte, entwickelten sich in der Nähe zur höhenkälteste Luft des
nordeuropäischen Troges im Norden einige Schauer, im Nordosten sogar
Gewitter. Der Trog wird am Freitag an seiner Westflanke regeneriert und
weitet sich nach Westen aus, wo sich über Frankreich das dann ehemalige
iberische Höhentief angliedert. Auf der Vorderseite des auf diese Weise
neu entstandenen Troges dreht die Höhenströmung über West- und
Mitteleuropa auf Südwest, der bis dato bestimmende Teil des Troges zieht
sich nach Norden zurück. Am Boden bildet sich über Südfrankreich ein
Tief, das unter leichter Intensivierung bis Samstag Abend über die Alpen
nach Polen wandert. Seine Warmfront dringt in den Süden Deutschlands vor
und lenkt dort kurzzeitig potentiell warme und instabil geschichtete
Luft heran. Auf der Rückseite kommt die kühle Luft zunächst wieder ein
Stück nach Süden voran; schon am Sonntag jedoch bezieht ein neues Tief
über dem Ärmelkanal erneut wärmere Luft aus Süden in die Zirkulation
ein. Dessen Warmfront gibt sich nur diffus zu erkennen, die Kaltfront
greift am Nachmittag auf den Westen Deutschlands über.
Zu Beginn der neuen Woche zieht das Tief zur Nordsee und löst sich
allmählich auf. Aus dem ostatlantischen Trogsystem heraus nähert sich
derweil aber schon das nächste Tief. Der europäische Langwellentrog
verschwindet fast völlig von der Bildfläche; stattdessen etabliert sich
an der Südflanke des sowohl am Boden, besser aber noch in der mittleren
und oberen Troposphäre ausgeprägten Islandhochs über dem Nordatlantik
eine zonal orientierte Frontalzone. Sie mündet über Europa in eine
Südwestströmung, sodass Schritt für Schritt wieder wärmere - wenngleich
nicht sehr warme - und feuchtere Luft nach Mitteleuropa geführt wird.
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