Unter dem Witterungsregelfall "Eisheilige" sind je nach Region drei bis
fünf Tage zu Beginn der zweiten Maidekade bekannt, an denen - laut
Überlieferung - in Mitteleuropa bevorzugt noch einmal Kälterückfälle und
Nachtfröste auftreten. Nach Wetter- und Klimareihen der vergangenen
Jahrzehnte lassen sich die alten Erfahrungen und Beobachtungen der
Bauern auf die heutige Zeit nicht übertragen - in abgeschwächter Form
und aufgrund der Gregorianischen Kalenderreform trifft die Regel aber
auf den Beginn des letzten Monatsdrittels zu. Zum ursprünglichen Termin
in diesem Jahr jedenfalls machen die Heiligen ihrem Namen wieder einmal
kaum Ehre; Frostgefahr besteht in den kommenden Nächten vereinzelt
lediglich im Nordosten Deutschlands.
Stattdessen zeigt der Mai in diesen Tagen - zumindest in der Südhälfte
Deutschlands - sein warmes, sommerliches Gesicht. Dazu gehören neben
Sonne und vergleichsweise hohen Temperaturen aber auch zum Teil kräftige
Gewitter, lokal gab und gibt es Unwetter. Gleich mehrfach wurde am
Wochenende Stuttgart getroffen, beispielsweise fielen an der Station
Schnarrenberg von Freitag früh bis Montag früh 37 mm Niederschlag. Auch
in der Karlsruher Weststadt brachte ein Gewitter am Samstag Abend
mehrere Zentimeter große Hagelkörner hervor. Die konvektive Aktivität
findet in einer feuchtwarmen Luftmasse statt, die vergangenen Donnerstag
von Südwesten her nach Mitteleuropa gelangte. Seit Freitag hat sich quer
über Deutschland eine Luftmassengrenze etabliert, die kühlere und
trockenere Luft im Norden von der warmen und gewitterträchtigen
Luftmasse im Süden trennt. Auf der Vorderseite eines langwelligen
Höhentroges über dem Ostatlantik und Westeuropa, der von Nordwesten her
immer wieder regeneriert wird, liefen mehrere kurzwellige Randtröge und
flache Bodentiefs nach Nordosten ab. Sie schoben die Luftmassengrenze
jeweils etwas nach Norden und rückseitig wieder nach Süden. Am Montag
Abend liegt die Grenze mit länger andauernden Regenfällen etwa über der
Mitte Deutschlands, kommt aber in der Nacht zum und am Dienstag vor
allem über der Osthälfte deutlich nach Süden voran. Grund ist eine
nordöstliche Strömung an der Südostflanke eines Hochdruckgebietes mit
Schwerpunkt über der nördlichen Nordsee. Hinter der Kaltfront eines
Tiefs über dem Nordwesten Russlands wird mit dieser recht kalte Luft in
den Norden Deutschlands geführt. Der zugehörige, markant ausgeprägte
Höhentrog lieferte am Montag einen zusätzlichen Antrieb für großräumige
Hebung und stützte die Regenfälle im Bereich der Luftmassengrenze. Ein
sich im Laufe des Dienstags über dem Westen Russlands entwickelndes
Sturmtief hält den Kaltlufttransport über die Wochenmitte hinaus
aufrecht. Der nordöstlichen auf der einen steht eine südwestliche
Strömung auf der anderen Seite - der Vorderseite eines Tiefdruckgebietes
mit Zentrum über der Biskaya - gegenüber. Dadurch kippt die
Luftmassengrenze am Dienstag von einer zonalen in eine
nordwest-südöstliche Ausrichtung. Südwestlich davon bleibt die
feuchtwarme Luft wetterbestimmend, in ihr entwickeln sich am Dienstag
und Mittwoch weiterhin teilweise kräftige Schauer und Gewitter.
Zum Donnerstag bildet sich vor einem kurzwelligen Anteil des
westeuropäischen Höhentroges über der Mitte Frankreichs ein neues Tief
aus, derweil der gesamte Trog durch ein von Nordwesten her einlaufendes
Höhentief abermals regeneriert wird. Auf der Rückseite des langsam
nordwärts ziehenden Tiefs erreicht kühlere Luft möglicherweise
kurzzeitig den Südwesten, ehe im weiteren Verlauf erneut ein Vorstoß
feuchtwarmer Luft erfolgen könnte. Dieses Szenario birgt aber noch
einige Unsicherheiten.
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