Nach den Schneefällen vom Wochenanfang erlebten Teile Deutschlands eine
der markantesten Kälteperiode der letzten zwanzig Jahre. In einem
Streifen quer über der Mitte des Landes sanken die Temperaturen in den
Nächten zum Dienstag und Mittwoch verbreitet auf -20 Grad und darunter,
an einigen Stationen wurden neue Rekordwerte für die erste Januardekade
aufgestellt. Das nordrhein-westfälische Bad Lippspringe verzeichnete mit
-23,0 Grad am Mittwoch Morgen sogar die kälteste dort jemals gemessene
Temperatur seit 1951. Die kälteste Station im Messnetz des Deutschen
Wetterdienstes war Dippoldiswalde-Reinberg am Fuße des Erzgebirges mit
-27,7 Grad; eine private Wetterfirma konnte in Oderwitz in der
Oberlausitz sogar -29,1 Grad verzeichnen - Werte, die eher an Sibirien
oder Alaska denn an Mitteleuropa erinnern. Doch nicht nur die
Tiefstwerte, auch die Maxima und Tagesmittelwerte verdienten gesteigerte
Aufmerksamkeit. Beispielsweise stieg das Quecksilber in Leipzig am
Dienstag auf einen Höchstwert von nur -16,4 Grad, die
Tagesmitteltemperatur lag bei -18,9 Grad. Seit 1977 wiesen dort nur zwei
Tage ein noch niedrigeres Mittel auf.
Vor lauter Kälte gehen andere, nicht minder sensationelle
Wetterereignisse in nicht allzu weiter Entfernung fast unter. 29 cm hoch
türmte sich der Schnee am Donnerstag Morgen an der französischen
Mittelmeerküste im Wintersportparadies Marseille. Mehr als ein halber
Meter wurde aus Turin gemeldet, 37 cm aus Piacenza im Norden Italiens.
Das dafür zuständige Tiefdruckgebiet mit Zentrum über dem Golf von Genua
hat sich in der Zwischenzeit aber abgeschwächt und löst sich allmählich
auf. In Deutschland brachte der schwache Ausläufer eines über das
Baltikum ostwärts ziehenden Tiefs in den vergangenen 24 Stunden
besonders in der Mitte nochmals etwas Neuschnee, mehr als 1 cm kam dabei
aber nirgendwo zusammen. Hinter der Front wurde einmal mehr arktische
Kaltluft nach Südwesten geführt. Sie gelangte noch in der Nacht zum
Donnerstag unter den Einfluss eines Hochs, das sich bis Freitag über die
Mitte Deutschlands nach Südosteuropa verlagert. An der Nordflanke dieses
Hochs streift in der Nacht zum und am Freitag die Warmfront eines Tiefs
über dem Norden Skandinaviens den Norden des Bundesgebietes mit dichter
Bewölkung und etwas Schnee, nur unmittelbar an den Küsten auch etwas
Regen oder Sprühregen. An der Südflanke hingegen herrschen im
Übergangsbereich zum tiefen Luftdruck über dem Mittelmeerraum
vergleichsweise große Luftdruckunterschiede, die die Atmosphäre im
Hochschwarzwald in Form von Sturmböen auszugleichen versucht. In der
Höhe findet sich das Hoch, respektive das höchste Geopotential, westlich
zum Bodenhoch verschoben über den Britischen Inseln. Der Rücken weitet
sich noch etwas weiter nach Norden aus und bewegt sich gleichzeitig nach
Osten. Er stützt im Bodendruckfeld somit den Aufbau eines neuen Hochs
mit Schwerpunkt über Deutschland. Parallel dazu findet über Mitteleuropa
im Bereich des steigenden Geopotentials eine Erwärmung der gesamten
Troposphäre mit Ausnahme der kalten Grundschicht statt. Schon am Freitag
wird die arktische Kaltluft damit weit nach Osten bis nach Westrussland
abgedrängt. Die Erwärmung macht sich - Stichwort Inversionswetterlage -
jedoch vorerst nur auf den Bergen bemerkbar. In den Niederungen wird,
gerade über Schnee, in den Nächten ständig neue Kaltluft produziert.
Diese kann dort tagsüber ohne Wind und durch die Mitte Januar noch
schwache solare Einstrahlung nicht beseitigt werden. Solch extreme
Tiefstwerte wie am Dienstag und Mittwoch werden ohne die vorhandene
arktische Kaltluft allerdings nicht mehr zu erreichen sein.
Bis weit in die kommende Woche hinein bleibt Deutschland der
Hochdruckeinfluss erhalten. Allerdings bewegen sich Rücken und Bodenhoch
langsam Richtung Osteuropa, wodurch Mitteleuropa auf die Vorderseite
eines von Westen nahenden Höhentroges in eine schwache Südwestströmung
gerät. Einen deutlich milderen Witterungsabschnitt wird der zur
Wochenmitte unter Abschwächung ostwärts schwenkende Trog voraussichtlich
aber noch nicht einleiten können.
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