Zum ersten Mal seit einiger Zeit und nach mehreren vergeblichen Anläufen
setzt sich zum Wochenende in Mitteleuropa milde Luft vom Atlantik durch
und sorgt - passenderweise zum astronomischen Winterbeginn - auch im
hohen Bergland zumindest vorübergehend für Tauwetter. Bis in mittlere
Höhenlagen wird eventuell vorhandener Schnee größtenteils verschwinden,
was die Chancen auf festliches Weiß zu Weihnachten nicht unbedingt
fördert. Obwohl von Montag an voraussichtlich wieder deutlich kältere
Luft nach Deutschland gelangt, zeichnet sich demnach für die meisten
Regionen zumindest ein grüner Heiligabend ab.
Ein erster atlantischer Tiefausläufer, die Okklusion eines Tiefs mit
Zentrum nahe Spitzbergen, überquerte Deutschland in der vergangenen
Nacht und am Donnerstag Vormittag von Nordwest nach Südost und ließ -
man glaubt es kaum - selbst in Karlsruhe ein paar Schneeflocken fallen.
Während es hier aber selbstverständlich nicht für eine Schneedecke
reichte, meldeten am Donnerstagmorgen zum Beispiel Lahr und Öhringen
jeweils 1 cm Neuschnee. Letzte Reste der Front, die nur noch anhand
eines schmalen Feuchtefeldes identifiziert werden kann, sowie der
Einfluss eines sich von der Adria nach Ungarn verlagernden
Tiefdruckgebietes bringen am Donnerstag Nachmittag vor allem Bayern noch
etwas Schnee. Nordwestlich davon setzt sich kurzzeitig ein Keil des
Azorenhochs durch, bevor schon am frühen Abend die Warmfront eines Tiefs
über dem Nordmeer mit neuen leichten Niederschlägen auf den Norden
Deutschlands übergreift. Die nachfolgende Kaltfront lässt nicht lange
auf sich warten und erreicht in der Nacht zum Freitag die Nordseeküste.
Das okkludierende Frontensystem zieht samt eines scharf ausgeprägten
Kurzwellentroges in der Höhe bis Freitag Abend über das Bundesgebiet
hinweg südostwärts; rückseitig davon strömt für wenige Stunden von
Nordwesten her nochmals kalte Meeresluft ein. Für das erwähnte Tauwetter
verantwortlich zeigt sich dann ein Tief, das derzeit wenige hundert
Kilometer östlich der kanadischen Ostküste analysiert werden kann.
Innerhalb einer gut ausgeprägten Frontalzone über dem Nordatlantik kommt
es rasch nach Osten voran, wobei es sich Freitag Abend im Seegebiet
zwischen Island und Schottland zu einem Orkantief intensiviert. Die
Warmfront dieses Tiefs passiert Deutschland bis Samstag Vormittag,
hinter ihr fließt deutlich mildere Meeresluft ein. Dazu verschärft sich
der Druckgradient besonders im Norden erheblich, sodass an den Küsten
orkanartige Böen auftreten können. Die nachfolgende Kaltfront stößt am
Nachmittag bis zur Mitte des Landes vor; wird dann aber vor dem
nächsten, nicht minder kräftigen und sich auf ähnlicher Zugbahn
bewegenden Tief wieder als Warmfront nach Norden rückläufig. Diese
Warmfront wiederum schreitet bis Sonntag Vormittag zum östlichen
Mitteleuropa voran. Warmluftadvektion trägt zur Bildung eines zwar wenig
kräftigen, dafür aber großflächigen Niederschlagsgebietes bei, wobei es
sich in der im Vergleich zum Samstag sogar noch etwas milderen Luft
durchweg um Regen handelt.
Derweil etabliert sich ein Hochdruckgebiet, gestützt durch hohes
Geopotential in der mittleren und oberen Troposphäre, über der Biskaya
und wandert mit seinem Schwerpunkt am Samstag und Sonntag nach
Frankreich. Ein Keil dieses Hochs erstreckt sich über den Süden
Deutschlands ostwärts, sodass sich dort in den Niederungen mangels
ausreichender Durchmischung gebietsweise eine dünne Kaltluftschicht
halten kann. Die weitere Entwicklung zu Beginn der Weihnachtswoche sieht
in der Welt der Vorhersagemodelle die Aufwölbung eines Hochdruckrückens
über dem östlichen Atlantik und damit einhergehend eine Ausweitung des
Bodenhochs über Frankreich nach Norden vor. An der Ostflanke von Hoch
und Rücken soll - eingeleitet durch die Kaltfront des am Sonntag über
die Mitte Skandinaviens ostwärts ziehenden Tiefs - von Norden her wieder
merklich kältere Luft polaren Ursprungs den osteuropäischen Bereich
fluten. Deutschland würde sich demnach am Rande der Kaltluft befinden,
einen Streifschuss bekäme die Osthälfte ab. Aufgrund der Nähe zum
westeuropäischen Hoch liefe dieses Szenario allerdings unter
antizyklonalen Bedingungen ab; nennenswerte Schneefälle kurz vor dem
Fest wären damit nicht verbunden.
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