Seit geraumer Zeit groß in den Wetterberichten und diversen Medien
angekündigt, steht der Wintereinbruch in Mitteleuropa von Freitag Abend
an nun unmittelbar bevor. Die Umstellung der großräumigen Wetterlage hat
dabei schon am Dienstag begonnen. Im Tagesverlauf überquerte das
okkludierte Frontensystem eines Tiefdruckgebietes mit Zentrum über
Nordskandinavien Deutschland von Nordwest nach Südost und brachte bis
Mittwoch Morgen vor allem nördlich der Mittelgebirge einige Millimeter
Regen. Am Mittwoch folgte diesem Tief rasch ein weiteres nach; es zog
über den Süden Norwegens und Schwedens hinweg und liegt aktuell bereits
über dem Baltikum. Seine Warmfront ließ es am Mittwoch im Norden des
Landes etwas regnen. Der kräftigste Regen trat jedoch in der Nacht zum
Donnerstag im Bereich der zugehörigen Kaltfront auf, am Hamburger
Flughafen fielen binnen sechs Stunden 12 mm.
Die Kaltfront bahnt sich am Donnerstag Abend ihren Weg nach Süden und
erreicht in der Nacht zum Freitag die Alpen. Sie leitet den Vorstoß sehr
kalter Luft in der höheren Troposphäre ein, in etwa fünf Kilometern Höhe
- auf der 500 hPa-Druckfläche - werden Freitag Morgen an den Küsten
schon unter -35 Grad erwartet. Die daraus resultierende labile vertikale
Schichtung spiegelte sich am Donnerstag in Norddeutschland in ersten
Graupelschauern (z.B. Hohn) und einzelnen Gewittern (z.B. Hamburg und
Angermünde) wider. Die arktische Kaltluft gelangt jedoch erst am Freitag
in mehreren Staffeln nach West- und Mitteleuropa. Dabei verlagert sich
ein kleines Randtief des mächtigen nordeuropäischen Tiefdruckkomplexes
über die Mitte Deutschlands südostwärts. Die Kaltfront dieses Randtiefs
stößt am Nachmittag gegen die Alpen. Bei sämtlichen Überlegungen
bezüglich des erwarteten Übergangs der Niederschläge in Schnee sollte
das Thema Wind nicht völlig außer Acht gelassen werden. An der
Südwestflanke des Randtiefs verschärfen sich die Luftdruckgegensätze
zwischen dem tiefem Luftdruck im Nordosten und einem mächtigen Hoch mit
Schwerpunkt über dem östlichen Nordatlantik kräftig. Auf etwa 500
Kilometern zwischen der Mitte Deutschland und der Mitte Frankreichs
betragen die Druckunterschiede rund 20 hPa. Ein entsprechendes
Starkwindgebiet wird im Tagesverlauf über die Westhälfte Deutschlands
geführt. Bis Samstag Abend vollzieht das Randtief eine beeindruckende
Entwicklung. Via Tschechien und die Ukraine wandert es unter
kontinuierlicher Verstärkung zum Baltikum und übernimmt dort die Rolle
des steuernden Zentraltiefs.
Unterdessen gelangt mit der allmählich auf Nord drehenden Strömung peu à
peu kältere Luft nach Mitteleuropa. Für Samstag Mittag werden von den
Modellen in der Höhe 500 hPa teilweise weniger als -40 Grad berechnet,
ein in diesem Niveau generell nur selten zu beobachtender Wert. In der
Höhenwetterkarte korrespondiert dazu - und ohne diese Konstellation
wären solche Temperaturen hierzulande gar nicht möglich - ein prächtig
ausgeprägter Langwellentrog, der fast den gesamten europäischen
Kontinent überdeckt und in seinem Südteil bis Nordafrika reicht. In etwa
gleichem Maße wie über Europa die Kaltluft südwärts fließt, muss
andernorts Warmluft nordwärts verfrachtet werden. Dies geschieht auf der
Vorderseite eines kräftigen Tiefs, das entlang der kanadischen Ostküste
nordwärts zieht, über dem Nordatlantik. Infolgedessen hat sich dort ein
mächtiger Rücken etabliert. Zwischen Rücken und Trog laufen über
Mitteleuropa einzelne Randtröge nach Süden ab - beispielsweise in der
Nacht zum Samstag sowie am Samstag Nachmittag - und regen in der ohnehin
schon labil geschichteten Luftmasse die Schauertätigkeit weiter an. Am
Sonntag wird der Rücken über dem Nordatlantik von Westen her durch einen
weiteren Rücken ersetzt. Die Abflachung dazwischen entsteht durch einen
breit angelegten Trog, der an der Südspitze Grönlands eine neue
Zyklogenese in Gang kommen lässt und später den europäischen
Langwellentrog in seinem Westteil regeneriert. Das "fertige" Tief bewegt
sich indes bis Montag über die Färöer zur Deutschen Bucht. Es bezieht
deutlich mildere Luft in seine Zirkulation mit ein. Das genaue Verhalten
des Tiefs und damit auch die Frage, ob auf seiner Rückseite zur
Wochenmitte arktische Kaltluft erneut ganz Deutschland erfasst,
unterliegen noch Unsicherheiten.
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