Eine meteorologisch interessante, abwechslungsreiche und in gewisser
Weise auch spannende Woche steht Mitteleuropa bevor, an deren Ende der
Winter mit einem Gastspiel auch in tiefen Lagen aufwartet. Am
vergangenen Wochenende und am Montag merkte man davon allerdings noch
nicht allzu viel. Die südwärts ziehende Kaltfront eines mittlerweile
über dem Nordwesten Russlands liegenden Tiefdruckgebietes brachte dem
Süden Deutschlands am Sonntag Abend verbreitet leichte Regenfälle; im
Bereich des korrespondierenden und recht markant ausgeprägten
Höhentroges gingen im Norden und Nordosten kräftige Schauer nieder.
Infolge eines mäßig starken Luftdruckgradienten zwischen dem Tief mit
einem Kerndruck von unter 985 hPa einerseits und einem Hoch mit
Schwerpunkt über der Biskaya - maximaler Luftdruck dort rund 1030 hPa -
andererseits wurden an den Küsten von Nord- und Ostsee und auch rund um
Berlin zum Teil schwere Sturmböen gemessen. Beispielsweise meldete
Potsdam in Böen 101 km/h, an der Station Berlin-Mitte waren es 97 km/h.
Montag Mittag konnte die Kaltfront bereits südlich der Alpen, Reste von
ihr auch noch im inneralpinen Raum analysiert werden. Von Westen her
sorgte am Boden ein Zwischenhochkeil, in der Höhe ein auf den
südostwärts schwenkenden Trog folgender Rücken für Wetterberuhigung.
Doch dem Hochkeil wäre nicht der Zusatz "Zwischen" eigen, würde es sich
dabei um eine längerfristige ruhige Phase handeln. Dass dem nicht so
ist, macht bereits am Dienstag das Frontensystem eines sich von den
Färöern nach Südnorwegen verlagernden kleinen Tiefs deutlich. Die
Warmfront überquert Deutschland bis zum Abend mit einem mächtigen
Wolkenschirm, aber nur wenig Regen ostwärts; die Kaltfront erreicht am
Nachmittag den Norden und in der Nacht zum Mittwoch die Alpen. Kaum dort
angekommen greift innerhalb einer strammen und von Neufundland über
Südgrönland und Island nach Südskandinavien gerichteten Frontalzone am
Mittwoch Nachmittag eine Okklusion zunächst auf den Norden des Landes
über. Sie gehört zu einem neuen Tief, das sich am Dienstag über der
Dänemarkstraße formiert und am Mittwoch Abend schon über der nördlichen
Ostsee befindet. An seiner Südflanke verschärfen sich - ähnlich wie am
Sonntag - die Luftdruckgegensätze erneut, wobei das Pendant in diesem
Fall ein stabiles Hochdruckgebiet mit einem Luftdruck von etwa 1040 hPa
im Zentrum über dem Ostatlantik ist. In der Nordosthälfte Deutschlands
stellt sich somit am Mittwoch und Donnerstag erneut eine Sturmlage ein.
Die Okklusion passiert Deutschland bis Mittwoch Abend unter
Auflösungserscheinungen südostwärts. Rasch rückt jedoch ein weiteres
Frontensystem nach, das zunächst einer Frontalwelle zugeordnet werden
kann, am Donnerstag aber in die Zirkulation des Tiefs über der
nördlichen Ostsee einbezogen wird. Unterdessen bereitet ein auf der
anderen Seite des Atlantiks an der Ostküste Kanadas nordwärts wanderndes
Tief indirekt den Einbruch arktischer Luftmassen in Mitteleuropa zum
Wochenende vor. Besagtes Tief schaufelt auf seiner Vorderseite massiv
Warmluft Richtung Labradorsee und Baffin Bay und trägt auf diese Weise
maßgeblich zum Aufbau eines langwelligen Hochdruckrückens über dem
mittleren Atlantik bei. Im Gegenzug weitet sich über Nord- und
Mitteleuropa zum Wochenende ein imposanter Langwellentrog nach Süden
aus. Zwischen Rücken und Trog flutet mit einer stramme Nordströmung, die
am Samstag von Nordgrönland bis ins westliche Mittelmeer reicht, in
mehreren Staffeln Kaltluft arktischen Ursprungs ganz Nord-, West- und
Mitteleuropa. Eingeleitet wird der Kaltluftvorstoß durch die Kaltfront
des Tiefs über der Ostsee, an der sich von Donnerstag auf Freitag zum
einen die Temperaturgegensätze verschärfen und die zum anderen durch
einen südostwärts schwenkenden Randtrog aktiviert wird. Die dahinter
einfließende Kaltluft ist derweil nicht einfach nur kalt, sondern vor
allem in höheren Schichten der Troposphäre sogar sehr kalt. In etwa 5
Kilometern Höhe liegen die Temperaturen am Samstag über Mitteleuropa
großflächig um -40 Grad - ein Wert, der in diesen Breiten selbst im
Hochwinter nur selten vorkommt. Innerhalb der vertikal äußerst labilen
Schichtung können - unterstützt durch in die Strömung eingelagerte,
kurzwellige Randtröge - verbreitet Schauer entstehen, die bis in tiefste
Lagen als Schnee und Graupel fallen.
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