Quer über den europäischen Kontinent erstreckt sich derzeit eine
Luftmassengrenze, die ausgehend von einem Tiefdruckgebiet über Nordschweden
von Nordwestrussland über das Baltikum, das östliche Mitteleuropa, den
Alpenraum, Südfrankreich und die Iberische Halbinsel zum Ostatlantik
verläuft. Naturgemäß handelt es sich dabei nicht um eine gerade Linie;
vielmehr bilden sich an der Front mehrere Wellen und kleine Tiefs aus, die
an ihr nordostwärts ablaufen. Eine solche Welle zog am Mittwoch Nachmittag
und Abend über Süddeutschland hinweg und brachte kräftige Regenfälle und -
auf der warmen Seite der Luftmassengrenze - auch Gewitter. Die gemessenen
Regensummen können sich durchaus sehen lassen, zum Beispiel fielen im
südbadischen Ihringen innerhalb von 24 Stunden 37 mm. In Karlsruhe konnten
im gleichen Zeitraum 23 mm verzeichnet werden. Nach einer kurzen Pause in
der Nacht verlagert sich in diesen Stunden bereits die nächste Welle auf
nahezu identischer Zugbahn nach Nordosten. Im Norden des Landes gehen nahe
eines Tiefs mit Zentrum über der nördlichen Nordsee ebenfalls zum Teil
kräftige Regenschauer und einzelne Gewitter nieder.
Die Großwetterlage lässt sich in die Klasse "Südwest zyklonal" einordnen.
Dabei überdeckt ein mächtiger Höhentrog Nordwesteuropa, der von Spitzbergen
über das Nordpolarmeer und die Britischen Inseln bis zu den Azoren und
Kanaren reicht. Dieser Langwellentrog wird von Westen her durch einlaufende
kurzwellige Anteile regeneriert. Mitteleuropa befindet sich auf dessen
Vorderseite in einer südwestlichen Strömung im Bereich zwischen kühler
Meeresluft im Nordwesten und subtropischer Warmluft im Südosten. Der
Nordteil des Troges schwenkt am Freitag beschleunigt nach Osten, während der
Südteil bis Samstag über Westeuropa verbleibt und Abschnürungstendenz
aufweist. Parallel dazu vollzieht sich am Boden eine kräftige
Tiefdruckentwicklung, wobei das Tief mit einem Kerndruck von unter 980 hPa
Freitag Mittag einige hundert Kilometer vor der Bretagne erwartet wird. An
der Ostflanke des Tiefs intensiviert sich die südwestliche Strömung, sodass
die Luftmassengrenze am Freitag über Mitteleuropa rückläufig wird und die
subtropische Warmluft somit wieder bis zur Mitte Deutschlands nordwärts
vorankommt. Die Warmluftzufuhr geht mit der Aufwölbung eines flachen
Hochdruckrückens einher, der die Wetteraktivität in der Umgebung der
Luftmassengrenze kurzzeitig dämpft. Kurzzeitig deswegen, da bereits am
frühen Abend von Westen her die Kaltfront des Tiefs auf Deutschland
übergreift. In gewisser Weise könnte die Kaltfront als Fortsetzung der
Luftmassengrenze angesehen werden, allerdings lässt sie sich nicht eindeutig
als solche identifizieren. Wie so oft fließt die kältere Luft auch in diesem
Fall in mehreren Staffeln ein, wobei die Übergangszone bis Sonntag Früh über
Süddeutschland liegt. Im Südosten Bayerns werden die letzten Reste der
Warmluft voraussichtlich nicht vor Montag ausgeräumt.
Zu Beginn der neuen Woche wandert der Höhentrog unter Abschwächung über
Mitteleuropa hinweg, das Tief löst sich über der Nordsee auf. Ihm folgt ein
breit angelegter, zunächst aber recht flacher Rücken nach. Ob dieser zur
Wochenmitte Kontakt zu hohem Geopotential über der Mitte und dem nördlichen
Skandinavien aufnimmt und für einen längeren beständigen Witterungsabschnitt
sorgt, muss abgewartet werden. |