Einen klassischen Witterungsregelfall erlebten West- und Mitteleuropa am
vergangenen Wochenende. Die "Schafskälte", die ihren Namen wegen den im Juni
geschorenen und dann frierenden Schafen trägt, brachte aus polaren Regionen
stammende Luft und damit deutlich tiefere Temperaturen als in den
vergangenen Wochen mit sich. Ihren wahren Charakter zeigt eine polare
Luftmasse im Sommer allerdings weniger tagsüber - mit ausreichend Sonne
werden trotz Kaltluft meist um oder sogar über +20 Grad erreicht - sondern
nachts, vor allem bei klarem Himmel. Dann sinken die Temperaturen verbreitet
in den einstelligen Bereich, teilweise sogar unter die +5 Grad-Marke. Solche
Werte traten auch in den letzten Nächten auf und sorgten bei entsprechender
Durchlüftung der Zimmer für ideale Schlaftemperaturen. Neue Rekorde konnten
aber nicht vermeldet werden; beispielsweise war es zur gleichen Zeit 1955
oder auch 1967 vielerorts noch ein paar Grad kälter.
Ein mächtiger langwelliger Höhentrog überdeckt Teile des östlichen
Nordatlantiks und fast ganz Europa. Darin sind kürzere Wellen eingelagert,
die den Wetterablauf auch in den kommenden Tagen wechselhaft und insgesamt
nur wenig sommerlich gestalten. Die ehemalige Hauptachse des Troges weist
aktuell von Skandinavien nach Norddeutschland und markiert einen solchen
kurzwelligeren Anteil, der in den nächsten 12 Stunden zum Baltikum schwenkt.
Der Südteil dieses (Rand-)Troges, der sich momentan über Westeuropa
befindet, bleibt zurück und kommt nur langsam ostwärts voran. Unter seiner
Vorderseite liegt ein flaches Bodentief mit Zentrum bei den Balearen, das
sich aber trotz der eigentlich entwicklungsgünstigen Position nur wenig
intensiviert. Zusammen mit dem Höhentrog bewegt es sich bis Mittwoch über
Oberitalien Richtung Südosteuropa. Gleichwohl erfassen Hebungsprozesse an
der Nordflanke des Tiefs am Dienstag und Mittwoch auch den Süden
Deutschlands. Dabei wird mit einer allmählich auf Südwest drehenden Strömung
wieder etwas wärmere Luft herangeführt.
Hinter dem sich ostwärts verlagernden Höhentrog schiebt sich am Mittwoch von
Südwesten her ein Hochdruckrücken nach Mitteleuropa vor. Am Boden macht sich
korrespondierend dazu ein Keil des Azorenhochs besonders im Süden
Deutschlands bemerkbar. Die allgemeine Wetterberuhigung ist aber nur von
kurzer Dauer, da sich gleichzeitig der umfangreiche Langwellentrog im Norden
neu formiert. Der zum künftigen Haupttrog werdende Teil kann schon jetzt als
gut ausgeprägter Randtrog mit einem darin eingebetteten Bodentief zwischen
Island und Großbritannien analysiert werden. Bis Donnerstag wandert das Tief
über Schottland und die Nordsee zur Südwestküste Norwegens. An seiner
Südflanke bauen sich für Mitte Juni respektable Luftdruckunterschiede auf;
in höheren Schichten greift die Frontalzone, die man in dieser kräftigen
Form eigentlich eher im Frühjahr oder Herbst vermutet, von Nordwesten her
auf Deutschland über. Die Kaltfront des Tiefs überquert in der Nacht zum
Freitag die Nordhälfte des Landes, über der Mitte wird sie infolge von
Wellenbildungen zurückgehalten. Erst mit Hilfe eines weiteren markanten
Randtroges, der in der Nacht zum Samstag über Norddeutschland ostwärts
zieht, stößt sie am Samstag auch nach Süddeutschland vor. Dahinter fließt
mit einer nordwestlichen Strömung kurzzeitig erneut kühle Meeresluft ein. |