Wettergefahren-Frühwarnung | Rückblick Mai 2010
Wettergefahren-Frühwarnung - Übersicht

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Montag, 7. Juni 2010, 18:00 MESZ


Rückblick Mai 2010


Starker Schneefall am Mummelsee im
Nordschwarzwald (1.036 m über NN),
unterhalb der Hornisgrinde am Nachmittag
des 06.05.2010. Foto: Christian Ehmann


Wetterlage und Entwicklung

Mit der Sonnenscheindauer stand bei vielen Witterungsrückblicken für den Mai 2010 in Mitteleuropa ein Klimaparameter im Vordergrund, der sonst hinter Temperatur und Niederschlag eher eine untergeordnete Rolle spielt. Mit etwa 118 Stunden im gesamtdeutschen Flächenmittel war der "Wonnemonat" 2010 einer der trübsten seit Beginn der Messungen in den fünfziger Jahren. Ähnlich wolkenreich verlief der Mai bundesweit nur in den Jahren 1983 und 1984. Vor allem im Osten Deutschlands wurden vielerorts neue Negativrekorde aufgestellt. So schien beispielsweise im bayerischen Hof die Sonne nur 72,5 Stunden lang - normal wären nach dem klimatologischen Mittel der Jahre 1961 bis 1990 195,0 Stunden. Lediglich im Nordwesten des Landes wurde das Soll an einigen wenigen Stationen annähernd erreicht oder erfüllt (z. B. Helgoland 225,0 Stunden/93%).
Dort, im Nordwesten Deutschlands, verlief der Monat auch meist etwas zu trocken (z. B. Bremen/Flgh. 52,5 mm/84%), während sonst besonders nach Osten und Südosten hin teilweise ein Vielfaches der sonst üblichen Niederschlagsmenge zusammenkam. In Magdeburg summierten sich 192,9 mm - das ist mehr als das Vierfache des Maimittels (413%). Neben Regen fiel am 6. und 7. sowie an Christi Himmelfahrt am 13. teilweise bis in mittlere Höhenlagen herab auch Schnee.
Dies unterstreicht den - ganz im Gegensatz zu den Vorjahren - äußerst kühlen Charakter des Mais 2010. Die erste Monatshälfte bilanzierte im Westen örtlich mit negativen Abweichungen von mehr als 5 K zum langjährigen Mittel, bezogen auf den gesamten Monat. Einige warme bis sehr warme Tage in der zweiten Monatshälfte bauten diese großen negativen Abweichungen zumindest teilweise ab, unter dem Strich blieb dennoch ein Minus von 1,6 K im Flächenmittel stehen. Dabei waren die negativen Abweichungen im Westen größer (z. B. Düsseldorf/Flgh. 11,1 °C/-2,5 K) als im Süden und Südosten (z. B. Kempten +10,3 °C/-0,3 K). In die lange Messreihe von Kiel (seit 1940) konnte am 5. mit einer Tiefsttemperatur von -2,3 °C ein neuer Mairekord eingetragen werden. Im gesamten Monat gelang lediglich in Emmendingen-Mundingen am 25. mit einer Höchsttemperatur von +30,2 °C ein "heißer Tag".

Mit einer mittleren Temperatur von nur +12,4 °C war der Mai 2010 in Rheinstetten der kälteste seit 1991, zieht man zusätzlich die Monatswerte der alten Station des Deutschen Wetterdienstes in Karlsruhe zurate. Damals wurde dort eine mittlere Temperatur von +12,3 °C registriert. Mit 118,1 mm (129% vom Mittel) konnte das Niederschlagsdefizit vom Vormonat teilweise ausgeglichen werden. Insbesondere am 5./6. regnete es längere Zeit andauernd und kräftig, sodass in diesen 24 Stunden mit 28,7 mm rund ein Viertel des gesamten Monatsniederschlages verzeichnet werden konnte. Äußerst zurückhaltend zeigte sich dagegen die Sonne. Mit nur 100,1 Stunden schien sie nicht einmal halb so lang (49%) wie im langjährigen Mittel zu erwarten, selbst im März konnten etwa 50 Stunden mehr registriert werden. Auch hier war es seit Beginn der Messungen im Jahre 1948 der sonnenscheinärmste Mai überhaupt; ähnlich wenig Sonne gab es zuvor im Mai des Jahres 1972 mit 107,4 Stunden. Eine ausführlichere Betrachtung mit sämtlichen Tageswerten der Station gibt es hier.


01.05., 16:18 UTC, NOAA-15 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
Nach sonnenscheinreichen und frühsommerlich warmen Tagen Ende April vollzog sich beinahe pünktlich zum Wechsel in den "Wonnemonat" in Mitteleuropa eine Wetterumstellung. Entscheidend war dabei die Kaltfront eines skandinavischen Tiefdrucksystems ("Siglinde"), die Deutschland bereits am letzten Apriltag weitgehend überquert hatte und am 1. entlang der Alpen verharrte. Ursache war ein langwelliger Höhentrog, der sich mit seiner Hauptachse etwa von Spitzbergen über Westeuropa nach Marokko erstreckte und unter dessen Vorderseite die Front eine nahezu höhenströmungsparallele Lage einnahm. Vor allem in Alpennähe, aber auch sonst in der Südhälfte fiel etwas Regen. Viel Sonne und jahreszeitgemäße Temperaturen um +20 °C gab es in einem Streifen von Nordrhein-Westfalen bis zur Ostsee, einige Regenschauer gingen an der Nordsee nieder.
Diese waren dort einer zweiten Kaltfront des skandinavischen Tiefdrucksystems geschuldet, die zum 2. etwa bis zum Mittelgebirgsraum nach Süden vordrang und hinter der ein Schwall kühler Meeresluft einströmte. Derweil wurde der westeuropäische Langwellentrog durch ein von Nordwesten her zu den Britischen Inseln ziehendes und bis zum Abend den Ärmelkanal erreichendes Höhentief regeneriert, das an jener zweiten Kaltfront eine Zyklogenese initiierte. Das resultierende Tief wurde auf den Namen "Tilla" getauft und verlagerte sich mit seinem Zentrum im Tagesverlauf nach Norddeutschland. Die in den Westen einfließende Höhenkaltluft, im 500-hPa-Niveau (ca. 5,5 km Höhe) wurden immerhin weniger als -25 °C analysiert, sorgte dort für einige Schauer und Gewitter. Im Süden dauerten die Regenfälle im Umfeld der Luftmassengrenze an; im Zuge einer Tiefdruckentwicklung südlich der Alpen intensivierten sich diese vorübergehend gar noch. So kamen am unmittelbaren Alpenrand bis zum Abend verbreitet zwölfstündige Niederschlagsmengen um 10 mm zustande (z. B. Kempten). Die Temperaturen verweilten bundesweit unterhalb der +20-Grad-Marke.
Am 3. wanderte "Tilla" entlang der polnischen Ostseeküste Richtung Baltikum. Aus dem Langwellentrog ging über Südfrankreich ein eigenständiges Höhentief hervor, das ursprünglich zu "Tilla" korrespondierende Höhentief schloss sich dem in seinem Nordteil nach Skandinavien bewegenden Trog an. Bundesweit gingen verbreitet schauerartige Regenfälle und örtlich kurze Gewitter nieder. Die Temperaturen erreichten nur Höchstwerte um +15, im Norden nicht einmal +10 °C.

04.05., 13:00 UTC, NOAA VIS
Quelle: DLR
Am 4. machte sich im Nordwesten der Keil eines Hochdruckgebietes mit Schwerpunkt westlich der Britischen Inseln mit bis zu zehn Sonnenstunden bemerkbar. Im Süden Deutschlands gewann dagegen ein sich auf der Vorderseite des am Vortag zur Iberischen Halbinsel abgetropften Höhentiefs entwickelndes, kräftiges Bodentief ("Ulrike") an Bedeutung. Dieses positionierte sich mit seinem Zentrum zunächst über dem Löwengolf; über die Alpen nordwärts ausgreifende Warmluftadvektion sowie dynamische Hebungsvorgänge im Bereich eines um das Höhentief schwenkenden Kurzwellentroges erzeugten jedoch ein Wolken- und Niederschlagsgebiet, das zum Nachmittag und Abend dem Süden Baden-Württembergs und Bayerns einsetzenden Regen brachte. Verbreitet summierten sich zwischen 2 und 5 mm innerhalb von sechs Stunden, dazu frischte der Wind stark böig auf mit schweren Sturmböen im Bergland (z. B. Feldberg/Schwarzwald 94 km/h).
An der Kaltfront von "Ulrike" entstand rasch ein neues Tief ("Valeska"), das am 5. den Sprung über die Alpen nach Süddeutschland schaffte. "Ulrike" löste sich im weiteren Verlauf an Ort und Stelle auf. Nach einer sehr kalten Nacht mit verbreitetem Frost im Norden - in Kiel wurde mit -2,3 °C gar ein neuer Rekordtiefstwert für den Monat Mai aufgestellt - änderte sich am Wetterbild gegenüber dem Vortag nichts Wesentliches; die Gebiete südlich des Mains lagen unter einer kompakten Wolkendecke verborgen, aus der teilweise etwas Regen fiel. In der Mitte und im Norden schien häufig die Sonne. Für Anfang Mai war es deutlich zu kühl, im Süden blieb es regional bei einstelligen Tageshöchsttemperaturen. Doch auch im Norden kam das Quecksilber kaum über +10 bis +15 °C hinaus (z. B. Hamburg/Flgh. +13,1 °C).
Am 6. meldete sich in den westlichen Mittelgebirgen noch einmal der Winter zurück. "Valeska" zog im Tagesverlauf über den Osten Deutschlands nach Polen, auf ihrer Rückseite wurde die über dem südlichen Skandinavien und der Nordsee lagernde Kaltluft polaren Ursprungs bis zu den Alpen südwärts geführt. Das Höhentief wanderte über Norditalien zur nördlichen Adria; Warmluftadvektion einer-, vor allem aber ein weiterer markanter, um das Höhentiefzentrum kreisender Kurzwellentrog andererseits stellten großräumige Hebungsantriebe bereit. Insbesondere am Nachmittag kam es so verbreitet zu teilweise kräftigen Niederschlägen, die dank Verdunstungsabkühlung beispielsweise im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb bis unter 1.000 Meter herab in Schnee übergingen und auch in der darauffolgenden Nacht andauerten. So wurden am Morgen des 7. in Freudenstadt 4, in Meßstetten 3 und auf dem Kahlen Asten im Sauerland 2 cm Schnee gemessen. Mancherorts im Schwarzwald dokumentierten Fotos eine Schneehöhe um 15 cm, die Bundesstraße 500 (Schwarzwaldhochstraße) musste streckenweise vorübergehend für den Schwerverkehr gesperrt werden. Im Westen wurden örtlich selbst im Tiefland Schneeflocken gesichtet. Die 24-stündigen Niederschlagsmengen beliefen sich besonders im Südwesten auf 20 bis 30 mm (z. B. Freudenstadt 33 mm). Tagsüber blieb der Himmel wolkenverhangen, hauptsächlich in der Westhälfte fiel weiterer Regen. Selten erlebt man in Deutschland einen so kühlen Maitag, zweistellige Höchsttemperaturen bildeten die Ausnahme und traten lediglich am Oberrhein, in Teilen Bayerns sowie im Osten auf. Derweil zog ein neues Höhentief von Skandinavien zur Biskaya und regenerierte auf diese Weise den Trogkomplex über West- und Mitteleuropa.

08.05., 05:26 UTC, NOAA-15 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
Trotz insgesamt etwas steigenden Luftdruckes am Boden hielten sich auch am 8. noch viele Wolken über Deutschland. Auf der Vorderseite des westeuropäischen Höhentiefs, das eine dipolartige Struktur ausbildete, blieb das Strömungsmuster in der mittleren und oberen Troposphäre über Mitteleuropa zyklonal geprägt. Im Süden sowie im Norden - wo noch immer "Valeska" mit einem Ausläufer Einfluss ausübte - regnete es ein wenig. Zum Nachmittag kam dann aber doch hier und da für einige Momente die Sonne zum Vorschein. Mit Höchstwerten nahe +20 °C am Oberrhein (z. B. Freiburg +18,3 °C) wurde es zumindest in der Südhälfte bereits wieder deutlich milder.
Am 9. schwenkte das östliche der beiden westeuropäischen Höhentiefzentren als Kurzwellentrog mit einem kleinen Gebiet sehr kalter Luft in der Höhe über die Mitte Deutschlands ostwärts. In den unteren Schichten gelangte an der Ostflanke eines kräftigen Tiefs ("Xena") über dem Nordwesten der Iberischen Halbinsel etwas wärmere Luft vor allem in den Süden Deutschlands. Die daraus entstehende labile Schichtung genügte zur Auslösung einiger Schauer und sogar kurzer Gewitter. Im Norden zeichnete die Kaltfront von Tief "Wilma" mit Zentrum über Südnorwegen für dichte Bewölkung verantwortlich. Regen fiel dort jedoch nur selten.

Bodendruckanalysen | Quelle: FU Berlin / DWD
01.05.2010, 00 UTC 04.05.2010, 00 UTC 08.05.2010, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur | Quelle: Wetterzentrale
01.05.2010, 00 UTC 04.05.2010, 00 UTC 08.05.2010, 00 UTC

Jene Kaltfront passierte am 10. einen Großteil des Landes südostwärts. Hauptsächlich im Süden, wo mit der Warmfront von "Xena" ohnehin schon feuchte Luft herangeführt wurde, gestaltete sich der Tag regnerisch. In der frisch eingeflossenen polaren Kaltluftmasse riss die Wolkendecke im Norden dagegen rasch auf. Allerdings wurden dort trotz Sonnenscheins nur Höchstwerte um +10 °C registriert (z. B. Bremen/Flgh. +9,7 °C).
"Xena" zog am 11. mit ihrem Zentrum über den Süden Frankreichs, Baden-Württemberg und Bayern hinweg nach Ostdeutschland. Der zugehörige Höhentrog lief über die Mitte Frankreichs und Benelux nach Nordosten ab; der Langwellentrog selbst aber verweilte quasistationär über Westeuropa und wurde durch einen an seiner Westflanke einlaufenden kurzwelligen Anteil erneut regeneriert. Die am Vortag nach Süden vorgestoßene Kaltfront wurde als Warmfront von "Xena" kurzzeitig wieder nach Norden rückläufig. Nachdem der Tag bereits vielerorts trüb, teilweise neblig und vor allem im Osten und Süden Deutschlands mit etwas Regen begonnen hatte, zeigte sich am Nachmittag südlich der Donau längere Zeit die Sonne. Mit der Kaltfront von "Xena" überquerte am Abend eine Gewitterlinie die Südhälfte der Bundesrepublik ostwärts. Dabei gab es Starkregen (z. B. Nürnberg/Flgh. 29 mm in sechs Stunden), Hagel (z. B. Hallerndorf/Bayern) und schwere Sturmböen (z. B. Regensburg 94 km/h), vor allem aus Bayern wurden einige Schäden gemeldet.

12.05., 11:47 UTC, NOAA-19 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
Am 12. verlagerte sich "Xena" und mit ihr die kräftigen Niederschläge in den Norden. Besonders in der Nacht und am Morgen regnete es zuweilen kräftig, in Magdeburg fielen 48 mm innerhalb von zwölf Stunden. Hinter der Kaltfront setzte sich speziell im Westen deutlich kühlere Meeresluft durch. Bei weiteren, aber nur noch leichten Regenfällen wurden dort lediglich einstellige Höchstwerte gemessen, an Rhein und Donau mit Sonne immerhin über +15 °C (z. B. Regensburg +18,8 °C).
Am 13. schnürte sich innerhalb des sich vom grönländischen Raum über die Britischen Inseln und die Iberische Halbinsel bis zu den Kanaren erstreckenden Langwellentroges ein Höhentief ab und nahm über die Biskaya Kurs auf Südfrankreich. Auf der Vorderseite des Troges lag Mitteleuropa respektive Deutschland unverändert unter einer südwestlichen bis südlichen Höhenströmung. Die ursprünglich zu "Xena" gehörende und nun als Luftmassengrenze in Erscheinung tretende Kaltfront schmiegte sich an die Alpen an und trennte die kühle Meeresluft im Westen von wärmerer Luft südlich von ihr. Nur wenige Sonnenstunden konnten an diesem grauen Tag registriert werden, in Baden-Württemberg und Bayern fiel im Umfeld der Luftmassengrenze längere Zeit und zum Teil ergiebig Regen (z. B. Freiburg/Flugplatz 29 mm in 24 Stunden). Im Hochschwarzwald schneite es, auf dem Feldberg lagen am Abend 5 cm Schnee. Die Temperaturen kamen über Höchstwerte um +10 °C an diesem Feiertag (Christi Himmelfahrt) meist nicht hinaus, im Osten wurden örtlich +15 °C erreicht (z. B. Fürstenzell).
Der Südteil des Langwellentroges schwenkte als äußerst aktiver Part am 14. zum westlichen Mittelmeerraum und setzte dort eine kräftige Zyklogenese in Gang. Dabei intensivierte sich ein von Algerien und Tunesien her kommendes Tief ("Yolanda") rasch und zog im weiteren Verlauf als Sturmzyklone über die Mitte Italiens und die Adria hinweg nach Kroatien. Es sorgte in Südost-, später auch in Osteuropa für unwetterartige Regenfälle (siehe Artikel). Im Süden Deutschlands verursachte derweil noch eine weitere Tiefentwicklung an der Luftmassengrenze, die zwischenzeitlich die Alpen südwärts überquert hatte, andauernden Regen; im Osten war dieser einer Randtiefbildung über Tschechien/Polen geschuldet. Dieses Tief erhielt zunächst den Namen "Xena II" und wurde dann als "Xena" weitergeführt. Zwar konnten nur im Osten nennenswerte Regensummen gezählt werden (z. B. Kümmersbruck 10 mm in zwölf Stunden), unter dem Strich stand jedoch ein weiterer grauer und sehr kühler Maitag (z. B. Stuttgart/Flgh. +9,3 °C).
Am 15. brachte das neu formierte Tief "Xena" dem Osten und Nordosten weiteren, kräftigen Regen (z. B. Neuruppin 19 mm in zwölf Stunden), im Westen schien nach einiger Zeit mal wieder die Sonne. Das Temperaturniveau blieb äußerst verhalten mit nur +5 bis +10 °C im Osten und um +15 °C im Westen.

16.05., 12:47 UTC, NOAA-19 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
Zum 16. nahm der Langwellentrog eine diagonale Lage über Europa ein mit einer von Grönland zu den Britischen Inseln gerichteten Hauptachse und einem aus seinem ehemaligen Südteil hervorgegangenen Höhentief über Südosteuropa. Im Bodendruckfeld dominierte das Tiefdrucktandem "Xena", die sich im Tagesverlauf nach Südschweden verlagerte, und "Yolanda" mit Zentrum über Ungarn. In Deutschland fielen nur noch selten ein paar Regentropfen - auf den hohen Berggipfeln Schneeflocken -, stattdessen kämpfte sich unter dem Einfluss eines Azorenhochkeils öfter die Sonne durch die Wolken. Es blieb recht frisch, die +20-Grad-Marke wurde nirgendwo erreicht.
Aus dem nach Südosten weisenden Langwellentrog tropfte am 17. über der Nordsee ein Höhentief ab, das sich bis zum Tagesende nach Benelux bewegte. Dynamische Hebungsprozesse auf dessen Vorderseite genügten im Westen zur Bildung einiger Schauer und Gewitter, auch im Süden fiel hier und da noch etwas Regen. Sonst blieb es meist trocken, ein neuer Schwall Meereskaltluft mit Temperaturen um 0 °C im 850-hPa-Niveau ließ jedoch trotz Sonne nur Höchsttemperaturen zwischen +15 und +20 °C zu.
Am 18. wanderte das Höhentief langsam über Deutschland hinweg zu den Alpen. In Bodennähe hatte sich am Rande eines umfangreichen Hochs ("Siegbert") mit Schwerpunkt über der Biskaya eine nördliche Strömung eingestellt. Besonders in der Südwesthälfte gab es weitere Schauer und einzelne Gewitter, bei den Temperaturen waren Werte zwischen +15 und +17 °C am Rhein das höchste der Gefühle.

Bodendruckanalysen | Quelle: FU Berlin / DWD
12.05.2010, 00 UTC 16.05.2010, 00 UTC 20.05.2010, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur | Quelle: Wetterzentrale
12.05.2010, 00 UTC 16.05.2010, 00 UTC 20.05.2010, 00 UTC

Das kleine Höhentief ging zum Ende der zweiten Monatsdekade in seinem ungleich größeren Pendant über Südosteuropa auf; rückseitig des gesamten Gebildes griff am 19. von Nordosten her massive Warmluftadvektion auf das Bundesgebiet über. Dies wurde durch die Entwicklung eines Teiltiefs von "Yolanda" über Polen ermöglicht, das auf den weiteren Analysekarten selbst als "Yolanda" bezeichnet wurde. Intensive Regenfälle waren die Folge, am meisten Nass bekam Thüringen ab. In Geisa an der Grenze zu Hessen fielen binnen 24 Stunden 53 mm. Trocken blieb es nur im äußersten Westen, viel Sonne hatte der Nordwesten zu bieten. Dort wurde es mit bis zu +22 °C (z. B. Schleswig +21,5 °C) auch am wärmsten, während im Dauerregen einmal mehr in diesem Monat nur einstellige Höchstwerte gemessen werden konnten.

20.05., 12:05 UTC, NOAA-19 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
In der Umgebung einer aus der Warmluftadvektion resultierenden Schliere feuchtwarmer Luft, die sich von Schleswig-Holstein bis zum Schwarzwald erstreckte, fiel am 20. noch etwas Regen. Auch in der Nähe des Tiefzentrums von "Yolanda" über der ostdeutschen Grenze sowie des zugehörigen Frontensystems regnete es in der gesamten Osthälfte noch ein wenig. Mehr als zehn Sonnenstunden konnte wiederum der äußerste Westen vorweisen.
Zu Beginn des letzten Monatsdrittels stellte sich die europäische Großwetterlage zumindest vorübergehend grundlegend um. An die Stelle des westeuropäischen Langwellentroges war ein ausgeprägter Hochdruckrücken getreten, der von Südwesteuropa bis zum Nordmeer reichte und über Skandinavien Kontakt zu einem dort liegenden Höhenhoch herstellte. Das umfangreiche südosteuropäische Höhentief änderte seine Position nur zögernd, verlor aber mehr und mehr den Einfluss auf das mitteleuropäische Wettergeschehen. Diesen gewann Hoch "Siegbert", das seinen Schwerpunkt zur Nordsee verschob. Dichtere Wolken mit etwas Regen hielten sich am 21. und 22. noch in der Osthälfte Deutschlands, während sich im Westen immer öfter die Sonne in Szene setzen konnte. Großräumiges Absinken auf der Vorderseite des Rückens führte zudem zu einer kontinuierlichen Erwärmung der Luftmasse. Zunächst nur vereinzelt, am 23. - dem Pfingstsonntag - dann verbreitet stiegen die Temperaturen auf Höchstwerte zwischen +20 und +25 °C, örtlich auch noch höher (z. B. Rahden-Varl, Nordrhein-Westfalen +26,5 °C). Es waren die ersten richtig warmen Tage in diesem Monat.

24.05., 11:38 UTC, NOAA VIS
Quelle: DLR
Doch der Durchbruch zu beständig frühlingshaftem oder gar frühsommerlichen Wetter sollte nicht gelingen. Hohes Geopotential baute sich über Grönland auf, im Gegenzug weitete sich ein Trog über Nordeuropa nach Süden aus. Ein umfangreiches Tiefdrucksystem ("Zaza") etablierte sich über dem skandinavischen Raum, dessen Kaltfront am 24. den Norden und Osten Deutschlands erreichte. An dieser lief zudem ein Randtief rasch von der Nordsee über Schleswig-Holstein nach Nordpolen ab; eine auf den ersten Blick unscheinbare Entwicklung mit allerdings verheerenden Folgen für den Nordosten Deutschlands. Dort formierten sich zahlreiche, linienhaft organisierte Gewitter. Dabei entstanden auch Superzellen, Gewitterwolken mit einem rotierenden Aufwind. Eine dieser Superzellen brachte mindestens einen Tornado hervor, der über große Teile Sachsens hinwegzog und auch den Süden Brandenburgs streifte. Sollte es sich tatsächlich nur um einen einzigen Tornado gehandelt haben, hätte dieser mit 90 bis 100 Kilometern eine der längsten, wenn nicht die längste in Deutschland je beobachtete Wegstrecke zurückgelegt. Besonders massive Schäden hatte der Ort Großenhain in Sachsen zu beklagen, wo zudem Hagelkörner mit Größen bis 9 cm im Durchmesser fielen. Ein sechsjähriges Mädchen wurde in einem Auto von einem umstürzenden Baum erschlagen.
Am 25. kam die Kaltfront weiter nach Süden voran, wurde dort jedoch vor dem nach Westen expandierenden und ein hochreichendes, sich zur Biskaya verlagerndes Tief ("Anja") integrierenden Langwellentrog als Luftmassengrenze quasistationär. Auf der Vorderseite von "Anja" gelangte kurzzeitig sehr warme Luft subtropischen Ursprungs in den Süden Deutschlands, in der - reichlich spät - der erste heiße Tag mit einer Höchsttemperatur von mindestens +30,0 °C an einer Station des Deutschen Wetterdienstes notiert werden konnte (Emmendingen-Mundingen, Baden-Württemberg +30,2 °C). In den Nachmittags- und Abendstunden entwickelten sich teilweise kräftige Gewitter, in der darauffolgenden Nacht zog zusammen mit einem flachen Tief ein von Gewittern durchsetztes Starkregengebiet von Nordostfrankreich über den Norden Baden-Württembergs und Bayerns ostwärts. Mancherorts fielen um 30 mm Regen innerhalb kurzer Zeit (z. B. Mannheim 24 mm). Ruhig und kalt verlief die Nacht dagegen in der dort eingeflossenen Kaltluft mit polarem Ursprung im Norden: In Faßberg in der Lüneburger Heide gab es sogar leichten Frost (-1,5 °C).
Auf das erste flache und namenlose Tief folgte etwa 24 Stunden später mit "Anja" das nächste Tief auf ähnlicher Bahn. Warmluftadvektion auf der Vorderseite drückte die feuchte Warmluft mit länger anhaltendem Regen zunächst wieder nach Norden, ehe am Nachmittag von Westen her vermehrt Schauer und Gewitter aufkamen. Im schwäbischen Rems-Murr-Kreis gab es dabei einen weiteren Tornadoverdachtsfall, bei Aalen auf der Schwäbischen Alb fielen Hagelkörner mit Korngrößen bis 4 cm im Durchmesser.
Am 27. machte sich ein drittes flaches Tief entlang der Luftmassengrenze auf den Weg nach Osten. Da die wärmste Luft inzwischen jedoch über die Alpen südwärts abgedrängt worden war, traten zunächst nur einige Schauer und kurze Gewitter im Süden auf. Zum Abend näherte sich dem Nordwesten die Okklusion eines südskandinavischen Tiefs mit neuem Regen an.

28.05., 12:36 UTC, NOAA VIS
Quelle: DLR
31.05., 15:57 UTC, NOAA-15 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
Die Luftmassengrenze im Süden wandelte sich am 28. in die Kaltfront dieses Tiefs um und kam mit Passage der Hauptachse des Troges als solche beschleunigt nach Südosten voran. Die warme und feuchte Luft wurde damit endgültig aus fast allen Landesteilen ausgeräumt - eine Ausnahme bildete der unmittelbare Alpenrand. Die Front selbst brachte im Süden nochmals kräftige Gewitter mit sich, die zum Beispiel in München mit Starkregen (11 mm in einer Stunde) und Hagel einhergingen. Im Bereich der Trogachse wurden auch im Nordwesten Gewitter beobachtet, die aufgrund der dort vorherrschenden kühleren Luftmasse in Bezug auf Starkregen allerdings deutlich weniger kräftig ausfielen. Dafür wehte der Wind dort in Böen stark bis stürmisch (z. B. Bremerhaven 68 km/h).
Postfrontal stieg der Luftdruck rasch an, ebenso rasch jedoch marschierte am 29. Hoch "Trent" über die Mitte Deutschlands nach Osteuropa. An seiner Westflanke wurde mit einer südlichen Strömung die feuchtwarme Luft aus dem Alpenraum wieder in den Süden des Landes geführt; am Nachmittag entwickelten sich hier erneut Gewitter. Sonst jedoch schien häufig die Sonne auf einem spätfrühlingshaften Temperaturlevel (z. B. Münster/Osnabrück Flgh. +21,8 °C).
Sinnbildlich für den gesamten Monat aber setzte sich an den beiden letzten Tagen erneut regnerisches, kühles und auch windiges Wetter durch. In Verbindung mit Tief "Bergthora", das sich zusammen mit einem intensiven Höhentief quer über Deutschland ostwärts verlagerte, gab es verbreitet Regen, Schauer und - vor allem im Süden und im Norden - Gewitter. Ein Starkwindfeld an der Südwestflanke des Höhentiefs schuf Voraussetzungen für kräftige, örtlich stürmische Böen in der Nähe von Schauern und Gewittern (z. B. Frankfurt am Main/Flgh. 68 km/h). Die Temperaturen erreichten am 31. nur noch Höchstwerte um +15 °C.

Bodendruckanalysen | Quelle: FU Berlin / DWD
24.05.2010, 00 UTC 28.05.2010, 00 UTC 31.05.2010, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur | Quelle: Wetterzentrale
24.05.2010, 00 UTC 28.05.2010, 00 UTC 31.05.2010, 00 UTC


Monatswerte

Nachstehend Monatswerte vom Mai 2010 für ausgewählte Stationen in Deutschland. "Temp." steht dabei für die Monatsmitteltemperatur, "Nds." für die Niederschlagssumme und "Sonne" für die Sonnenscheindauer. "Vgl." gibt für die jeweilige Größe den Vergleich mit dem Mittelwert der Jahre 1961 bis 1990 des Ortes an (Quelle: DWD):

Ort Temp. Vgl. Nds. Vgl. Sonne Vgl.
Düsseldorf/Flgh.
Leipzig/Flgh.
Rheinstetten
+11,1 °C
+11,0 °C
+12,4 °C
-2,5 K
-1,9 K
-1,4 K
69,0 mm
120,4 mm
118,1 mm
99%
245%
129%
139,5 h
114,4 h
100,1 h
71%
57%
49%


Text und Gestaltung: CE


In Zusammenarbeit mit:
Lacunosa Wetterberatung