Wettergefahren - Frühwarnung - Rückblick Mai 2008
Wettergefahren-Frühwarnung - Übersicht

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Freitag, 6. Juni 2008, 21:45 MESZ


Rückblick Mai 2008


Satellitenbild: 30.05.2008, 20:12 UTC, NOAA IR
Quelle: DLR


Wetterlage und Entwicklung

Ein hoher Überschuss an Wärme und Sonne zeichnete den Mai 2008 in Deutschland aus. Das Flächenmittel der Temperatur errechnete sich zu 14,0 °C, was eine positive Abweichung von 2,6 K gegenüber dem Schnitt der Jahre 1961 bis 1990 bedeutet. Besonders groß waren diese Abweichungen in der Südwesthälfte des Landes, wo sie meist zwischen 3 und 4 K lagen (z.B. Trier +3,7 K). Mit einem Plus von häufig 2 bis 3 K wichen die Temperaturen im Norden und Osten dagegen nicht ganz so stark von den Mittelwerten ab. Die mittlere Niederschlagsmenge betrug nur 30,5 mm, damit verlief der Monat fast überall deutlich zu trocken. Vor allem rund um Berlin fielen zum Teil nicht mal 10 mm (z.B. Berlin/Tempelhof Flgh. 5,6 mm). Insgesamt mehr Regen bekam die Südwesthälfte ab, doch auch dort reichte es an keiner der Vergleichsstationen zu einer ausgeglichenen Bilanz. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass sich infolge teilweise schwerer Gewitter am Ende des Monats punktuell sehr große Regenmengen summierten, die sicher weit oberhalb des Schnitts anzusiedeln wären. Hohe Temperaturen, wenig Niederschlag - alleine diese Kombination bedingt eigentlich schon fast eine überdurchschnittliche Sonnenscheindauer. Davon profitierte allen voran der Nordosten; mit knapp 400 Stunden schien die Sonne beispielsweise in Rostock gut 1 1/2 Mal so lang wie im Schnitt der Jahre 1961 bis 1990 (161 Prozent). Aber auch der Südwesten bekam verbreitet über 250 Sonnenstunden ab.

In Karlsruhe sticht zuallererst die rekordverdächtige Monatsmitteltemperatur von +17,8 °C ins Auge. Und tatsächlich war ein Mai seit 91 Jahren nicht mehr so warm wie dieser. Zugleich handelte es sich um den zweitwärmsten Mai seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen im Jahre 1876, mit einer Abweichung von +3,5 K gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990. Mit nur 53,2 mm Niederschlag erwies sich der Monat als deutlich zu trocken (67 Prozent des Mittels der Jahre 1961 bis 1990), fügte sich damit aber ins deutschlandweite Gesamtbild ein. Die Sonne schien 274,1 Stunden lang - das entspricht 131 Prozent im Vergleich mit genanntem Bezugszeitraum.

Nach vielen Anlaufschwierigkeiten kam der Frühling Anfang Mai in Mitteleuropa so richtig in Schwung. Am 1. hatten zunächst aber der Norden und Osten Deutschlands noch mit dem Ausläufer von Tiefdruckgebiet "Agnes" mit Zentrum über Großbritannien zu tun. Der zugehörige Höhentrog überdeckte ganz Nordwest- und Teile Mitteleuropas. Hinter der Okklusion strömte kühle Atlantikluft ein, am Nachmittag entwickelten sich zahlreiche Regen- und Graupelschauer. Kurze Gewitter waren vor allem im Nordwesten mit dabei, wo zusätzliche Hebungsantriebe durch einen nordostwärts schwenkenden, kurzwelligen Höhentrog gegeben waren.
Am 2. verlagerte sich der Langwellentrog retrograd nach Westen. Über Westeuropa baute sich ein Hochdruckrücken auf, der am Boden Hoch "Marco" über den Alpen stützte. Der Kurzwellentrog ließ sich noch als schmale Zone kalter Luft in der Höhe über Norddeutschland identifizieren. Folglich bildeten sich dort und in der Mitte des Landes nochmals Schauer und einzelne Gewitter. Im Süden schien bei Höchsttemperaturen bis +21 °C in Karlsruhe verbreitet die Sonne. Bis zum 3. verschob sich "Marco" über Deutschland hinweg nordwärts und war mit seinem Schwerpunkt dann über Südskandinavien zu finden. Im Osten gab es im Bereich der höhenkalten Luft noch letzte Regenschauer, sonst herrschte überall sonniges und abgesehen von den Küsten auch sehr mildes bis warmes Frühlingswetter.
Hoch "Marco" sollte sich als ein sehr stabiler Vertreter seiner Art erweisen. Es bewegte sich in der Kalenderwoche 19 nur unwesentlich und bestimmte mit trockener und durch großräumige Absinkprozesse allmählich immer wärmerer Luft das Wetter in ganz Deutschland. Lediglich am 5. und 6. traten in den neuen Bundesländern sowie im Osten Bayerns noch einzelne Schauer und sogar kurze Gewitter auf. Danach blieb es aber auch dort trocken. Die Temperaturen stiegen von Tag zu Tag an. Mit einer Höchsttemperatur von +25,4 °C konnte am 8. auch Karlsruhe - ungewöhnlich spät - den ersten Sommertag des Jahres verbuchen. Dabei hatte sich eine klassische "Omegalage" etabliert; mit einem Hochdruckrücken, der über West- und Mitteleuropa weit nach Norden reichte und zwei flankierenden Trögen über dem Atlantik und Osteuropa. Weil das Strömungsmuster in höheren Luftschichten dem griechischen Buchstaben ähnelt, hat sich diese Bezeichnung unter Meteorologen eingebürgert. Zu Pfingsten erreichten die Temperaturen entlang des Rheins, an der Nordseeküste und im Berliner Raum Höchstwerte über +25 °C (z.B. Potsdam +26,1 °C am 12.).
Am 12. und 13. schwächte sich Hoch "Marco" deutlich ab, wanderte zum Balkan und löste sich dort auf. Mit Hoch "Nevio" zwischen Island und Norwegen stand sein Nachfolger aber schon parat. Somit gestaltete sich das Wetter auch an diesen beiden Tagen deutschlandweit noch überwiegend sonnig und - mit Ausnahme des äußersten Nordostens - warm. Dort drang die Kaltfront eines über das Weiße Meer ostwärts ziehenden Tiefs ein und führte einen Schwall polarer Kaltluft heran, der die Höchsttemperatur am 13. am Kap Arkona auf Rügen bei nur +10 °C verharren ließ. Die Tage des astreinen Frühsommerwetters waren trotzdem gezählt. Vor der Biskaya nistete sich ein Höhentief ein, gleichzeitig weitete sich eine zugehörige flache Tiefdruckrinne am Boden nordostwärts aus. Die ersten kurzen Schauer und Gewitter gingen am Nachmittag des 13. in Ostwestfalen, im Harz, im Nordosten Bayerns und im Süden Baden-Württembergs nieder; ein Tag später blitzte und donnerte es vor allem im Westen und entlang des Mains.
Am 15. erstreckte sich die Tiefdruckrinne noch immer von der Iberischen Halbinsel ausgehend über West- und Mitteleuropa nach Nordosten. Eine darin eingebettete Luftmassengrenze über Norddeutschland trennte warme und feuchte Luft im Süden von kühlerer und trockenerer Luft im Norden. Somit ließen sich Schauer und Gewitter am 15. hauptsächlich in der Mitte und im Süden Deutschlands beobachten. Am 16. löste sich aus der Rinne ein kleines Tief ab, das über Norddeutschland ostwärts zog. Es drückte die Luftmassengrenze zunächst weiter Richtung Norden, sodass in einem Streifen von Nordrhein-Westfalen über das südliche Niedersachsen bis zum nördlichen Brandenburg verbreitet teilweise kräftiger Regen mit Mengen bis 16 mm binnen 12 Stunden (Bückeburg) fiel. Ein weiteres Tief ("Desiree") verlagerte sich am 17. auf geringfügig südlicherer Zugbahn nach Nordosten. Es brachte dem Norden und der Mitte erneut länger anhaltenden Regen. Weiter im Süden, wo in der Warmluft örtlich bis +25 °C (Cottbus) gemessen wurden, kam es zu einzelnen Gewittern.
Unterdessen hatte sich über Nordeuropa ein Langwellentrog formiert, der sich weiter nach Süden ausdehnte und in Mitteleuropa eine deutlich kühlere Witterungsphase einleitete. Auf der Rückseite von "Desiree" und einem weiteren Tief über der Ostsee ("Claudia") wurde am 19. der Weg frei für Kaltluft polaren Ursprungs aus Norden. Zwischen der Kaltfront von "Claudia" und dem weit zurückhängenden Ausläufer von "Desiree" hielt sich am 18. jedoch noch feuchtwarme Luft, innerhalb derer über Süddeutschland kräftige Schauer und Gewitter entstanden. Harburg in Schwaben verzeichnete dabei 46 mm Regen in 12 Stunden. Mit Annäherung der Kaltfront von "Claudia" wandelten sich die Schauer und Gewitter am Abend in großflächige Regengebiete um. Über Nacht summierte sich der Regen in Süddeutschland an zahlreichen Stationen auf zweistellige Werte (z.B. Stuttgart/Flgh. 21 mm).
Am 19. hatte es die Kaltfront bis zu den Alpen geschafft, jedoch blieben die unteren Schichten in Baden-Württemberg und Bayern recht feucht. Im Bereich eines Höhentiefs über dem Golf von Genau entwickelte sich Tief "Evi", das den Südalpen ergiebige Niederschläge lieferte (siehe Artikel). Zwischen dem Höhentief im Süden und dem Höhentrog im Norden befand sich relativ gesehen hohes Geopotential über dem Süden Deutschlands. Nur vereinzelt regnete es im Süden noch etwas, sonst schien neben kurzen Schauern im Norden auch ab und an die Sonne. Das alles spielte sich aber bei einem merklich gedämpften Temperaturniveau ab, die +20-Grad-Marke wurde nirgendwo mehr erreicht.
Zu Beginn der dritten Dekade verlagerten sich "Evi" und das korrespondierende Höhentief unter Abschwächung nach Osteuropa. Auf der Nordseite des Tiefs griffen Hebungsprozesse auch auf Süd- und Ostdeutschland über und sorgten am 20. für etwas Regen in der Südosthälfte Bayerns (z.B. Mühldorf am Inn 5 mm) und am 21. in Sachsen (z.B. Fichtelberg 2 mm). Im restlichen Land setzte sich immer mehr Hoch "Otto" mit Schwerpunkt über dem Nordmeer durch, das einen Keil viele tausend Kilometer südwärts bis nach Mitteleuropa vorschob. Aber auch "Otto" konnte die feuchte Luft im Süden nicht beseitigen. So präsentierte sich das Wetter in Deutschland an Fronleichnam zweitgeteilt. Nördlich der Mittelgebirge schien bei nur lockeren Quellwolken häufig die Sonne, südlich davon bedeckte kompakter Stratocumulus den Himmel. Strichweise regnete es sogar leicht.
Den entscheidenden Impuls für die weitere Entwicklung gab am 23. ein hochreichendes Tiefdrucksystem ("Fei") über dem Ostatlantik, das am 25. über Südwesteuropa ausgemacht werden konnte. Warmlufttransport nach Norden auf der Vorderseite des Höhentiefs zog über dem Mittelmeer und Italien bis nach Deutschland die Aufwölbung eines Hochdruckrückens nach sich. Die Temperaturen stiegen langsam wieder auf sommerliche Werte, die Sonne ließ sich im Südwesten allerdings auch am 24. noch nicht oft blicken. Dafür war unter anderem auch die Warmfront von "Fei" verantwortlich, die am Abend die südwestlichen Landesteile mit etwas Regen überquerte. Anders sah dies weiterhin in der Nordhälfte aus, wo die Sonne am Tag 15 Stunden lang zu sehen war.
Mit der sowohl in tieferen als auch in höheren Schichten der Troposphäre ausgeprägten Südströmung wurde vom 26. an sehr warme Subtropikluft bis zur Mitte Deutschlands gelenkt. Am 28. konnten mit Föhnunterstützung im Alpenvorland auf der 850 hPa-Druckfläche (etwa 1500 Meter Höhe) +24 °C analysiert werden. Solche Werte stehen in diesen Breiten selbst im Hochsommer ganz oben auf der Liste. Während am 26. aber sowohl im Norden als auch im Süden noch dichte Wolken und leichter Regen dominierten, konnte sich die Sonne am 27. im Süden immer besser behaupten und die Maxima in Baden-Württemberg und Bayern teilweise auf hochsommerliche Werte über +30 °C steigen lassen. Öhringen im Hohenlohischen sowie Kempten im Allgäu verbuchten mit +32,6 °C und +30,2 °C neue Rekorde für die letzte Monatsdekade. Doch immer wieder überzogen auch am 28. und 29. dichte hohe und mittelhohe Wolkenfelder große Gebiete südlich der Mainlinie und schirmten die Sonneneinstrahlung zeitweise komplett ab. Dies hatte zur Folge, dass zum Beispiel in Karlsruhe trotz der potentiell so warmen Luftmasse kein einziger Hitzetag registriert werden konnte. Dekaden- und absolute Rekorde für den Monat Mai wurden woanders aufgestellt, etwa am 29. auf dem Großen Arber und in Konstanz sowie am 30. in Meiningen und Bad Kissingen.
Die Großwetterlage änderte sich bis zum Ende des Monats insgesamt nur wenig. Der Trog-/Höhentiefkomplex über Westeuropa wurde von Nordwesten her ständig regeneriert, über Mitteleuropa blieb die südliche Strömung mit Zufuhr sehr warmer Luft erhalten. Kleine Tiefs, die sich auf der Vorderseite des ungewöhnlich weit nach Süden bis nach Nordafrika hinein ragenden Troges bildeten (u.a. "Grit" und "Hilal") zogen über Frankreich nach Norden und beeinflussten in zunehmendem Maße auch den Süden und Westen Deutschlands. Über dem Mittelmeer sogen diese Tiefs viel Feuchtigkeit auf, die sich immer häufiger in teilweise kräftigen Gewittern entlud. Ihren Anfang nahm diese Serie schwerer Gewitter und örtlicher Unwetter am 28. über Nordrhein-Westfalen und Hessen. Am 29. verlagerte sich in den Vormittagsstunden ein Gewitterkomplex (MCS, die Abkürzung steht für "mesoscale convective system") entlang der Westgrenze Deutschlands nordwärts. In den Abendstunden formierte sich innerhalb von ein bis zwei Stunden über dem Südschwarzwald ein ähnliches beeindruckendes Gebilde, das in der Nacht über Baden und Rheinland-Pfalz Richtung Benelux zog. Am Nachmittag des 30. gewitterte es erneut in Baden-Württemberg, später auch in Nordrhein-Westfalen; am 31. waren dann vor allem die Mitte und der Norden betroffen. Nur der Nordosten blieb außen vor, dort wurde am Rande von Hoch "Otto" aus Nordosten trockene Luft advehiert. Mehr zur Hitze und zu den Gewittern gibt es hier.

Text: CE

Bodendruckanalysen, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
01.05.2008, 00 UTC 04.05.2008, 00 UTC 08.05.2008, 00 UTC
12.05.2008, 00 UTC 16.05.2008, 00 UTC 20.05.2008, 00 UTC
24.05.2008, 00 UTC 28.05.2008, 00 UTC 31.05.2008, 00 UTC
850 hPa-Geopotential und -Temperatur, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
01.05.2008, 00 UTC 04.05.2008, 00 UTC 08.05.2008, 00 UTC
12.05.2008, 00 UTC 16.05.2008, 00 UTC 20.05.2008, 00 UTC
24.05.2008, 00 UTC 28.05.2008, 00 UTC 31.05.2008, 00 UTC


Monatswerte

Nachstehend Monatswerte vom Mai 2008 für ausgewählte Stationen in Deutschland. "Temp." steht dabei für die Monatsmitteltemperatur, "Nds." für die Niederschlagssumme und "Sonne" für die Sonnenscheindauer. "Vgl." gibt für die jeweilige Größe den Vergleich mit dem Mittelwert der Jahre 1961 bis 1990 des Ortes an (Quelle: DWD):

Ort Temp. Vgl. Nds. Vgl. Sonne Vgl.
Berlin/Temp.
Trier
Karlsruhe
+15,6 °C
+16,3 °C
+17,8 °C
+1,7 K
+3,7 K
+3,5 K
5,6 mm
28,2 mm
53,2 mm
10%
42%
67%
293,8 h
239,8 h
274,1 h
127%
118%
131%


Monatsmittel Temperatur und Niederschlag

Monatsmittelwert der Temperatur und Abweichung
Quelle: IMK, Uni Karlsruhe
Monats-Niederschlagssumme und Verhältnis zum langj. Mittel
Quelle: IMK, Uni Karlsruhe


Satellitenbilder

01.05., 13:10 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
04.05., 12:44 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
08.05., 12:05 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
12.05., 13:00 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
16.05., 12:07 UTC, NOAA VIS
Quelle: DLR
20.05., 13:21 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
24.05., 12:37 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
28.05., 11:42 UTC, NOAA VIS
Quelle: DLR
31.05., 15:46 UTC, NOAA-15 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern



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