Wettergefahren - Frühwarnung - Rückblick Juni 2007
Wettergefahren-Frühwarnung - Übersicht

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Freitag, 06. Juli 2007, 22:30 MESZ


Rückblick Juni 2007


Satellitenbild: 25.06.2007, 18:00 UTC, MSG-2 VIS/IR RGB
Quelle: Dundee Sat. Receive Station


Wetterlage und Entwicklung

Der Juni 2007 war in Deutschland der zehnte Monat hintereinander, der im Schnitt teilweise deutlich zu warm ausfiel. Eine solch lange Periode von zu warmen Monaten in Folge hat es seit Beginn der Betrachtungen im Jahr 1901 noch nicht gegeben. Das Flächenmittel der Temperatur betrug +17,3 °C und lag damit 1,9 K über dem langjährigen Mittel.

In Karlsruhe ergab sich eine Monatsmitteltemperatur von +19,5 °C und somit eine positive Abweichung von 2,0 K gegenüber dem Mittelungszeitraum 1961 bis 1990 und von 1,9 K im Vergleich zu der Periode 1971 bis 2000. Mit 109,8 mm gingen 127 Prozent der auf die Juni-Monate der Jahre 1961 bis 1990 bezogenen durchschnittlichen Niederschlagsmenge nieder. Die Sonne schien mit 221,8 Stunden in etwa so lange, wie man das in einem Juni in Karlsruhe erwarten kann (101 Prozent).

Ausgehend von einem Langwellentrog, der weite Bereiche des Nordatlantiks überdeckte, wies am 1. ein sekundärer Höhentrog mit seiner Achse etwa von Irland über Frankreich hinweg zum westlichen Mittelmeerraum. Auf dessen Vorderseite beeinflusste eine eingelagerte Okklusion das Wetter in der Südhälfte Deutschlands mit Regen und kühlen Temperaturen um +15 °C. Der Norden profitierte dagegen von der Nähe eines Hochdruckgebietes mit Zentrum über dem nördlichen Skandinavien.
Der Sekundärtrog schnürte sich am 2. bei den Britischen Inseln ab und zog als eigenständiges Höhentief zum Ligurischen Meer. Zwischen diesem und der Antizyklone über Skandinavien stellte sich eine nordöstliche bis östliche Strömung ein, mit der mäßig warme Festlandsluft in den Norden und die Mitte der Bundesrepublik gelenkt wurde. Richtung Süden machte sich der Einfluss des Höhentiefs dagegen stärker bemerkbar. Dort bildeten sich in feuchterer und labil geschichteter Luft bis zum 5. im Tagesgang an manchen Orten Schauer und Gewitter.
Vom 4. an verlagerte sich das skandinavische Hochdruckgebiet nach Westen zum Nordmeer und schwächte sich allmählich ab. Über Süd- und Südosteuropa befand sich nach wie vor der hochreichende Tiefdruckkomplex, sodass die nordöstliche - über dem Süden eher südöstliche - Strömung über Deutschland aufrechterhalten wurde. Dabei wurde Schritt für Schritt wärmere Luft herangeführt, am 8. konnten verbreitet um oder über +30 °C gemessen werden.
Ein in relativ hohes Geopotential eingebettetes kleines Höhentief lag am 8. über Westfrankreich. Es wanderte in den darauffolgenden Tagen langsam über die Beneluxländer und die Mitte Deutschlands hinweg nach Tschechien, wo es am 13. in die sich von Norden nähernde Frontalzone integriert wurde. Somit ergab sich zusätzlich zur tagesgangbedingten thermischen Auslösung ein dynamischer Hebungsantrieb für die Entwicklung von Schauern und Gewittern. Diese traten von Tag zu Tag an unterschiedlichen Orten auf, konzentrierten sich insgesamt aber auf die Mitte und den Süden. Wegen der geringen Luftdruckgegensätze und der daraus resultierenden langsamen Verlagerungsgeschwindigkeit der Gewitterzellen waren vor allem hohe Niederschlagsmengen innerhalb kurzer Zeit ein Thema. Vielerorts wurden Straßen und Keller überflutet, zudem kam es im Flug- und Schienenverkehr teilweise zu erheblichen Behinderungen.
Um die Monatsmitte stellte sich die Großwetterlage um. Auf der Vorderseite eines hochreichenden Tiefdruckgebietes ("Quintus") vor den Britischen Inseln gerieten West- und Mitteleuropa immer mehr in eine südwestliche Strömung, mit der zunächst verstärkt feuchte Warmluft aus südlichen Breiten vor allem nach Süd- und Ostdeutschland geführt wurde. In dieser bildeten sich am 14. weitere, zum Teil kräftige Gewitter. Die Kaltfront des Tiefs zog am 15. über das Bundesgebiet hinweg ostwärts. In deren Vorfeld gewitterte es hauptsächlich Richtung Osten, wo sich die Luft präfrontal noch einmal stark erwärmen konnte. Es liegen inzwischen gesicherte Berichte über Tornados in Niedersachsen, Brandenburg und Bayern vor. Im Südwesten begann es dagegen schon am Morgen zu regnen, dort traten Gewitter nur vereinzelt auf.
Aus einer bodennahen Konvergenzzone, die vor der Kaltfront die Entstehung der zum Teil schweren Gewitter im Osten begünstigte, ging am Nachmittag des 15. über Nordbayern ein Teiltief hervor, das bis zum 16. über Ostdeutschland zur Ostsee zog. Unter Einbeziehung der feuchtwarmen Luftmasse breiteten sich am Abend und in der Nacht zum 16. länger anhaltende und ergiebige Regenfälle über Ostdeutschland nach Norden aus, wo an vielen Orten hohe Niederschlagsmengen verzeichnet wurden (z.B. 57 mm in Genthin). Eine ausführliche Betrachtung der Ereignisse vom 9. bis 15.06.2007 ist in einem gesonderten Artikel zu finden.
Nur wenige Tage später wiederholte sich die Wetterlage in ihrer groben Struktur. Am 18. hatte sich bei den Britischen Inseln erneut ein hochreichendes Tiefdruckgebiet ("Steve") etabliert, auf dessen Ostseite warme und feuchte Luft subtropischen Ursprungs nach Nordosten transportiert wurde. Einmal mehr waren zum Teil kräftige Schauer und Gewitter die Folge. An der quer über Mitteleuropa hinweg nach Südwesten verlaufenden Kaltfront des Tiefs entstand am 20. über Südfrankreich das Randtief "Thies", das mit der südwestlichen Strömung bis zum 22. über die Mitte Deutschlands zur Ostsee gesteuert wurde. In Verbindung damit gingen großflächig ergiebige und schauerartig verstärkte Regenfälle nieder. Die Spitzenwerte reichten dabei bis 58 mm innerhalb von nur sechs Stunden in Feldberg (Mecklenburg-Vorpommern). Auf der Rückseite von "Thies" schwenkte die Kaltfront beschleunigt über die Südhälfte hinweg ostwärts. Dies löste dort am 21. zum Teil schwere Sturmböen aus (z.B. Laupheim 91 km/h). Im Bereich des nach Nordosten abwandernden Troges und damit in höhenkalter Luft kam es am 22. und 23. im ganzen Land zu zahlreichen Schauern und Gewittern. Ein detaillierter Bericht zu den Vorgängen um den 20.06. findet sich hier.
Am 24. leitete ein zwischen Island und Skandinavien nach Süden abtropfendes Höhentief, das über den Britischen Inseln vorübergehend den Platz seines Vorgängers einnahm, eine für die Jahreszeit völlig untypische Entwicklung ein. Über dem Ärmelkanal formierte sich ein Sturmtief ("Uriah"), das am 27. mit einem Kerndruck von unter 985 hPa über der Ostsee lag. Ein kräftiger Druckgradient an dessen Südflanke, der im Verlauf auch durch um den eigentlichen Tiefkern herumschwenkende Bodentröge aufgebaut wurde, ließ ein Starkwindfeld entstehen. Auf dem 1142 Meter hohen Brocken im Harz wurden am 26. 137 km/h in Böen registriert. Aber auch am Kap Arkona auf Rügen blies der Wind am 27. mit Böen in Orkanstärke. Auf der Rückseite von "Uriah" wurde mit der kräftigen Strömung von Nordwesten her polare Kaltluft nach Nordwest- und Mitteleuropa geführt. Die Höchsttemperaturen schafften in ganz Deutschland kaum noch den Sprung über die +20-Grad-Marke, auf dem Brocken wurde bei Werten nur knapp über dem Gefrierpunkt sogar ein Schneeschauer beobachtet (siehe Artikel).
Auch am Ende des Monats bestimmte kühle und feuchte Atlantikluft mit Regen und Regenschauern das Wettergeschehen in Deutschland. Es hatte sich eine für Ende Juni ungewöhnlich kräftige Westlage eingestellt, die man sonst üblicherweise eher beim Betrachten herbstlicher Wetterkarten zu sehen erwarten würde.

Text: CE

Bodendruckanalysen, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
01.06.2007, 00 UTC 04.06.2007, 00 UTC 08.06.2007, 00 UTC
12.06.2007, 00 UTC 16.06.2007, 00 UTC 20.06.2007, 00 UTC
24.06.2007, 00 UTC 28.06.2007, 00 UTC 30.06.2007, 00 UTC
850 hPa-Geopotential und -Temperatur, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
01.06.2007, 00 UTC 04.06.2007, 00 UTC 08.06.2007, 00 UTC
12.06.2007, 00 UTC 16.06.2007, 00 UTC 20.06.2007, 00 UTC
24.06.2007, 00 UTC 28.06.2007, 00 UTC 30.06.2007, 00 UTC


Satellitenbilder

01.06., 12:30 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
04.06., 12:04 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
08.06., 12:00 UTC, MSG-2 VIS
Quelle: Dundee Sat. Rec. St.
12.06., 16:11 UTC, NOAA VIS
Quelle: DLR
16.06., 11:37 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
20.06., 12:40 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
24.06., 18:00 UTC, MSG-2 IR
Quelle: B. J. Burton
28.06., 12:00 UTC, MSG-2 VIS
Quelle: Dundee Sat. Rec. St.
30.06., 15:26 UTC, NOAA VIS
Quelle: DLR



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