Dienstag, 19. Juli 2016, 16:00 MESZ
Starkregen / heftige Gewitter Südosteuropa 14. - 15.07.2016 Tief "Tibi" mit Zentrum über Irland, 10.07.2016, 16 UTC Quelle: Sat24 |
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Infolge eines Trogdurchgangs mit den korrespondierenden Bodentiefs "Tibi" und "Ulrike" kam es nach kurzer Hitze um 34 °C, in Südosteuropa auch um 37 °C zu heftigen Gewittern und Starkregen. Gebietsweise traten Großhagel über 6 cm und Orkanböen auf. 170 mm Regen im Zusammenhang mit Tief "Ulrike" lösten in Danzig (PL) Überflutungen aus. Hochreichend kühle Luft im Trogbereich ließ die Schneefallgrenze in den Alpen auf nahe 1500 Meter sinken, auf der Zugspitze wurden die tiefsten Julitemperaturen seit 58 Jahren verzeichnet.
Wetterlage und Entwicklung Im Zuge einer westlichen Grundströmung Ende Juni / Anfang Juli 2016 vergrößerte sich die Amplitude eines Höhenrückens über Mitteleuropa, im Zusammenspiel mit einem Tiefdruckkomplex westlich der Britischen Inseln gelangte deutlich wärmere Luft nordostwärts. Am 10.07. wurden in weiten Teilen Süd- und Mitteleuropas über 30 °C gemessen. Der sich nähernde Trog, der seine Amplitude vergrößerte und in dessen Bereich das Geopotential weiter abnahm, verlagerte sich an den Folgetagen ostwärts und reichte am 13.07. vom Nordmeer bis zur westlichen Mittelmeerküste. Tief "Tiba" verlagerte sich von Irland nach Skandinavien, dessen Kaltfront zog südostwärts zum Alpenraum. Von Frankreich über Deutschland und den Alpenraum bis nach Polen entwickelten sich kräftige Gewitter mit Hagel und Starkregen. Mit der nur langsam vorankommenden Kaltfront stellte sich im Alpenraum eine Dauerregenlage ein. Ein Jetstreak im Zusammenhang mit dem Trog stellte markante Höhendivergenz sowie positive Vorticityadvektion bereit und löste die Entstehung des Tiefdruckgebiets "Ulrike" mit Kernen über Norditalien und Südpolen aus. Kräftige Kaltluftadvektion in Verbindung mit Hoch "Burkhard" löste stürmische Mistral- und Tramontana-Winde am westlichen Mittelmeer aus. Zusätzlich einbezogene feuchtwarmer Mittelmeerluft aus Südosten in das Zentrum von "Ulrike II" führte zu ergiebigen und anhaltenden Regenfällen in Polen. Durch einen zunehmenden Druckgradienten an der Südwestflanke des Tiefs erreichte der Wind in Böen regional Sturmstärke. "Ulrike II" zog nordwärts über das Baltikum und Finnland nach Norwegen. Im Trogbereich über Mitteleuropa war hochreichend kühle Luft aus dem Nordmeer wetterbestimmend. Ein nachfolgender Kurzwellentrog, der sich später abschnürte, stellte weiter kräftige Höhendivergenz und positive Vorticityadvektion, folglich großräumigen Hebungsantriebe bereit. So wurden konvektive Niederschläge ausgelöst, die in Form von heftigen Starkregenfällen und Gewittern über Italien und dem Westbalkan niedergingen.
Heftige Gewitter und Dauerregen in Mitteleuropa Zwischen 11. und 13.07. bildeten sich kräftige Gewitter etwa in Frankreich, Österreich, Südostdeutschland und Polen. In Oberösterreich und in der Steiermark kam es zu schweren Sturmböen, Starkregen mit Überflutungen, im Burgenland wurde zudem Hagel bis 7 cm Größe und ein F1-Tornado beobachtet. Am 13.07. setzte ein Gewitter im Raum Berlin Straßen unter Wasser, auf dem Hagelkörner schwimmten. In Weißrussland wurden die Hagelsteine sogar 10 cm groß, die schwere Schäden an Häusern und Autos anrichteten. Kräftiger Dauerregen am 12. und 13.07. im Alpenraum ließ zudem die Pegel von Inn und Donau ansteigen, die die Hochwassermeldestufen 1 bzw. 2 (knapp 3) erreichten.
Orkanböen in Frankreich, Starkregen in Polen und Rumänien
Mit der einfließenden Kaltluft aus hohen Breiten gingen die anhaltenden Niederschläge am 14.07. in den Alpen bis unter 2000 m in Schnee über. In Polen setzte am 14.07. sehr starker Regen ein, der sich über Stunden kaum verlagerte. Besonders betroffen war die Region um Posen und Danzig, in Danzig-Oliwa kamen 170,2 mm Regen in 24 Stunden (bis 15.07., 06 UTC) vom Himmel! Straßen und Gebäude wurden überflutet, 2 Menschen ertranken in einem Keller. Die Regenfälle machten sich zudem auch im äußersten Osten Deutschlands und im Norden Tschechiens mit Regensummen bis 45,5 mm in Lieberose (BB) und 60,7 mm bei Liberec (CZ) bemerkbar. Am 15.07. formierten sich von Mittelitalien bis zum Westbalkan kräftige Niederschläge. Die höchsten Regensummen wurden u.a. in Serbien und Rumänien verzeichnet. Östlich dieses Gebietes gelegen wurde beispielsweise am 17.07. erneut in der Ukraine Hagel mit einer Größe von 6-9 cm Durchmesser beobachtet.
Text: FB 18. Juli 2016 |