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Donnerstag, 27. Dezember 2012, 23:00 MEZ


Ungewöhnliche Wärme, Hochwasser, Glätte
Mitteleuropa

Ungewöhnliche Kälte
Russland

21.12.-25.12.2012



VIS-Satellitenbild
24.12.2012, 12:00 UTC
Quelle: Geogr. Institut Universität Bern


Meteorologisch spannende Vorweihnachtstage und ungewöhnlich warme Festtage mit neuen Dekadenrekorden standen für große Teile Mitteleuropas im Dezember 2012 auf dem Programm. Eine Grenzwetterlage quer über Deutschland sorgte für Schnee und für gefrierenden Regen mit Glatteis. Weiter westlich gingen vor allem über Großbritannien und über West- und Süddeutschland starke Regenfälle nieder, die zu Hochwasser an einigen Flüssen führten. Große Teile Russlands waren im Dezember 2012 gezeichnet von einer außergewöhnlich starken Kältewelle.



Grenzwetterlage mit Regen, Schnee und Eisglätte

Synoptikern und Meteorologen in Mitteleuropa kam an den Vorweihnachts- und Festtagen im Dezember 2012 sicher keine Langeweile auf. Synoptischskalig war die Wetterlage über Europa geprägt von zwei mächtigen Gegenspielern in Form von umfangreichen Druckgebilden, deren gegenseitiges Aufeinandertreffen vor allem Mitteleuropa zu spüren bekam. Dem großen westsibirischen und kontinentalen Kältehoch "Thomas" standen über dem Ostatlantik gleich mehrere Tiefdruckgebiete namens "Petra", "Quirina" und "Rita" gegenüber, die allesamt das Produkt einer intakten Frontalzone über dem Atlantik mit einem recht stark mäandrierenden Jetstream waren. Ab dem 21.12. führte vor allem Tief "Quirina" in einem breiten Strom Warmluft subtropischen Ursprungs bis nach Mitteleuropa. Infolge der Warmluftadvektion wölbte sich über dem europäischen Festland ein Höhenrücken auf, der bis zum Weihnachtsfest weiter Bestand hatte. Gleichzeitig propagierte über dem Atlantik ein stark amplifizierter Höhentrog weiter ostwärts. An dessen Vorderseite wurde mit auflebender Südwestströmung der nordostwärtige Warmlufttransport Richtung Mitteleuropa pünktlich zu den Weihnachtsfeiertagen verstärkt. Zu Heiligabend schaffte es im 850-hPa-Niveau die 10 °C-Isotherme bis nach Südbelgien und Mitteldeutschland, am 25.12. dann bis nach Südpolen. Zuvor stemmte sich Hoch "Thomas" mit subpolar kalten Ostwinden gegen die an Kraft gewinnende Südwestströmung. Während des vierten Adventswochenendes (22./23.12.) trennte eine Luftmassengrenze quer über Mitteleuropa und Deutschland die völlig konträren Luftmassen voneinander, es bildete sich eine Grenzwetterlage aus mit kalter kontinentaler Luft im Nordosten und warmer maritimer Luft im Südwesten.

Höhenwetterkarte, Bodendruckanalyse und 850-hPa-Temperatur vom 22.12. bis 25.12.
Quellen: wetter3.de, DWD / FU Berlin
22.12.2012, 00 UTC 23.12.2012, 00 UTC 24.12.2012, 00 UTC 25.12.2012, 00 UTC

Bereits ab dem 19.12. brachten Tiefdruckaktivität, Frontensysteme und feuchtmilde Luftmassen über Großbritannien teilweise ergiebigen Dauerregen, örtlich regnete es über 50 mm in nur 24 Stunden (z.B. Liscombe/GB oder Shap/GB). Zum 21.12. arbeiteten sich die ausgedehnten Niederschlagsgebiete und die milden Luftmassen ostwärts bis nach Deutschland vor, wo die Nordosthälfte der Republik noch fest im Griff der kontinentalen Kaltluft war. Anfangs schneite es in einem Streifen diagonal vom Emsland bis nach Oberösterreich, bis zum 23.12. zog sich der Schneefall peu à peu Richtung Oder und Ostsee zurück. Im Übergangsbereich zur wärmeren Luft kam es gebietsweise zu gefrierendem Regen mit Glatteis. Betroffen waren vor allem die Bundesländer Niedersachsen, Hessen, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Hunderte Verkehrsunfälle liefen mit Blechschäden meist glimpflich ab. Auf der A23 bei Hamburg gab es eine Massen-Karambolage, sechs Menschen wurden dabei leicht verletzt.



Außergewöhnlich milde Weihnachtstage, Dekadenrekorde der Höchsttemperatur in Mitteleuropa

Unter dem Höhenrücken und in der angekommenen sehr milden Luftmasse erlebten das südliche Mitteleuropa und die föhnigen Nordalpen einen außergewöhnlich warmen Heiligabend und 1. Weihnachtsfeiertag, besonders dort, wo es der Luftmasse mit Leeeffekten gelang, in die Niederungen durchzugreifen. In höheren Luftschichten (850-hPa-Niveau) lag die Temperatur um 10 bis 12 Kelvin über dem zu dieser Jahreszeit langjährigen Durchschnitt. In der Schweiz wurde es an Heiligabend in Altenrhein am Bodensee mit 17.5 °C am wärmsten. In Österreich stellte der Ort Brand (1.036 m) im Bundesland Vorarlberg mit 18.2 °C einen neuen landesweiten Wärmerekord für den 24.12. auf. Seit Beginn der flächendeckenden Wetteraufzeichnungen nach dem zweiten Weltkrieg war es in Österreich an Heiligabend noch nie so warm. Der bisherige Rekord lag bei 16.5 °C und stammt vom 24. Dezember 2009 aus Weyer in Oberösterreich. Auch Deutschland erlebte den wärmsten 24.12. in der Nachkriegsgeschichte. Spitzenreiter war die Stadt Freiburg im Breisgau mit 18.9 °C, die den Ort Baden-Baden-Geroldsau im Nordschwarzwald als bisherigen Rekordhalter (18.4 °C vom 24.12.1983) auf die Plätze verwies. Am Rande der Schwäbischen Alb pulverisierte der Ort Hechingen mit 18.1 °C seinen alten Rekord von 13.3 °C aus dem Jahr 1977. Etliche neue Dekadenrekorde der Höchsttemperatur wurden am 24. und auch am 25.12. vor allem in Süddeutschland verbucht, darunter auch die Wetterstation auf dem Hohenpeißenberg im bayerischen Voralpenland, deren Temperaturaufzeichnungen über 200 Jahre zurückreichen. Vielerorts im südlichen Mitteleuropa waren die Weihnachtstage 2012 die wärmsten seit dem Jahr 1983.

Neu aufgestellte Dekadenrekorde der Höchsttemperatur an deutschen Stationen, (*) Monatsrekord | Datenquelle: DWD
Ort / 24.12. Tmax alt Datum alt
Deuselbach (RP)
Vielbrunn/Odw. (HE)
Weinbiet (RP)
Rheinstetten (BW)
Karlsruhe (BW)
Öhringen (BW)
Freiburg (BW)
Lahr (BW)
Freudenstadt (BW)
Klippeneck (BW)
Augsburg (BY)
Zugspitze (BY)
Hohenpeißenberg (BY)
13,1 °C
13,2 °C
13,7 °C
14,2 °C
17,4 °C
14,9 °C
18,9 °C
16,1 °C
14,6 °C
14,4 °C
14,7 °C
2,3 °C
16,8 °C
12,5 °C
12,6 °C
12,6 °C
11,9 °C
17,1 °C
14,8 °C
17,4 °C
16,1 °C
14,0 °C
14,2 °C
14,5 °C
2,2 °C
15,5 °C
25.12.1983
21.12.1989
27.12.2002
30.12.2009
30.12.1925
26.12.1997
25.12.1983
26.12.1997
25.12.1983
25.12.1983
21.12.1993
29.12.1963
25.12.1983
Ort / 25.12. Tmax alt Datum alt
Oschatz (SN)*
Doberlug (BB)
Gera (TH)
Plauen (SN)
Würzburg (BY)
Hof (BY)
Rheinstetten (BW)*
Öhringen (BW)
Nürnberg (BY)
Lahr (BW)
Augsburg (BY)
München/Flgh. (BY)
15,6 °C
15,1 °C
14,0 °C
14,3 °C
15,0 °C
11,9 °C
15,5 °C
15,7 °C
14,3 °C
16,2 °C
14,9 °C
15,4 °C
13,2 °C
15,1 °C
14,0 °C
13,6 °C
13,7 °C
11,7 °C
14,2 °C
14,9 °C
13,5 °C
16,1 °C
14,7 °C
14,7 °C
28.12.1998
24.12.1977
25.12.1983
25.12.1983
24.12.1977
25.12.1983
24.12.2012
24.12.2012
24.12.1977
24.12.2012
24.12.2012
21.12.1993

12-stündige Höchsttemperaturen (>12 °C) in Mitteleuropa am 24.12. und 25.12. jeweils bis 18 UTC | Quelle: DWD JavaMAP
Heiligabend, 24.12.2012 1. Weihnachtsfeiertag, 25.12.2012



Ergiebige Regenfälle und Hochwasser

Das Heranführen feuchtmilder Luftmassen unter mehrtägiger Tiefdruckaktivität mit wiederholten Frontendurchzügen führte zu starken und gebietsweise ergiebigen Regenfällen vor allem in einem Streifen von Großbritannien über den Ärmelkanal, Belgien, West- und Süddeutschland bis nach Nordösterreich. In der für die Jahreszeit sehr milden Luft regnete es bis über die Mittelgebirgsgipfel hinaus, in den West- und Zentralalpen stieg die Schneefallgrenze auf 2.000 bis 2.500 Meter. Ohnehin schon nahezu gesättigte Böden, das Schmelzen noch vorhandener Schneereste in den Mittelgebirgen und die anhaltenden Niederschläge verursachten Hochwasser an einigen Flüssen im Westen und Süden Deutschlands. Der Oberrhein war abschnittsweise für die Schifffahrt gesperrt. Kritisch war die Situation an den Zuflüssen und am Oberlauf des Mains, wo einige Pegel in den Bereich bisheriger Scheitelhöhen von zurückliegenden markanten Hochwasserereignissen stiegen. Eine ernste Hochwasserlage blieb in Deutschland aber aus, da bereits vorausgehendes und länger anhaltendes Tauwetter die Schneemengen schrumpfen lies und damit weniger Schmelzwasser zur Verfügung stand. Anders sah es in Großbritannien aus, wo der ergiebige Regen vor allem in Schottland und im Südwesten Englands Überschwemmungen verursachte. Hunderte Einwohner mussten zu Weihnachten ihre Häuser zurücklassen.

Maximum 72-h-Niederschlag
19.12., 12 UTC bis 24.12., 12 UTC

Quelle: DWD, ogimet
Ort Regen
Säntis (CH)
Cardinham (GB)
Liscombe (GB)
Plymouth (GB)
Feldberg/Schwarzwald (D)
Freudenstadt (D)
Mont-Rigi (B)
111 mm
102 mm
96 mm
88 mm
81 mm
63 mm
55 mm
Pegelverläufe an süddeutschen Flüssen | Quelle: HVZ, HND
Rhein bei Maxau (BW) Fränkische Saale bei Bad Kissingen (BY)

Webcambildvergleich Bad Kissingen 23.12./24.12. | Quelle: Heiligenfeld
23.12.2012, 10:59 MEZ
24.12.2012, 9:39 MEZ



Außergewöhnlich kalt in Russland

Den rekordmilden Weihnachtstagen in Mitteleuropa steht eine außergewöhnliche Kältewelle in Westsibirien gegenüber, welche unter kräftigen und umfangreichen kontinentalen Kältehochs schon den ganzen Dezember anhält und ihren Höhepunkt zum 23./24.12. erreichte. Zwar sind eisig kalte Winter in Sibirien nicht ungewöhnlich, dennoch fielen die Temperaturen in den vergangegen Wochen vor allem in Westsibirien außergewöhnlich tief in den strengen Frostbereich. Am Morgen des 24.12. wurden verbreitet -30 °C bis -40 °C gemessen, mancherorts sogar unter -50 °C. Für den Dezember 2012 (bis zum 26.12.) liegt die Temperaturabweichung zur Monatsmitteltemperatur in Novosibirsk bei unter -13 K, in Tomsk bei -12 K. Bis jetzt hat die Kältewelle über 120 Tote gefordert. Am Westrand der sibirischen Kälte brachten Tiefdruckgebiete, die via Osteuropa den Weg bis nach Russland fanden, immer wieder mitunter ergiebige Schneefälle und etwas mildere Luft; in Kiew in der Ukraine lag im Dezember die höchste Schneedecke seit 80 Jahren.

Reanalyse 2-m-Temperaturanomalie zum Referenzzeitraum 1981-2010 | Quelle: NOAA ESRL
Tagesanomalie am 24.12.2012 Monatsanomalie vom 25.11. bis 24.12.2012


Text: DK
27. Dezember 2012


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