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Sonntag, 27. Mai 2012, 23:15 MESZ


Gewitter

Mitteleuropa
19.-24.05.2012


Satellitenbild: 23.05.2012, 13:21 UTC, NOAA-18 VIS/IR.
Gewitterzellen über dem Westen Deutschlands (rot umrandet).
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern

Eine mehrere Tage andauernde frühsommerliche Gewitterlage stellte sich in Mitteleuropa zum Ende der ersten und Anfang der zweiten Maidekade ein. Der Schwerpunkt der Gewittertätigkeit lag dabei über dem Osten Frankreichs und dem Westen und Süden Deutschlands, Schäden wurden vor allem aus Nordrhein-Westfalen gemeldet.


Wetterlage und Entwicklung

Unbeständig und abwechslungsreich verliefen die Wochen zwischen Ende April und Mitte Mai in weiten Teilen Europas. Außergewöhnliche Wärme trat dabei genauso auf wie späte Kälte in einer verschärften und verlängerten Form der "Eisheiligen" mit Schnee bis in mittlere Höhenlagen.

Der mit der kalten Luft angefüllte Höhentrog war kaum abgezogen, da vollzog sich die Umstellung hin zu einer erneut warmen bis sehr warmen und gewittrigen Frühsommerlage. Über dem nahen Ostatlantik dehnte sich ein Höhentrog weit nach Süden aus und verleibte sich ein bei den Azoren liegendes Höhentief ein. Aus einer subtropischen Tiefdruckzone ging auf der gemeinsamen Vorderseite beider Gebilde das Tiefdruckgebiet "Xanthippe" hervor, das bis zum 20. über die Biskaya und den Ärmelkanal zur Nordsee zog. So kam in sämtlichen Höhenschichten der Troposphäre eine südwestliche Strömung in Gang, mit der - eingeleitet durch die Warmfront von "Xanthippe" - zunächst noch moderat warme Luft nach West- und Mitteleuropa geführt wurde.

Bodendruckanalysen vom 19. bis 21.05.2012 | Quelle: FU Berlin / DWD
19.05.2012, 00 UTC 20.05.2012, 00 UTC 21.05.2012, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 19. bis 21.05.2012 | Quelle: Wetterzentrale
19.05.2012, 00 UTC 20.05.2012, 00 UTC 21.05.2012, 00 UTC

Der Warmlufttransport intensivierte sich zum 20., als der Höhentrog über Westeuropa einem Abschnürungsvorgang unterworfen war und sich der südliche Teil als eigenständiges Höhentief zur Iberischen Halbinsel verlagerte. Damit gewann über Mitteleuropa die südliche Komponente der Höhenströmung an Gewicht; aufkommender Föhn sorgte nördlich der Alpen für eine zusätzliche Erwärmung. Nachdem sich "Xanthippe" aufgelöst hatte, resultierte unter der hebungsaktiven Vorderseite des Höhentiefs aus derselben, aber etwas nach Osten verschobenen subtropischen Tiefdruckzone eine weitere Zyklongenese, die im Grenzbereich zwischen der warmen Luft im Südosten und kühlerer Meeresluft im Nordwesten angestoßen wurde. Die zugehörige Luftmassengrenze war zuvor aus der Kaltfront von "Xanthippe" hervorgegangen. Das neu entstandene Tief erhielt den Namen "Yvi" und überdeckte vom 20. bis zum 22. als ausgedehnte Tiefdruckzone mit mehreren eingelagerten Zentren weite Teile West- und Mitteleuropas. Ein ausgeprägter Kern mit einem Luftdruck von unter 995 hPa konnte am 22. über dem Süden Deutschlands analysiert werden. Unterdessen wanderte das Höhentief über den nördlichen Mittelmeerraum nach Norditalien; an der Ostflanke von Boden- und Höhentief wurde in einem großen Bogen Warmluft über das zentrale Mittelmeer und Südosteuropa nach Mitteleuropa geführt. Vor allem in den bodennahen Schichten erreichte von Osten her warme bis sehr warme und trockene Kontinentalluft den Norden und Osten Deutschlands, während nach Südwesten und damit zum tiefen Luftdruck hin die Luft insgesamt deutlich feuchter war. Erst zum 24. setzte sich am Rande eines sich über Skandinavien etablierenden Hochs ("Otto") von Nordosten her kühlere und deutlich trockenere Luft in ganz Mitteleuropa durch.

Bodendruckanalysen vom 22. bis 24.05.2012 | Quelle: FU Berlin / DWD
22.05.2012, 00 UTC 23.05.2012, 00 UTC 24.05.2012, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 22. bis 24.05.2012 | Quelle: Wetterzentrale
22.05.2012, 00 UTC 23.05.2012, 00 UTC 24.05.2012, 00 UTC



Chronologie

Am 19. entstanden die ersten kräftigen Gewitter am Oberrhein im Bereich einer sich von Südwesten nach Nordosten vorschiebenden Tiefdruckzone - sie markierte das sich entwickelnde Tief "Yvi" - und damit einem konvergenten Strömungsmuster in Bodennähe. Die Zellen schlugen einen nördlichen Kurs Richtung Rhein-Main-Gebiet ein. In Rheinau-Memprechtshofen im Ortenaukreis (Baden-Württemberg) fielen 27 mm Niederschlag, im bayerischen Heinrichsthal 25 mm.

19.05.2012, 15:15 UTC, NOAA-15 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
Niederschlagsradarbild, 19.05., 18:00 MESZ
Quelle: DWD
Maximale Niederschlagsmengen an deutschen Stationen, 6 UTC bis 6 UTC.
Quelle: DWD
Ort 19./20.
Rheinau-M. (BW)
Heinrichsthal (BY)
Neuhütten/Spessart (BY)
Rheinstetten (BW)
27 mm
25 mm
19 mm
8 mm



Am 20. formierten sich im Tagesverlauf Gewitter vor allem in den Gebieten westlich des Rheins sowie in Ostfrankreich und Benelux. Besonders betroffen war am frühen Abend der Raum Düsseldorf, wo Starkregen und Hagel niedergingen und zu zahlreichen überfluteten Straßen und Kellerräumen führten. Gleichwohl wurden am Düsseldorfer Flughafen lediglich 9 mm Niederschlag gemessen. Auch in anderen Teilen Nordrhein-Westfalens sorgten starker Regen und Hagel für Probleme. Bei Emmerich kam es zu einem Erdrutsch, Schlamm und Geröll machten eine Straße unpassierbar. An der Station Schneifelforsthaus im äußersten Westen von Rheinland-Pfalz summierten sich 41 mm, in Monschau-Kalterherberg in Nordrhein-Westfalen kamen 21 mm zusammen. Am späten Abend und in der darauffolgenden Nacht zogen in Verbindung mit einem kurzwelligen Höhentrog im Osten Frankreichs und in Baden erneut Gewitter auf. In Dôle-Tavaux fielen im 24-stündigen Zeitraum bis 6 UTC am 21. insgesamt 58 mm.

20.05.2012, 16:28 UTC, NOAA-15 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
Niederschlagsradarbild, 20.05., 19:00 MESZ
Quelle: DWD
Maximale Niederschlagsmengen an deutschen Stationen, 6 UTC bis 6 UTC.
Quelle: DWD
Ort 20./21.
Schneifelforsthaus (RP)
Monschau-K. (NRW)
Waldbrunn-Lahr (HE)
Rheinstetten (BW)
41 mm
21 mm
16 mm
-



Am 21. dauerte es bis zum späten Nachmittag gegen 16 Uhr MESZ, ehe sich über dem südwestlichen Teil der Schwäbischen Alb Gewitter entwickelten. An diesem Tag konzentrierte sich die Aktivität auf einen Streifen, der quer über die Mitte Baden-Württembergs bis in den Nordosten Frankreichs und den Süden von Rheinland-Pfalz und des Saarlandes reichte. Auch in diesem Fall entstanden die Gewitter nicht ausschließlich als Folge der nachmittäglichen bodennahen Überhitzung, sondern in einem Gebiet mit dynamischer Hebung im Bereich eines auf der Nordseite des zu dieser Zeit über dem Golf von Genua positionierten Höhentiefs westwärts schwenkenden Kurzwellentroges. Besonders intensiv regnete es im Raum Nancy (Frankreich), wo bis zum nächsten Morgen an der Station Essey 103 mm fielen. Am benachbarten Luftwaffenstützpunkt Ochey wurden 62 mm registriert. In Deutschland fiel der meiste Niederschlag bis 6 UTC am nächsten Morgen mit 42 mm an der Station Hirschthal in Rheinland-Pfalz.

21.05.2012, 16:06 UTC, NOAA-15 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
Niederschlagsradarbild, 21.05., 22:00 MESZ
Quelle: DWD
Maximale Niederschlagsmengen an deutschen Stationen, 6 UTC bis 6 UTC.
Quelle: DWD
Ort 21./22.
Hirschthal (RP)
Durbach-Ebersweier (BW)
Baiersbronn-Mitteltal (BW)
Rheinstetten (BW)
46 mm
39 mm
38 mm
2 mm



Am 22. dehnte sich die Gewittertätigkeit ins östliche Mitteleuropa aus. Náměšt nad Oslavou in Tschechien meldete eine 24-stündige Niederschlagsmenge von 64 mm. Erst in den Abendstunden breiteten sich die Gewitter mit der nordöstlichen Strömung in den Süden und Südwesten Deutschlands aus, bereits zuvor kamen binnen zwei Stunden in Aldersbach-Kriesdorf im Landkreis Passau (Bayern) 35 mm zusammen.

22.05.2012, 15:41 UTC, NOAA-15 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
Niederschlagsradarbild, 22.05., 21:00 MESZ
Quelle: DWD
Maximale Niederschlagsmengen an deutschen Stationen, 6 UTC bis 6 UTC.
Quelle: DWD
Ort 22./23.
Aldersbach-Kriestorf (BY)
Tacherting-Spreit (BY)
Amerang-Pfaffing (BY)
Rheinstetten (BW)
35 mm
21 mm
20 mm
3 mm



Der 23. brachte insgesamt betrachtet die kräftigsten Gewitter dieses Zeitraumes hervor. Schon am Vormittag entwickelte sich über dem Taunus ein System aus mehreren Gewitterzellen, später entstand über dem Siegerland ein mesoskaliges konvektives System (MCS). Da großräumige, von der Höhe her wirksame dynamische Hebungsantriebe nicht diagnostiziert werden konnten, kommen als Auslöser einzig ein Zusammenwirken von orografischen Effekten und Konvergenz in den unteren Schichten in Betracht. Letztere war in Form einer zyklonalen Ausbuchtung der Isobaren - einem Relikt des sich auflösenden Tiefs "Ivy" - gegeben. Den meisten Niederschlag im zentraleuropäischen Bereich übermittelte in Verbindung mit einer Sturmböe (83 km/h) der niederländische Luftwaffenstützpunkt Volkel mit 40 mm, gefolgt von Reichshof-Eckenhagen im Oberbergischen Kreis (Nordrhein-Westfalen) mit 38 mm innerhalb von 24 Stunden bis 6 UTC am darauffolgenden Tag. In Gummersbach und Meschede liefen infolge der Gewitter Dutzende Keller voll Wasser, Straßen waren unpassierbar. Blitzeinschläge zogen im Landkreis Olpe Stromausfälle nach sich. In Netphen im Regierungsbezirk Arnsberg verschüttete ein Erdrutsch die Dorfdurchfahrt. Im Ruhrgebiet stand auf der Autobahn 44 beim Kreuz Dortmund/Unna nach kräftigem Regen die Fahrbahn unter Wasser. In Sprockhövel löste ein Blitzschlag einen Dachstuhlbrand aus.

23.05.2012, 15:17 UTC, NOAA-15 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
Niederschlagsradarbild, 23.05., 16:00 MESZ
Quelle: DWD
Maximale Niederschlagsmengen an deutschen Stationen, 6 UTC bis 6 UTC.
Quelle: DWD
Ort 23./24.
Reichshof-E. (NRW)
Inzell (BY)
Aschau-Stein (BY)
Rheinstetten (BW)
38 mm
35 mm
35 mm
1 mm



Am 24. beschränkten sich die Gewitter auf den Süden Deutschlands. Niederschlagsmengen knapp über 30 mm wurden bis zum nächsten Morgen nochmals in Rain am Lech-Hagenheim und Maisach-Galgen in Bayern gemessen. Mit dem Einfließen der deutlich trockeneren Luft von Nordosten her ging die sechstägige gewittrige Witterungsphase zu Ende.

24.05.2012, 16:31 UTC, NOAA-15 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
Niederschlagsradarbild, 24.05., 16:00 MESZ
Quelle: DWD
Maximale Niederschlagsmengen an deutschen Stationen, 6 UTC bis 6 UTC.
Quelle: DWD
Ort 24./25.
Rain am Lech-H. (BY)
Maisach-Galgen (BY)
Ramsau-Schwarzeck (BY)
Rheinstetten (BW)
32 mm
30 mm
20 mm
-


Text: CE



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