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Donnerstag, 12. Februar 2009, 17:00 MEZ


Schwerer Sturm

West-, Mitteleuropa
10.02.2009


Satellitenbild: 10.02.2009, 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk

Gegen Mitte Februar 2009 überquerte Sturmtief "Quinten" Teile West- und Mitteleuropas und brachte bis in die Tieflagen schwere Sturm-, örtlich auch Orkanböen. Hinzu kamen kräftige Niederschläge, die im Norden Deutschlands durchgängig als Schnee fielen. In Frankreich waren durch den Sturm hunderttausende Haushalte ohne Strom, in Großbritannien gab es Überschwemmungen. Mehrere Menschen wurden verletzt.


Wetterlage und Entwicklung

Rund zweieinhalb Wochen waren seit den Stürmen "Joris" und "Klaus" (siehe Artikel) vergangen, da suchte das nächste kräftige Sturmtief West- und Mitteleuropa heim. "Quinten", so sein Name, entstand am 8. über dem mittleren Nordatlantik bei etwa 40° nördlicher Breite und 40° westlicher Länge. Entwicklungsgünstig auf der Vorderseite eines markanten Kurzwellentroges gelegen, intensivierte es sich auf seinem Weg nach Osten und erreichte am 10. um 00 UTC über dem Ärmelkanal mit weniger als 975 hPa seinen niedrigsten Kerndruck. Auf der Vorderseite herrschte massive Warmluftzufuhr, dabei wurden ehemals subtropische Luftmassen in die Zirkulation einbezogen. Im 850 hPa-Niveau - in diesem Fall einer Höhe von etwa 1300 Metern entsprechend - konnten über Südwestdeutschland am Morgen des 10. über +5 °C analysiert werden. Im weiteren Verlauf verlagerte sich das Tief mit seinem Zentrum über die Benelux-Staaten und Norddeutschland hinweg nach Polen, wo es quasistationär wurde und sich langsam auffüllte. Im Zuge der Warmluftzufuhr begann es im Süden Großbritanniens bereits am Nachmittag des 9. großflächig zu regnen, wobei der Regen gegen Abend zum Teil in Schneeregen und Schnee überging. Vielfach regnete es ergiebig; die 24-stündigen Niederschlagsmengen bis zum 10., 06 UTC lagen meist in der Größenordnung von 20 bis 30 mm, örtlich fiel noch mehr (z.B. Shoreham Airport 45 mm). Tags zuvor hatte es in manchen Gebieten kräftig geschneit, sodass zu den hohen Regenmengen auch noch das Schmelzwasser einer vielerorts mehreren Zentimeter mächtigen Schneedecke kam. Lokal gab es Überschwemmungen; Keller liefen voll und einige Straßen mussten gesperrt werden.
Am Abend des 9. und in der Nacht zum 10. erfasste das Starkwindfeld an der Südflanke von "Quinten" zunächst den Westen Frankreichs (z.B. Brest 102 km/h). Unmittelbar an der Biskayaküste traten Orkanböen auf (z.B. Saint-Sauveur 141 km/h). Im Tagesverlauf legte der Wind dann auch in der Mitte Frankreichs, in der Schweiz und im Süden Deutschlands zu. Vor und innerhalb des Warmsektors geschah dies zunächst in höheren Lagen (z.B. Feldberg/Schwarzwald 148 km/h und Säntis/Schweiz 120 km/h in der Nacht zum 10.), mit Passage der Kaltfront und in der dahinter einströmenden hochreichenden Kaltluft aufgrund starker vertikaler Durchmischung auch in tiefen Lagen. Im französischen Binnenland wurden örtlich Orkanböen registriert (z.B. Auxerre 122 km/h), in der Hauptstadt Paris maximal 94 km/h. In Binningen bei Basel in der Schweiz blies der Wind mit 116 km/h, am Züricher Flughafen Kloten mit 108 km/h.
Im Westen Deutschlands setzte am Abend des 9. der Aufgleitregen der nahenden Warmfront ein, wobei zunächst teilweise bis in die Niederungen auch Schnee fiel. Im Laufe der Nacht zum 10. machte sich die milde Luft vor allem im Südwesten des Landes bemerkbar; der Schnee ging bis in die höchsten Schwarzwaldlagen in Regen über, am Rhein stiegen die Temperaturen bis zum Morgen vorübergehend bis +13 °C an (z.B. Freiburg +12,6 °C). Unterdessen schob sich das Niederschlagsgebiet in den Norden Deutschlands vor, wo es in der alten Kaltluft und dank zusätzlich bodennaher Kaltluftzufuhr aus Osten bei Temperaturen um den Gefrierpunkt durchgängig bis ins Flachland schneite. In Itzehoe fielen bis zum Mittag 10 cm Neuschnee! In der Südhälfte verdrängte die Kaltfront die Warmluft mit einzelnen Gewittern und kräftigen Böen. Auf dem Feldberg im Schwarzwald wurden 166 km/h gemessen; aber auch in tieferen Lagen waren dreistellige Windgeschwindigkeiten keine Seltenheit (z.B. Freiburg 112 km/h, Laupheim 109 km/h, Rheinstetten 104 km/h). Altenstadt in Oberbayern meldete mit 120 km/h sogar eine Orkanböe. Erst am Abend ließ der Wind allmählich nach. In der einfließenden Kaltluft entwickelten sich am Nachmittag Schauer, die von Nordwesten her wieder bis in tiefe Lagen in Schnee übergingen. Selbst am Flughafen Köln/Bonn lag am Abend 1 cm. Sowohl in Frankreich als auch in Deutschland richtete der Sturm Schäden an. In Frankreich knickten Strommasten um, rund 600.000 Haushalte waren vorübergehend von der Versorgung abgeschnitten. Zum ersten Mal seit mehr als 30 Jahren wurde der Betrieb auf allen Pariser Flughäfen vorsorglich eingestellt - Air France strich 210 Flüge, 3.000 Passagiere mussten in Hotels untergebracht werden.
In Baden-Württemberg wurden durch den Sturm mehrere Menschen verletzt. Im südbadischen Gottenheim löste sich ein Eisenkorb von einem Baukran und traf einen Arbeiter am Kopf. In der Freiburger Innenstadt geriet eine Fahrradfahrerin durch einen Windstoß in den Gegenverkehr und prallte mit einem Auto zusammen. In Konstanz verletzte ein umgewehter Bauzaun eine Fußgängerin.
Vielerorts wurden Dächer teilweise abgedeckt, parkende Autos durch umstürzende Bäume und herabfallende Ziegel beschädigt. Ampelmasten knickten um, Verkehrsschilder wurden aus den Verankerungen gerissen. Etliche Straßen waren unpassierbar oder gesperrt. In Freiburg riss der Sturm Ziegel aus dem Dach des Münsters, der Münstermarkt wurde geräumt. Der Gesamtschaden im Land betrug mehrere Millionen Euro.
Darüber hinaus kam es durch starken Schneefall besonders im Norden und in der Mitte Deutschlands zu Behinderungen im Straßenverkehr. Auf der Autobahn 3 zwischen Würzburg und Aschaffenburg stellten sich Dutzende LKWs quer und blockierten die Fahrbahn. Hunderte Autofahrer verbrachten die Nacht zum 11. in ihren Fahrzeugen, der Verkehr staute sich auf rund 30 Kilometer Länge. Rotes Kreuz und THW versorgten die Autofahrer mit heißem Tee, Decken und Keksen.

Text: CE

Bodendruckanalysen vom 09. bis 11.02.2009, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
09.02.2009, 00 UTC 10.02.2009, 00 UTC 11.02.2009, 00 UTC
500 hPa-Geopotential und -Temperatur vom 09. bis 11.02.2009, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
09.02.2009, 00 UTC 10.02.2009, 00 UTC 11.02.2009, 00 UTC


Wetterwerte

Nachstehend die höchsten gemessenen Böen in Frankreich (soweit vorliegend, Quelle: meteociel.fr) und ausgewählte Spitzenböen aus Deutschland (Quelle: WetterOnline) vom 10.02.2009.

Ort Böe
Pointe du Raz
Saint-Sauveur
Chemoulin
Pointe de Chassiron
Avord
Oussant
Bourges
Châteauroux
Brignogan
Cap Ferret
141 km/h
141 km/h
137 km/h
137 km/h
130 km/h
130 km/h
128 km/h
124 km/h
122 km/h
122 km/h
Ort Böe
Feldberg/Schw. (BW)
Weinbiet/Pf. Wald (RP)
Altenstadt (BY)
Freiburg/Flugplatz (BW)
Freudenstadt (BW)
Laupheim (BW)
Landsberg (BY)
Lahr (BW)
Rheinstetten (BW)
Würzburg (BY)
166 km/h
140 km/h
120 km/h
112 km/h
112 km/h
109 km/h
106 km/h
104 km/h
104 km/h
101 km/h


Wind

Nachfolgend eine Übersicht über gemessene Spitzenböen in der Schweiz am 10.02.2009 (Sekundenböe). Quelle: MeteoSchweiz



Niederschlag

Radaranimation vom 09.02., 18:00 MEZ bis 11.02., 00:00 MEZ
in 30 min-Schritten / Größe ca. 4 MB
| Quelle der Bilder: DWD


Satellitenbilder

09.02., 10:26 UTC, NOAA-17 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
10.02., 10:02 UTC, NOAA-17 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
11.02., 12:00 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern



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